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Jung, blond, tot: Roman

Jung, blond, tot: Roman

Titel: Jung, blond, tot: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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blechern und unfreundlich.
»Dann wecken Sie ihn, es ist wichtig«, sagte Durant eisig. »Folgen Sie mir bitte, und nehmen Sie im Wohnzimmer Platz...«, sagte die Frau, öffnete das Tor und ging vor ihnen ins Haus. Sie deutete auf den Wohnbereich. Andreas Menzel kam nach fünf Minuten. Er war ungekämmt, hatte sich eine Jogginghose und ein T-Shirt 22 übergezogen. Er war höchstens einssiebzig, ausgesprochen zierlich gebaut, mit feingliedrigen Fingern und dünnen, zerbrechlich wirkenden Armen. Er verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich in aufreizender Pose an den Schrank. Die Kommissarin spürte hinter der Fassade der Aufsässigkeit einen verstörten, unsicheren Jungen.
»Sie sind Andreas Menzel?« fragte sie.
»Ja, und Sie sind von der Polizei, wie ich gehört habe. Was wollen Sie von mir?«
»Sie kennen Sabine Lindner?«
»Ja.«
»Und Sie waren befreundet? Stimmt das?«
»Ja, aber das ist schon eine ganze Weile her. Ich habe mit ihr Schluß gemacht...«
Durant verkniff sich ein Lächeln. Das war also die andere Version der Geschichte. Ein verschmähter Liebhaber, der nie zugeben würde, den Laufpaß bekommen zu haben, aber wer gab so etwas schon gerne zu. »Haben Sie sie in letzter Zeit gesehen?« »Natürlich, in der Schule. Aber wir sprechen nicht mehr miteinander. Uns trennen Welten. Schauen Sie doch, wie wir leben, und dann sie. Sie lebt auf der anderen Seite der Welt. Aber warum fragen Sie mich über Sabine aus?« »Sie wird seit gestern abend vermißt. Und weil sie blond und erst siebzehn ist... Nun, Sie werden sicher die Nachrichten gehört oder zumindest Zeitung gelesen haben. Was können Sie uns über sie sagen? Welche Hobbys hat sie, wo hält sie sich gerne auf, und so weiter.« »Wenn sie nicht zu Hause ist, dann ist sie wohl bei Nicole, ihrer Freundin. Die beiden sind unzertrennlich, ein Herz und eine Seele, wie man so was wohl nennt.« »Wann haben Sie Sabine zuletzt gesehen?« »Gestern, in der Schule.«
»Wieso sind Sie heute nicht in der Schule?« fragte Schulz.
»Heute hat die gesamte Oberstufe frei. Das machen die zweimal im Jahr. Sonst noch was?«
»Ich denke, das wär's fürs erste«, sagte Julia Durant und wandte sich zum Gehen. Schulz folgte ihr.
»Es kann übrigens sein, daß wir uns nicht zum letzten Mal gesehen haben.« Als sie zur Tür gingen, sahen sie eine Frau am oberen Treppenabsatz stehen, eine Hand auf das Geländer gelegt. Als die Kommissarin zu ihr hochsah, kam sie mit langsamen Schritten die Stufen herunter. Sie war etwas kleiner als Andreas, doch ebenfalls zierlich. Keine Schminke, aschfahle Haut, graue, trübe Augen, tiefe Falten wie Gräben um Nase und Mundwinkel, braunes, von grauen Strähnen durchzogenes halblanges Haar, das schlichte Kleid unterstrich ihr tristes Erscheinungsbild, ihre Bewegungen wirkten müde.
»Das sind zwei Beamte von der Polizei, Mutti«, sagte Andreas Menzel sanft. »Sabine wird seit gestern vermißt. Du kennst doch noch Sabine, oder?«
»Das ist schade«, sagte Frau Menzel nur, ohne eine Miene zu verziehen. »Sie war ein nettes Mädchen. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen wollen.«
»Sie war ein nettes Mädchen? Sie sprechen in der Vergangenheit, als wenn sie tot wäre«, sagte Durant. Frau Menzel lächelte nachsichtig. »Nun, ich habe sie eine Weile nicht gesehen. Ich weiß nicht, wie sie jetzt ist.« »Ach so. Entschuldigen Sie bitte die Störung, und wenn etwas ist, Sie wissen, wie wir zu erreichen sind. Auf Wiedersehen.« Durant öffnete die Tür, trat ins Freie. Schwüle Luft.
Auf dem Weg zum Auto sagte Durant: »Haben Sie die Frau gesehen? Das soll die Frau von einem Mann wie Menzel sein?! Kaum zu glauben, aber ich habe mir die Frauen erfolgreicher Männer immer anders vorgestellt.« Sie kniff die Lippen zusammen, steckte sich eine Zigarette an, sagte: »Irgend etwas bei den Bernhardts und auch bei den Menzels stimmt nicht. Ich kann nicht einmal sagen, was es ist, aber ich habe so ein komisches Gefühl. Ist Ihnen das auch aufgefallen, sie haben zwar unsere Fragen beantwortet, aber, verdammt, ich komm nicht drauf!« »Und woher nehmen Sie dieses Gefühl?« fragte Schulz, beschleunigte zügig, obgleich in der Siedlung nur Tempo 30 erlaubt war. »Ich finde nichts Ungewöhnliches an deren Benehmen. So sind eben die Reichen!« »Ich habe auch schon andere kennengelernt! Aber bitte, mag sein«, sagte sie, einen Arm aus dem Fenster haltend. »Nun gut, dann überprüfen wir als nächstes die Strecke, die sie genommen haben muß, und

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