Jung, blond, tot: Roman
Mund schob. »Patienten mit sexuell abnormen Neigungen, gewalttätige Personen, Hinweise auf Psychopathen, Sie wissen ungefähr, was ich meine.« Berger lehnte sich zurück. »Was ist mit seinem Computer?« fragte Julia Durant. »Ich habe vorhin schon mit unseren Spezialisten telefoniert, in einer Stunde wird einer hiersein und mit hinfahren. Hoffen wir nur, daß auf dem Ding überhaupt noch Daten drauf sind...« »Wieso sollten keine mehr drauf sein?« »Patanecs Mörder scheint sehr gezielt vorgegangen zu sein. Hätte er in der Kartei etwas gefunden, hätte er sie mitgenommen. Keiner ist so blöd und bringt einen wie Patanec um und nimmt nur ein Notizbuch und einen Terminkalender mit.«
»Als wir gestern abend bei Patanec ankamen, lief der Computer«, sagte die Kommissarin nachdenklich. »Ganz genau. Ich mache mir da auch so meine Gedanken.« »Es wäre ein leichtes, die Festplatte zu löschen, man brauchte sie nur neu zu formatieren, und schon ist alles weg!« sagte Koslowski.
»Wenn die Festplatte einmal gelöscht ist«, sagte Berger, »besteht dann überhaupt noch eine Möglichkeit, an diese Daten in irgendeiner Form wieder ranzukommen?« »Nein, es sei denn, er hat Sicherungskopien auf Diskette gemacht.«
»Haben Sie Disketten gesehen?« fragte Berger.
Durant schüttelte den Kopf. »Ich muß zugeben, ich habe auch nicht darauf geachtet.« »Ach, übrigens«, sagte Berger, »dieser Patanec war alles andere als ein unbeschriebenes Blatt. Er hatte Spielschulden in reichlich sechsstelliger Höhe. Er war ein gerngesehener Gast in allen Spielbanken, sofern er flüssig war. Im Augenblick scheint es ihm nicht sonderlich gutgegangen zu sein. Unter Umständen müssen wir auch in dieser Richtung ermitteln.«
»Könnte Patanec vom selben Täter umgebracht worden sein, der auch für die Mädchen in Frage kommt?« fragte einer der Beamten.
»Wir müssen jede Möglichkeit in Betracht ziehen. Obwohl, es deutet eigentlich nichts darauf hin.« »Doch, etwas schon«, sagte Durant, die sich noch am Abend zuvor vorgenommen hatte, nichts von ihrem Verdacht mitzuteilen, doch sie hatte plötzlich ihre Meinung geändert. Sie zündete sich eine Zigarette an. »Die ausgestochenen Augen. Es passieren oft Morde, aber in den seltensten Fällen werden einem Opfer die Augen ausgestochen. Ich würde sogar stark dahin tendieren, daß wir es hier mit demselben Typ zu tun haben. Und ich wette mit Ihnen, wenn wir das Obduktionsergebnis vorliegen haben, steht darin, daß der Täter ein Links 238 händer und die Tatwaffe aller Voraussicht nach ein Stilett ist.«
»Warten wir's ab«, sagte Berger schulterzuckend. Bevor die Beamten mit ihrer Arbeit begannen, wurde aufgeteilt, wer welche Aufgabe übernehmen sollte. Julia Durant wollte zu Tomlin in die Klinik fahren, ihm zu Janina Lohnert einige Fragen stellen, auch wenn sie selber das mehr als Vorwand sah, Tomlin noch einmal zu sehen, bevor er nach Südamerika abreiste. Sie mußte eine Viertelstunde warten, bis Tomlin Zeit für sie hatte; sie erzählte ihm von Patanecs Ermordung, eine Nachricht, auf die Tomlin erstaunlich gelassen reagierte. Er beantwortete alle Fragen der Kommissarin mit höflicher Zuvorkommenheit. Als sie geendet hatte, sagte sie: »Ich habe erfahren, daß Sie morgen nach Bolivien reisen werden. Was tun Sie dort?«
Ein Hauch von Verlegenheit zeigte sich auf seinem jungenhaften Gesicht. »Woher wissen Sie, daß ich nach Bolivien reise? Normalerweise spreche ich nicht darüber. Aber um Ihre Frage zu beantworten, ich sehe mir die Leute an. Kinder, Alte, Kranke. Ich empfinde es einfach als meine menschliche Pflicht, zu helfen. Ich bin mit solch reichlichen Talenten und auch materiellen Gütern von Gott gesegnet worden, da muß ich mich einfach revanchieren. Und wie anders könnte man Gott beweisen, daß man ihn liebt, als dadurch, daß man andern hilft?« Er stockte hier, als wollte er sich entschuldigen: »Es tut mir leid, ich rede von Gott, obgleich Sie vielleicht...« »Nein, nein, ich glaube auch daran, daß es etwas geben muß. Ich komme aus einem sehr religiösen Haus, mein Vater war Pfarrer. Ich bewundere, was Sie tun, wirklich.« »Ich würde mich gerne noch weiter mit Ihnen unterhalten«, sagte Tomlin mit einem Blick zur Uhr, »aber ich ha be in zwanzig Minuten eine Operation und muß mich noch umziehen. Wir sehen uns dann im November.«
Julia Durant verließ die Klinik um kurz nach neun, um auf einen Sprung bei Susanne Tomlin vorbeizuschauen. Sie lag noch im Bett, die
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