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Jung, blond, tot: Roman

Jung, blond, tot: Roman

Titel: Jung, blond, tot: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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ein Gespür für Menschen und Situationen. Das ist etwas, das man nicht lernen kann, entweder man hat's oder man hat's nicht. Wenn du also auf jemanden wütend bist, dann bitte nicht auf sie, sie hat sich nicht aufgedrängt, weiß Gott nicht, sie ist mir einfach von Köhler ans Herz gelegt worden. Soll ich mich vielleicht gegen Köhler und seine gutgemeinte Hilfe wehren? Das wäre doch töricht, und das weißt du auch.«
»In deinen Augen bin ich also wegen meiner persönlichen Probleme ein ungeeigneter Polizist...!« »Quatsch, das habe ich nicht gesagt! Hör endlich auf, dich in Selbstmitleid zu suhlen! Warum kannst du nicht deine privaten Probleme draußen vor der Tür lassen? Die Durant kann das offensichtlich.«
»Willst du dich hier etwa als Oberlehrer aufspielen? Ich bin alt genug, falls du das vergessen haben solltest, um auf mich selbst aufzupassen! Außerdem greif dir mal an die eigene Nase! Verdammt noch mal, ja, ich gebe zu, ich habe Probleme, aber habe ich jemals meine Arbeit vernachlässigt? Sag, hab ich das?«
»Nein, aber du bist nicht hundertprozentig bei der Sache. Stimmt, auch ich habe Probleme, und es hat sehr, sehr lange gedauert, bis ich mich einigermaßen gefangen habe. Noch vor kurzem hätte ich einen Fall wie diesen auch nicht übernehmen können. Ich spreche dir doch nicht ab, ein guter Polizist zu sein, du bist garantiert keinen Deut schlechter als die Durant, aber sie ist im Kopf frei! Allein darum geht es! Und ihre Referenzen sprechen eine deutliche Sprache. Sie ist, wie mir gesagt wurde, wie ein Terrier, sie kann sich in einen Fall verbeißen. Mein Gott, nun nimm das doch nicht so tragisch! Du brauchst auch keine Angst zu haben, daß sie dich herumkommandiert, sie wird sehr viel allein arbeiten. Für dich wird immer noch genügend Arbeit übrigbleiben.«
»Zum Beispiel? Bürokram? Akten ablegen? Rumtelefonieren? Schöne Arbeit! Und das nach so vielen Jahren!« »Komm, ich bin zwar müde, aber gehen wir einen trinken und unterhalten uns noch ein bißchen. Einverstanden?« »Vielen Dank, heute nicht! Ein andermal vielleicht. Ich will Joanna nicht zu lange warten lassen.« Er wandte sich zum Gehen, konnte sich aber nicht verkneifen zu sagen: »Weißt du, manchmal verfluche ich den Tag, an dem ich mich entschieden habe, zur Polizei zu gehen. Heute ist so ein Tag. Am liebsten würde ich mir irgendwo einen Job suchen, morgens um sieben aufstehen, nachmittags um fünf heimkommen und jedes Wochenende frei haben. Aber wo finde ich schon so einen Job? Ich bin doch nur ein lausiger Bulle! Ein lausiger Bulle, in einem lausigen Scheißhaus!« »Und wem wäre damit geholfen, wenn du einen anderen Job hättest? Dir? Oder vielleicht denjenigen, die darauf warten, daß endlich einer diese Bestie einfängt, damit auch sie wieder ruhig schlafen können und keine Angst mehr um ihre Töchter zu haben brauchen?« »Was kann ich schon ausrichten? Oder du?« Er ging ohne einen Gruß.
»Halt, warte noch einen Moment. Wie geht's Joanna?« »Gut, denke ich.« »In jeder Beziehung?«
»Laß mich zufrieden, verdammt noch mal!« Schulz beschleunigte seine Schritte. Er stieg in seinen Wagen, ließ den Motor aufheulen, raste durch den Hof und ließ an der Ausfahrt die Bremsen quietschen. Berger sah ihm kopfschüttelnd nach.

Freitag, 22.30 Uhr
    Julia Durant hatte die Fenster geöffnet und die Jalousie heruntergelassen, um zu verhindern, daß ein Schwall Mücken den Raum besetzte. Im Gegensatz zu gestern abend war die Nacht mild und die Luft mit vielen Feuchtigkeitspartikeln durchsetzt, eine Mückennacht. Ein großer Becher dampfenden schwarzen Kaffees stand vor ihr, sie hatte sich zurückgelehnt, die Beine auf den Tisch gelegt, beide Akten lagen aufgeschlagen auf ihren Oberschenkeln. Die bisher gesammelten Fakten waren eher dürftig. In beiden Fällen waren die Augen ausgestochen worden, die rechte Brust abgeschnitten und das Schambein mit einem harten Gegenstand, vermutlich einem Knüppel, von innen gebrochen und Teile der Brust und der Vagina mit den Zähnen ausgerissen, der Schließmuskel des Anus zerrissen worden. Die blonden Haare jeweils zu Zöpfen oder Rattenschwänzen mit roten Schleifchen gebunden. Die Eltern der Mädchen behaupteten jedoch, daß keine der beiden jemals Rattenschwänze getragen hätte. Die Gebißabdrücke belegten eindeutig, daß nur ein und derselbe Täter für beide Morde in Frage kam. Carola Preusse hatte man in einem Gartenhaus gefunden, auf einer Pritsche liegend, die Augenhöhlen an die

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