Jung, blond, tot: Roman
Gesichtsausdruck spiegelte Verächtlichkeit wider, sie griff nach ihrem Glas. »Und warum folgen Sie dann immer wieder seinen Einladungen? Wenn ich einen solchen Menschen kennen würde, ich würde keinen Fuß mehr in sein Haus setzen...« Susanne Tomlin lachte auf. »Sie kennen die Spielregeln hier nicht. Glauben Sie mir, es gibt ganz feste Spielregeln. Und Menzel gehört zu denen, die sie gemacht haben. Er lädt ein, und er erwartet, daß die Einladungen befolgt werden. Denn auf die eine oder andere Weise hat er fast jeden in der Hand, ich kann Ihnen aber nicht sagen, wie. Ich weiß nur, daß er jeden kaputtmachen kann, wenn er das will. Menzel ist für mich so etwas wie das personifizierte Böse. Sie haben keine Chance gegen ihn. Ich hoffe, ich habe Sie nicht zu sehr erschreckt? Außerdem, vergessen Sie's, es steht mir nicht zu, schlecht über andere zu reden, vor allem, wenn die sich nicht wehren können. Es tut mir leid, vergessen Sie's einfach.« »Und wie kann er jemanden kaputtmachen?« »Vergessen Sie Menzel. Ich kann und will nichts weiter zu ihm sagen.«
»Kennen Sie die Bernhardts?« »Natürlich, wer kennt die nicht?« »Hat Menzel auch die in der Hand?« »Bitte, hören Sie auf.«
»Ich habe gehört«, sagte Julia Durant, »daß Sie eine Tochter haben, die etwa vierzehn oder fünfzehn ist. Stimmt das?«
»Laura, sie ist fünfzehn... Und sie ist blond. Aber ich werde mit Argusaugen über sie wachen. Ich habe mir auch schon vorgestellt, mein Gott - man kann im Augenblick wirklich nur das Schlimmste denken! Ich habe mit ihr gesprochen. Zum Glück sind meine anderen Kinder kleiner... Dr. Patanec hat mir sogar zugeraten, ich solle die Kinder nehmen und für eine Weile in unser Haus nach Frankreich ziehen.« »Wie viele Kinder haben Sie denn?« »Drei...«
»Du meine Güte, das sieht man Ihnen nun wirklich nicht an«, sagte Julia Durant anerkennend. »Ich weiß nicht, ob es mir zusteht, das zu sagen, aber ich finde, Sie sind eine sehr hübsche Frau. Wenn ich dagegen andere sehe, die drei Kinder zur Welt gebracht haben!« »Pure Veranlagung«, wehrte Susanne Tomlin das Kompliment ab. »Kaum einer hat es gesehen, wenn ich schwan ger war, kaum einer hat gemerkt, wenn die Kinder aus meinem Bauch wieder raus waren. Aber trotzdem danke.« Die Kommissarin trank ihren Cognac, der einen feinen, eleganten Geschmack hatte. Er paßte zu diesem Haus. »Ich würde gerne auch Ihren Mann sprechen«, sagte sie. Susanne Tomlin zuckte mit den Schultern. »Versuchen Sie's in der Klinik, wenn Sie Glück haben, treffen Sie ihn dort an, wenn nicht, dann sollten Sie vielleicht heute gegen Mitternacht vorbeischauen, das ist in der Regel die Zeit, zu der er nach Hause kommt. Nur so viel, ab übermorgen wird er sich für drei oder vier Wochen in Bolivien und Peru aufhalten. Sie sehen, nicht einmal das weiß ich genau.« »Was macht er denn dort?«
»Mein Mann kümmert sich um arme Kinder! Mal Südamerika, mal Afrika, mal Asien. Wo immer es ihn hintreibt und wo Not herrscht. Es gibt wohl kaum jemanden, der so oft und auf eigene Kosten solche Strapazen auf sich nimmt. Es stimmt, er zählt zu den selbstlosesten und großzügigsten Menschen - wenn es um andere geht!« »Er bezahlt alles selbst?« fragte Durant ungläubig. »Alles! Den Flug, die Medikamente, die Behandlungen. Wenn Sie mit ihm sprechen wollen, dann entweder heute oder morgen. Am besten versuchen Sie's in der Klinik. Er ist meist bis spät am Abend dort anzutreffen.« »Danke«, sagte die Kommissarin und erhob sich. »Aber wenn ich Sie noch einmal fragen dürfte, Ihnen fällt wirklich niemand ein, dem Sie ein solches Verbrechen zutrauen würden?«
»Nein, tut mir leid. Niemand.«
»Kennen Sie die Autos Ihrer Bekannten? Wir suchen nach einem dunklen Sportwagen neueren Baujahrs.« Susanne Tomlin schüttelte den Kopf. »Ich kenne eine Men 231 ge Autos von einer Menge Leute, die Frage ist nur, was verstehen Sie unter dunkel?« »Dunkelblau bis schwarz zum Beispiel.« »Menzel, Patanec, Bernhardt, selbst Maria Lohnert fährt einen schwarzen Lotus. Wollen Sie noch mehr hören?« »Nein, danke, ist nicht nötig. Es war nur eine Frage. Trotzdem vielen Dank für Ihre Hilfe. Und grüßen Sie Ihren Mann von mir, ich werde mich morgen bei ihm melden.« Susanne Tomlin begleitete Julia Durant zur Tür. Die Kommissarin holte den Schlüssel aus ihrer Handtasche, ging zum Wagen, drehte sich aber noch einmal zum Haus um. Susanne Tomlin wirkte traurig, sie tat ihr irgendwie leid. Aber
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