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Jung genug zu sterben

Jung genug zu sterben

Titel: Jung genug zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Liemann
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Professur, Thema: Markscheidenerkrankungen
(Nervenbahnen) – Multiple Sklerose. Millionenschwere
Forschungsförderung, Links zur Bundesregierung
und zur
EU
.
    2009 wird die Abteilung M S-Forschung am Institut Zucker
verkauft. Während Prof.   Zucker schon seit Jahren als Direktor
des Bereiches Hirnimplantate firmiert, findet sich bei Lascheter
kein Zuständigkeitsbereich mehr. Name und Foto sind
aber genauso groß abgebildet wie die von Richard Zucker.
    Warum ist Lascheter bei Zucker geblieben und nicht der lukrativen M S-Forschung gefolgt?
    Jetzt kann ich mein Gehirn losschicken, damit es die logischen Lücken schließt. Los, Fiffi, such!
    Unterschiedlicher als Brogli und Lascheter können Menschen nicht sein. Lascheter ist bunt und vielseitig, der gleicht eher noch diesem – Jenissej.
    Melchmer wechselte in den Sessel und folgte dem neuen Gedanken. Lascheter und Jenissej. Das Leben des Theatermanns kannte er nicht so gut, hauptsächlich wusste er von den Titeln der Stücke.
    Was unterscheidet diese beiden? Beide gehen in ihrem Beruf auf, man kann sie sich nicht in anderen Jobs vorstellen. Sie widmen sich mit Haut, Haaren und Hirn ihren Lebenszielen. So weit die Gemeinsamkeiten. Trotzdem sind sie vielseitig. Der eine schweift von Händel über Theo Lingen zu spinnerten Ausdruckstänzen und dirigiert Videos.Der andere trennt Hirnhälften, liest Träume, kämpft gegen die Multiple Sklerose und kümmert sich um Jugendliche in der Pubertät.
    Etwas Prinzipielles unterschied sie.
    Melchmer knetete seine Stirn. Er kam nicht drauf. Außerdem schmerzten seine Augen.
    Klar – es ist die Gleichzeitigkeit! Jenissej hat seine Phasen, aber er lässt alles
nebeneinander
laufen. Filmdokumentation, Tanzen, Buchstaben, Inszenieren   … der macht das unstrukturiert, je nachdem, wonach ihm ist. Lascheter hat alle seine Projekte säuberlich
hintereinander
aufgereiht. Und vielleicht bauen sie sogar aufeinander auf, ich kann es nur nicht deuten, weil ich zwischen MS und Pubertät keine Linie sehe.
    Das Telefon klingelte.
    Mitten in der Nacht.
    Nein, es war längst hell.
    Die Empörung über die Störung wich der Empörung, dass der Schlaf ohne Genehmigung über ihn hergefallen war.
    »Jenissej! An Sie habe ich schon lange nicht mehr gedacht!«
    »Wir haben etwas übersehen.«
    »Erstmal: Guten Morgen, Jenissej. Es ist fünf Uhr dreiunddreißig. Was für ein
wunderwunderschöner
Tag! Was haben
wir
übersehen?«
    »Den Grund für Lenas Filme. Sie sind ein Lebenszeichen, dafür habe ich es immer gehalten. Aber sie will uns zugleich auf Distanz halten. Wir sollen rätseln, anstatt sie zu suchen.«
    »Ah, und wann hatten Sie den genialen Einfall?«
    »Eben, beim Aufwachen. Plötzlich war es mir klar.«
    »Tja, lieber Meister   … Im Halbschlaf haben wir manchmal
den
Geistesblitz und glauben beim Wachwerden an einen Geniestreich. Ich zum Beispiel wachte kürzlich mit der kühnen These auf: Was, wenn die Erde eine Kugel wäre?! Können Sie sich die Ernüchterung unter der Dusche vorstellen?«
    »Lena will uns beschäftigen. Sie will sagen: Ich bin am Leben, und ich mache die Filme selbst. Ich werde nicht dazu gezwungen. Also keine Entführung. Aber sie will in einem Versteck bleiben. Sie hat Angst vor jemandem, Kommissar! Jetzt aber der entscheidende Punkt. Hören Sie?«
    »Nein, ich surfe auf den Bahamas.«
    »Die Filme hat sie schon geschickt, als es den Verdacht des Mordes an dem Schweizer Arzt noch nicht gab   … «
    »Vor dem Tod von Dr.   Brogli«, assistierte Melchmer.
    »Ja. Das heißt, Lena ist nicht etwa auf der Flucht vor der Polizei, wegen Brogli. Sie hat Angst vor etwas anderem!«
    »Hm. Das ist Ihre Erkenntnis von heute Morgen, Jenissej? – Sie haben recht. Das ist hübsch. Es hilft nur nicht wesentlich weiter. – Ich mache etwas, das ich lassen sollte, Meister: Lena wird inzwischen nachgesagt, den jungen Jan Sikorski nicht mit Medikamenten versorgt zu haben, auf der Reise in der Schweiz.«
    »Wie?«
    »Kein Mord. Fahrlässigkeit. – Ich würde den Vorwurf nicht zu hoch hängen. Immerhin haben die Palauer Lenas Reiseteilnahme anfangs geleugnet. Also, da ist nicht alles astrein.«
    Jenissej schwieg.
    »Wer mich mehr und mehr beschäftigt, Jenissej, das ist diese Melina. Seit wann kennen Sie sie? Was hat sie mit Lena verbunden, was haben die beiden getrieben? Und wo ist sie überhaupt?«
     
    Nach dem Telefonat mit Melchmer riss Jenissej die Tür auf: »Pia?« In ihrem ersten Zimmer war sie nicht, im zweiten auch

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