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Jung genug zu sterben

Jung genug zu sterben

Titel: Jung genug zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Liemann
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Zentrum und Prinzip.
    Melina stand auf und lief im Kellerraum hin und her. »Durch Kleinheckseln bekommen Sie erst recht kein Bild vom Großen und Ganzen.«
    Er ließ sich mit dem Drehstuhl zu ihr herumschleudern und sah böse aus, aber nur, um während des ersten Satzes auf gewitzte Freude umzuschalten. »Man muss die vielen kleinen Teile aufnehmen und das Gemeinsame in ihnen verstehen, das wahrscheinlich nur im Zusammenklang aller zu erkennen ist.«
    »Aha. Was ist das denn für eine Theorie?«
    »Barock«, sagte er und wandte sich seinen Schirmen zu. »Der Zusammenklang verschiedenster Ausdrucksformen. Das Gesamtkunstwerk. Mit dem Ziel, alle Sinne anzusprechen, ja sie geradezu zu überwältigen. Das ist Barock.«
    »Barock fällt mir dabei nicht ein.« Melina zeigte auf die Flackerschirme. »Wollen Sie da noch einen Vivaldi-Soundtrack drunterlegen?«
    Er bewegte sich nicht. »Nicht schlecht. – Wieso fehlt der Ton, Melpomene?«
    »Weil Lena keinen aufgenommen hat. Kein Mikrofon.«
    »Jede winzige Kamera hat heute ein Mikro. Mein
F3L - Format
habe ich extra dafür entwickelt, dass mehrere Kanäle optimal nebeneinanderlaufen.«
    »Ich habe keinen Ton gehört.«
    »Und ich auch nicht. Sekunde   … « Er checkte die Tonspuren. »Nein, da ist nichts. Sie hätte doch einfach in die Kamera sprechen können.«
    »Auf jeden Fall müssten wir nicht hier sitzen und Rätsel lösen«, sagte Melina.
    Was ist, wenn Lena wollte, dass wir die Szenen mit Musikunterlegen? Nicht unbedingt Vivaldi. Aber etwas von dem, was sie hört.«
    »
Pagan
-Pampe«, murmelte Melina.
    Jenissej schien es zu überhören.
    »Ich habe hier eine Datei mit ihren Lieblingssongs«, sagte er und öffnete selbstverständlich eine Liste, die er abscrollte.
    Melina trat näher. »Sie haben die Lieblingslieder Ihrer Tochter?«
    »Ja. – Und? Man muss doch wissen, was die Kleinen so treiben.«
    Sie setzte sich neben ihn. »Sicher   … Wo haben Sie die Liste her?«
    Er sah zu ihr. »Na, von Lena. – Nein, nicht heimlich vom Server gemopst, keine Sorge! – Ich bin Dramaturg, schon vergessen? Medienchoreograph, wie es so schön heißt. Da kann ich doch meine Tochter fragen, was sie so hört?!«
    »Und sie hat Ihnen diese Liste erstellt?«
    »Genau.«
    »Für ein Stück?«
    »Nein. Als Information. Und Inspiration. Für ein Stück habe ich es nicht verwendet. Aber auch diese Idee werde ich im Hinterkopf behalten, o Melpomene!«
    »Ich dachte, Sie haben keinen rechen Draht zu ihr.«
    »So ist es ja auch. Das mit der Liste war ein Versuch. Ich habe mir einiges von den Sachen durch den Kopf spülen lassen, aber erfolgreich war es unter keinem Gesichtspunkt.«
    Melina überlegte. »Und   … Sie meinen jetzt, wenn man zu dem Film von ihr ein passendes Musikstück findet, wäre das eine Lösung? Einen Titel, der uns eine Auskunft gibt über ihren Aufenthaltsort?«
    »Ich meine gar nichts. Ich taste mich voran.«
    »Gut«, sagte sie. »Drucken Sie mir die Liste aus. Ich werdemir unterwegs die Titel durchlesen, vielleicht stoße ich auf etwas. Den Film braucht man womöglich gar nicht. Oder wenn, denn habe ich ihn ja jetzt gut genug abgespeichert, in allen erdenklichen Variationen.«
    »Unterwegs?«
    »Uni. – Heute muss ich unbedingt hin. Ich habe gestern schon geschwänzt.«
    »Latein!«, sagte er, während er auf den Ausdruck wartete.
    »Was gegen Latein?«
    »Es ist ausgemachter Schwachsinn! Das Hirnverbrannteste, das du machen kannst, Melpomene.«
    Sie riss ihm das erste Blatt aus der Hand. »Latein ist im Aufwind. Latein wird wieder cool und in einigen Regionen der Welt, die nicht auf Englisch setzen wollen, so etwas wie die
lingua franca

    »Errare humanum est«
, sagte er und reichte ihr über seine Schulter die beiden anderen Seiten der Musikliste.
    »Wenn man sein Latein aus Asterix-Heften hat, kann man wohl kaum darüber urteilen!«
    Er wandte sich zu ihr um und grinste. »Du kannst ja richtig zornig werden. Ich dachte bis eben, du bist zu erwachsen für solche Gefühle.«
    »Machen Sie sich lustig oder nicht. Es ist mein Weg, und der ist richtig!«
    »Nein«, sagte er ruhig. »Der Weg ist komplett falsch. Latein mag wunderbar sein. Für dich ist es ein Irrweg.«
    Melina faltete die Blätter und stopfte sie in ihren kleinen Rucksack.
    »Du hast ein musisches Grundverständnis, Melpomene. Du solltest etwas Kreatives machen. Außerdem scheinst du die Arbeit an diesem merkwürdigen Institut gut zu finden.«
    »Das wollte ich abgeben!«, sagte sie und

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