Jung, blond, tot: Roman
warum?
Dienstag, 20.00 Uhr
»War das die Polizei?« fragte Tomlins Mutter und trat ins Zimmer.
»Ja.«
»Und, hast du weiterhelfen können?«
»Ich glaube nicht.« Sie trank einen weiteren Cognac und ließ sich auf den Sessel fallen. »Weiß Daniel von deiner Trinkerei?« fragte Tomlins Mutter vorwurfsvoll. »Trinkerei? Was für ein hartes Wort! Bis vor kurzem habe ich nicht getrunken. Aber weißt du auch, warum ich jetzt ab und zu einen trinke? Nein, natürlich weißt du das nicht, aber es ist wegen deines reizenden Sohnes.« Sie schüttete den Inhalt des Glases in sich hinein, schüttelte sich wie eine nasse Katze, rieb sich kurz über die Augen. »Dieses Zeug schmeckt wirklich widerlich, dafür ist die Wirkung um so erfreulicher. Aber du kennst das ja sicherlich, oder? Doch ich denke, ich werde jetzt fürs erste aufhören, ich merke nämlich, daß ich genug habe. Zurück zu deinem Sohn. Weißt du, wir sind jetzt schon so lange verheiratet, aber ich kenne ihn immer noch nicht. Und in letzter Zeit spricht er nicht einmal mehr mit mir, und... er würde mich nicht einmal mit einer Beißzange anfassen! Bin ich denn so häßlich geworden? Na ja, Arbeit, Arbeit, Arbeit, er hat eben nichts anderes mehr im Sinn als seine verdammte Arbeit!«
»Soll ich mal mit ihm sprechen?«
»Warum das? Und worüber? Daß ich mich bei dir über deinen werten Sohn beschwert habe?! Vergiß es!« »Ich bin seine Mutter, ich denke...« Susanne Tomlin neigte den Kopf zur Seite, schaute die ihr gegenübersitzende Frau böse an. »Nein, das wirst du schön seinlassen! Es ist mein Problem, und ich werde damit fertig. Ich bin mit Daniel seit einer Ewigkeit verheiratet, und ich werde es schon schaffen. Halt dich einfach da raus, okay?!«
»Wie du meinst, mein Kind...«
»Und bitte, nenn mich nicht dein Kind! Ich bin es nicht, ich gehe auf die Vierzig zu.« »Entschuldige...«
»Schon gut, es ist sowieso alles beschissen.« Sie hielt die Flasche in der Hand, wollte das Glas nachfüllen, stellte die Flasche aber wieder auf den Tisch. »Ich werde mal nach oben gehen und nach Laura schauen.« Mit leicht schwankendem Schritt entfernte sie sich, öffnete die Tür zu Lauras Zimmer. Ihre Tochter saß am Schreibtisch, machte ihre Hausaufgaben und hörte dabei leise Musik, das Fenster stand offen, es war kühl im Zimmer. Susanne blieb einen Moment an den Türrahmen gelehnt stehen, die Arme über der Brust verschränkt, beobachtete Laura. Laura bemerk te sie nicht, Susanne ging hinein, stellte sich hinter sie, legte ihre Arme um ihre Schultern. »Immer noch über den Hausaufgaben?« »Hmh.«
»Kann ich dir bei irgendwas helfen?« Laura wand sich aus der Umarmung, drehte sich mit dem Stuhl um. Sah ihre Mutter ernst an, sagte: »Mutti, es ist nicht gut, was du machst. Meinst du wirklich, daß davon deine Probleme gelöst werden?« »Was meinst du?« fragte Susanne, wich einen Schritt zurück.
»Du weißt, wovon ich spreche. Du hast noch nie getrunken, warum jetzt auf einmal? Du hast es nicht nötig.« Susanne Tomlin machte ein verlegenes Gesicht, sie schämte sich vor ihrer Tochter; sie stellte sich ans Fenster, stützte sich auf die Fensterbank. Fragte: »Bin ich eine attraktive Frau?«
»Mutti, du bist die attraktivste und schönste Frau, die ich kenne. Aber du wirst dich ruinieren!« fi. »Sag mir, was macht eine attraktive Frau, die sich nach Liebe sehnt und alles mögliche anstellt, sie auch zu bekommen, und sie letztendlich doch nicht bekommt? Was tut sie?«
»Ich verstehe nicht...«
»Nein, wie solltest du auch.«
»Ist es wegen Vater? Habt ihr euch gestritten?«
Susanne Tomlin seufzte auf. »Wenn es das nur wäre! Nein, es geht tiefer. Ich erklär dir's irgendwann einmal, wenn du älter bist.«
»Ich bin alt genug«, protestierte Laura. »Du bist fünfzehn.«
»Fünfzehn, fünfundzwanzig, was macht das schon?! Aber bitte, um alles in der Welt bitte ich dich, paß auf dich auf! Ich liebe dich mehr als irgend jemanden sonst und möchte nicht, daß du dich kaputtmachst!« »Erst mal werde ich auf dich aufpassen. Du bist in Gefahr, ich will nicht, daß dir etwas zustößt.« »Mutti, ich werde keinen Schritt allein aus dem Haus machen, es sei denn, es ist jemand bei mir. Und ich werde mich auch nicht allein im Haus aufhalten. Ich werde alles befolgen, was du sagst. Versprochen!«
Dienstag, 18.00 Uhr
Patanec und Tomlin hatten sich im Clubheim an der Bar verabredet, Patanec trank einen Martini, während er auf Tomlin wartete.
»Du wolltest mich sprechen,
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