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Jung genug zu sterben

Jung genug zu sterben

Titel: Jung genug zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Liemann
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Leidenschaft entwickelst. Auch wenn ein Pennäler das Fach nicht mag, wirst du bestimmt bei vielen von ihnen Begeisterung auslösen mit deinem Feuer und deiner Liebe für die alte Sprache.«
    Mir hat lange keiner mehr so vehement zugestimmt in dem, was ich mache.
    »   … Und was man ja auch nicht vergessen darf: Das ist dein Einsatz bei uns am Institut! Es gibt da Kollegen, deren Namen nenne ich jetzt mal lieber nicht, die glauben allen Ernstes, dass du Ärztin bist und fest bei uns arbeitest. – Doch, ehrlich! Ist toll, wie professionell du das machst. Vielleicht sollten wir uns demnächst mal über die Bezahlung unterhalten. Was immer du jetzt bekommst, es ist zu wenig.«
    Ich kann ihm unmöglich sagen, dass ich am Institut aufhören will.
    Er sprach weiter, machte aber keine Anstalten, in puncto Vergütung konkreter zu werden. Stattdessen wischte er sich den Mund und fragte Melina, wie ihr Fisch gewesen sei.
    Sie sah auf ihren Teller.
    Sie hatte eine Portion gegessen, konnte sich aber nicht genau erinnern.
    Doch, es war länglich. Zander sicherlich. Aber wie hat es geschmeckt? Ich war nur im Gespräch.
    »Ähm   … ziemlich gut.«
    »Mein Fisch war auch grandios. Auf den Punkt genau. Den können die hier einfach. Ich sage immer: Einfach, aber gut, das ist die Formel. So ein Zander wirkt einfach, aber den so hinzubekommen, dazu muss man begeistert sein. Da haben wir’s wieder, siehst du?«
    Sie nickte.
    Irgendwas schmeckte fade. Vielleicht waren es die Komplimente.
    Sie nahm einen Schluck Grauburgunder. Was wollte sie ihn fragen?
    »Melina? Was ist dein Zweitfach? Man muss im Lehramt doch mindestens zwei Fächer haben, oder?«
    Treffer. Versenkt.
    »Ja«, sagte sie. »Das ist der zweite Schwachpunkt meines genialen Planes. Es gibt keines.«
    »Kein Zweitfach.«
    »Genau. Ich muss eines belegen, habe aber keins. Ich kann mich nicht entscheiden. Ich würde gern Latein unterrichten. Überall. 40, von mir aus 50   Stunden die Woche. Aber mich interessiert kein anderes Fach so sehr. Die Regeln sind unerbittlich, und die Zeit verstreicht. Ich bin schon 23.   Ich meine, es gibt zu wenig Lateinlehrer. Die Nachfrage steigt. Vor allem, weil die Schüler von heute Latein auch
sprechen
wollen, nicht bloß ins Deutsche übersetzen. Die finden es cool, untereinander Latein zu sprechen, weltweit sogar, und ihre Eltern kommen nicht mit. Also ist der Bedarf vorhanden. Warum muss ich ein zweites Fach belegen?«
    »Nimm doch Medizin! Mit den Scheinen aus deinen ersten Semestern brauchst du jetzt bestimmt nur noch ein paar Kurse.«
    »Das geht nicht. Medizin auf Lehramt gibt es nicht.«
    »Wie bescheuert ist das denn?«, sagte Fogh und sah auf die Uhr.
    Ich wollte ihn etwas anderes fragen. Aber egal.
    »Sag mal, Fogh   … Hast du eine Ahnung, wo Lena steckt?«
    »Le   …? Welche   … Wen meinst du?«
    »Die Lena, die im Institut jobbt. Seit einigen Monaten als Testperson dabei, in letzter Zeit assistiert sie mir gelegentlich.Unter anderem bei den Gruppenführungen, die ich nicht so mag.«
    »Ist das so eine Kleine mit verrückten Haaren?«
    »Ja, wahrscheinlich meinen wir beide Lena.«
    »Und sie ist verschwunden?«
    »Das weiß ich nicht. Jedenfalls war ich mit ihr verabredet. Sie ist nicht erschienen. Und ihr Vater hat auch keine Ahnung.«
    Er überlegte. »Muss man sich um eine fast Erwachsene Sorgen machen?«
    »Ihr Vater macht sich auch keine, das stimmt. Andererseits war sie wohl auch nicht in der Schule. Und so ganz von der Bildfläche zu verschwinden, das ist nicht ihre Art.«
    »Sag mir, wie ich dir helfen kann.«
    »Wenn du nichts weißt, kannst du mir nicht helfen. – Warum? Warum willst du helfen?«
    »Na, weil ich dich nicht allein lassen will in deiner Sorge.«
    »Das ist nett.«
    Nein, dachte sie, das ist nicht nett.
    »Lust auf einen Nachtisch?«, fragte Dr.   Hans-Henrik Fogh.
    »Ich bin satt«, sagte Melina.
    Oh, das war nicht romantisch. Muss ich romantisch sein?
    »Die haben hier ein ganz leichtes Waldbeerensorbet. Was meinst du? Zweimal? Gut! – Maître!«
    Maître!
    Er legte seine Stirn in Falten. »Lena   … Wo könnte sie sein? Hast du eine Idee, Melina? Einen Anhaltspunkt? Eine bestimmte Befürchtung?«
    Eben noch war Melina kurz davor gewesen, Fogh von der Bilddatei zu berichten, die Lena ihr zugespielt hatte und die offensichtlich für Jenissej bestimmt war. Doch irgendwo inihrem Innern schrillte eine Alarmglocke. Auch wenn sie nicht wusste, warum.
    »Nein«, sagte sie. »Ich habe nicht

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