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Jung, blond, tot: Roman

Jung, blond, tot: Roman

Titel: Jung, blond, tot: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Terrasse war bereits wieder getrocknet, der Rasen noch feucht, ein kaum merklicher Windhauch schwebte durch die Luft. Es befanden sich noch zwei Paare im Garten, darunter ein junges, dunkelhaariges Mädchen, das ein Cocktailglas in der Hand hielt, und ein älterer, graumelierter Herr, der angestrengt auf sie einredete. Die Situation hatte etwas Lächerliches; die Kommissarin durchschaute die Absichten des Alten so leicht wie das zierliche, hübsche Mädchen, die den Redeschwall sichtlich amüsiert über sich ergehen ließ. Sie und Tomlin stellten sich etwas abseits an ein protziges Steingeländer. Tomlin duftete nach einem holzigen, doch unaufdringlichen Parfüm, das wie für ihn gemacht zu sein schien. Er war gut zwanzig Zentimeter größer als Julia Durant, lehnte sich mit dem Rücken an das Geländer, die Arme vor der Brust verschränkt. Sie stellte sich dicht neben ihn, er war ihr vom ersten Augenblick an sympathisch, ihn umgab eine beschützende Aura.
»Sie möchten also etwas über Annette wissen. Und was?« fragte er.
»Das weiß ich selber nicht genau. Wir müssen im Augenblick einfach jeden befragen, der mit den Opfern in Kontakt gestanden hat, und wenn es nur ein sehr sporadischer oder entfernter Kontakt war. Soweit ich weiß, war sie bei Ihnen in Behandlung.« »Annette war begnadet«, sagte er und schaute in den nachtschwarzen Himmel. »Ich bin sicher, sie hätte eines Tages die größten Bühnen der Welt erobern können, wenn, ja wenn da nicht dieses schreckliche Unglück geschehen wäre.« Er seufzte kurz auf, neigte den Kopf eine Idee zur Seite, stützte sich mit den Händen ans Geländer. »Sie wollte nicht viel von mir, nur eine geringfügige Brustvergrößerung, sie war überzeugt, dies würde sich unter den enganliegenden Ballettkleidern besser machen. Sie litt, was ihre Oberweite anging, unter Minderwertigkeitskomplexen. Mehr kann ich nicht sagen.« »Hatten Sie sie schon einmal untersucht?« »Nur oberflächlich, beim Beratungsgespräch. Warum?« »Dann können Sie auch nicht wissen, daß es um ihre Gesundheit nicht zum besten stand. Sie hatte mehrere Krankheiten, darunter einen Gehirntumor. Und wie es heißt, hätte er unweigerlich das Ende ihrer Karriere bedeutet.« »Nein, das war mir nicht bekannt. Seltsam, welch sonderbare Wege das Leben manchmal geht.« »Was meinen Sie damit?«
»Nichts Besonderes. Ich denke nur, daß manche Menschen sich für eine Sache bis zum Gehtnichtmehr abstrampeln, und am Ende ist doch alles sinnlos. Aus dem einen oder andern Grund.«
»Kennen Sie Menschen, mit denen sie zusammen war?« »Nein, woher denn? Ich meine, ich kenne die Familie, wir kennen uns hier alle, bis auf ganz wenige, die sich kategorisch abkapseln, aber spezielle Freunde von Annette kenne ich nicht.« »Ihr Problem war ihr blondes Haar, oder?« fragte Durant, worauf Tomlin nur mit den Schultern zuckte. »Wer weiß schon, ob es wirklich nur das blonde Haar war. Wahrscheinlich spielen noch ein paar weitere Faktoren eine essentielle Rolle. Aber fragen Sie mich um Himmels willen nicht, was für welche das sein könnten! Es ist nun mal unmöglich, in einen andern Menschen hineinzusehen.« »Was für einen Menschen würden Sie, als Arzt, für fähig halten, solche Verbrechen zu begehen?« »Ich bin weder Psychiater noch Psychologe. Aber wenn Sie mich so fragen - keinen und jeden. Es muß ein Verrückter sein. Aber ein intelligenter Verrückter. Und es ist leider sehr, sehr schwer, einen Verrückten von einem Normalen zu unterscheiden, denn irgendwie sind wir alle verrückt und normal zugleich. Jeder von uns hat seine Macken. Ich hoffe natürlich, Sie nehmen mir das nicht übel.« Tomlin lächelte beim letzten Satz. 138 »Kannten Sie eine von den anderen Mädchen - Carola Preusse, Maureen Nettleton, Sabine Lindner?« Tomlin schüttelte den Kopf. »Weder noch. In der Regel kommen keine Mädchen in diesem Alter zu mir. Meist sind es reifere Frauen wie...« »Die, die sich eben so angeregt mit Ihnen unterhalten hat?« fragte Julia Durant lachend.
»Ja, vor allem solche! Es ist manchmal nicht leicht, Schönheitschirurg zu sein, vor allem, wenn eine Sechzigjährige erwartet, daß sie hinterher wie eine blühende Zwanzigjährige aussieht. Für viele ist es schwer zu begreifen, daß ich weder ein Gott bin noch Wunder vollbringen kann. Aber das wollen viele nicht wahrhaben. Und es wäre wirklich einfacher, wenn so manch einer zu seinem Alter stehen würde. Ich finde, es gibt so viele ältere und alte Menschen,

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