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Jung, blond, tot: Roman

Jung, blond, tot: Roman

Titel: Jung, blond, tot: Roman
Autoren: Andreas Franz
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alter Freund?« fragte Tomlin, der sich ein paar Minuten verspätete. »Ja, aber unter vier Augen. Hier ist nicht der richtige Ort. Wo wollen wir eingehen?«
»In der Klinik sind wir nicht ungestört. Warum gehen wir nicht zu dir?« »In Ordnung. Fahren wir mit meinem Wagen?« fragte Patanec.
»Meinetwegen. Wenn du mich nachher auch wieder hier absetzt?« Auf der kurzen Fahrt schwiegen sie, nur einmal versuchte Tomlin herauszubekommen, was Patanec denn so Geheimnisvolles von ihm wollte, doch Patanec hielt sich bedeckt. Er sagte nur: »Du wirst es gleich erfahren.«
Patanec hielt vor der Garage, sie stiegen aus, begaben sich in die Praxis, Patanec hinter seinen Schreibtisch, Tomlin blieb stehen, fuhr mit den Fingern übers ein paar Buchrücken im Schrank. »Was möchtest du trinken?« fragte Patanec und stand wieder auf.
»Jetzt gar nichts. Außerdem habe ich nicht viel Zeit. Du weißt, meine Mutter ist da, und ich will bald nach Hause.« Patanec holte eine Flasche Martini Bianco aus dem Schrank und ein Glas, das er bis knapp unter den Rand füllte. Er setzte sich wieder, trank in kleinen Schlucken, sah Tomlin dabei von unten herauf an, die Zeit verrann. Tomlin blickte zur Uhr, wurde zunehmend ungeduldiger. »Ich will nicht unhöflich erscheinen, aber jetzt sind wir schon geschlagene fünf Minuten hier, und du hast noch immer keinen Ton von dir gegeben! Irgendwann muß ich nach Hause! Was ist so spannend, daß du mich unter vier Augen sprechen mußt?«
Patanec legte die Hände aneinander, führte sie an die Nasenspitze. »Du hast doch sicherlich von diesen furchtbaren Morden in den letzten Wochen gehört? Ich möchte gerne von dir wissen, wie du die Sache siehst und was für eine Persönlichkeit du hinter dem Mörder vermutest. Warum legt er ein solch perverses Verhalten an den Tag?« Tomlin blickte Patanec verwundert an, zog die Stirn in Falten und meinte: »Mein Gott, die Frage nach dem Innenleben eines Menschen zu beantworten ist dein Ressort! Ich bin lediglich für das Äußere, das Sichtbare zuständig. Oder um es genauer auszudrücken, ich verschönere Menschen, solange es etwas zu verschönern gibt.« »Du verschönerst sie?« fragte Patanec ernst und blickte Tomlin über die Fingerspitzen hinweg an. Tomlin grinste verkniffen und fragte: »Was meinst du damit?« »Könnte es nicht auch sein, daß du sie... verstümmelst?« »Mein lieber Freund, ich glaube kaum, daß ich einen derart guten Ruf genießen würde, wenn ich Menschen ver 234 stümmeln würde. Sicher ist mir schon der eine oder andere Kunstfehler unterlaufen, aber niemals etwas Gravierendes.«
»Das meine ich auch nicht, Daniel.« Patanec lockerte seine Haltung, nahm sein Glas, trank aus, schenkte nach. »Mit Verstümmeln meine ich etwas ganz anderes. Hör zu, ich bin dein Freund, und ich will dir nichts Übles...« Tomlin kniff die Augen zusammen, schoß nach vorn, stützte sich auf den Schreibtisch, Patanec spürte Tomlins heißen Atem. »Was, zum Teufel, willst du damit ausdrücken?« Patanec versuchte, gelassen zu reagieren. »Du bist mein Freund, Daniel, seit über einem Jahrzehnt kennen wir uns, und seit über einem Jahrzehnt haben wir viel Gemeinsames erlebt und unternommen. Seit heute frage ich mich, ob es wirklich sein kann, daß ein Mann wie du zu solchen Taten fähig ist.«
»Sag mal, spinnst du?! Du hast nicht mehr alle Tassen im Schrank, scheint mir! Was willst du eigentlich?« fragte Tomlin erregt und lief im Zimmer umher, die Hände in den Hosentaschen vergraben. »Du bittest mich um ein Gespräch, und dabei willst du mir so mir nichts, dir nichts allen Ernstes und so ganz nebenbei die Morde in die Schuhe schieben?« Pause. »Du bist ein Arschloch, Freund, ein großes, gottverdammtes Arschloch! Warum, um alles in der Welt, sollte ich so etwas tun?«
»Sag du's mir«, erwiderte Patanec ruhig. »Weißt du, es macht alles so verdammt viel Sinn! Carola Preusse, ihr seid in die gleiche Gemeinde gegangen, Maureen Nettleton, Gast bei Menzel, wahrscheinlich genau wie die kleine Delgado. Du wußtest zum Beispiel auch, daß Annette Schubert, als ihre Eltern und ihr Bruder in die Oper gingen, allein zu Hause war, denn ich selber habe es dir erzählt, an dem Nachmittag, als wir an der Bar saßen. Und diese Ja nina Lohnert, warum ist das Glas in deiner Hand in Scherben gegangen, als du sie gesehen hast?« Das Lächeln, das Tomlin versuchte, mißlang zu einer Fratze. Er ging in die andere Ecke des großen Raumes, die Hände in den Taschen seiner Hose
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