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Jung genug zu sterben

Jung genug zu sterben

Titel: Jung genug zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Liemann
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Melina setzte sich in eine Sofaecke.
    »Wir sind eben schwer erziehbar, meine Dame«, sagte Fabio. »Uns kann man nicht dressieren.«
    »Fabio!«, kam es von hinten. »Hör auf zu kokettieren!«
    »Ich mache mir Sorgen um Lena«, sagte Melina. »Hat sie sich die letzten Male, als sie bei euch war, irgendwie anders verhalten als sonst?«
    »Sie war ganz okay«, sagte Saphira und ließ mit einem Taschenfeuerzeug Funken sprühen.
    Ben nickte. »Der Hintern vor allem.«
    Gejohle bei den Jungs.
    »Ähm   … Saphira? Du sagst, sie
war
ganz okay   … Klingt nach Vergangenheit. Hat sie Andeutungen gemacht, dass sie etwas vorhat?«
    »Dann eben
ist!
Wusste nicht, dass hier jedes Wort überprüft wird. – Nee, Andeutungen, zu watt denn?«
    »Hat sie erzählt, dass sie an einer Reise teilnehmen wird?«
    »Nee.«
    Melina sah ein Muster auf Saphiras Unterarm. Erst konnte sie es nicht erkennen. Es waren kleine, frische Narben. Saphira zog den Ärmel des Pullis herunter.
    »Hat Lena angedeutet, dass sie nicht mehr wiederkommen will?«
    »Mann, nein!«, rief Saphira. »Wie oft denn noch? Is’ mir doch völlig schnuppe, ob die zurückkommt. Soll sie wegbleiben. Machen die doch immer so. Ich weiß gar nicht, warum wir uns jedes Mal mit denen abgeben.«
    »Mit denen? Wen meinst du?«
    Biggi tat genervt. »Die kommen her und glotzen uns an, Alter, ey! Und denn sind se wieder weg, wenn se sich genugaufgegeilt haben und sich ganz supi finden, weil sie bei uns auf Gutmensch gemacht haben. Leckt mich doch alle!«
    »Biggi   … «, sagte die Hintergrundstimme.
    Das Mädchen sprang auf, raste aus dem Wohnzimmer und schlug die Tür zu. Niemand folgte. Es war einfach etwas mehr Platz auf dem Sofa.
    »Sie sind genervt, weil niemand ein langfristiges Vertrauen aufbaut.«
    Kira wandte sich nach hinten zum Erzieher: »Ey,
du
nervst! Lass mich das checken! Also, die Sache ist, hier tänzeln alle möglichen Figuren rein. Betrachten uns ein paar Stunden, lassen sich was über Käfighaltung verklickern und hauen wieder ab – Zoobesuch beendet. Am liebsten mit Erinnerungsfotos. So’n Politikerpenner war auch mal dabei!«
    »Oder Heititei-Pärchen, die uns adoptieren wollen.«
    »   … aber dann doch lieber ein Schnuckelbaby wollen.«
    »Kannste dich erinnern an den Spacko?«
    »   … oder die fette Alte, die mich kämmen wollte, Alter!«
    »Einen von uns haben sie ja mal genommen.«
    Plötzlich Stille.
    »Ja, Ben«, sagte Saphira.
    Ben machte ein Victory-Zeichen, blieb aber stumm.
    »Heiße Kartoffel. Zwei Tage später haben sie ihn zurückgebracht. Wollten ihn umtauschen.«
    Fabio schlug mit der Handkante auf den Tisch, immer wieder, und starrte ins Leere.
    »Besser ist, die lassen uns einfach alle in Ruhe«, resümierte Saphira.
    Melina schaute sich das Grüppchen an. Die Jugendlichen, die sich kniffen, schubsten und anpöbelten, waren Kinder, die sich auf einem Sofa drängten, aneinanderdrängten. Sich Körperkontakt gaben.
    »Es ist so –«, kam die Stimme aus dem Off. »Lena hatte zum Beispiel die Idee, mit der Clique gemeinsam einkaufen zu gehen. Das fanden wir sehr gut, Felicitas und ich. Wir werden hier von der Zentralküche versorgt, da kommt das Essen fertig in Boxen. Manchmal kochen wir selbst, aber mit fertigen Produkten. Die Kids wissen gar nicht, wie ein ganzer Kohlkopf aussieht. Oder dass ein Fisch nicht mit Panade im Meer schwimmt   … «
    »Das will die Frau gar nicht wissen, Claas!«, fuhr Fabio ihn an. »Die zerbricht sich den Kopf wegen Lena!«
    Melina unterdrückte ein Grinsen.
    Da intervenierte Ben: »Ist tutto completi egal, ob Lena zurückkommt oder nicht. Uns gibt’s eh bald nicht mehr.«
    »Wieso?«, fragte Melina.
    »Weil alles dichtgemacht wird. Der Laden ist pleite, ey! Total abgebrannt, alles nur noch Kulisse.«
    »Hat sich auspalaut«, bestätigte Kira.
    »Ich habe euch doch gesagt, dass das vorerst nicht passiert«, meinte der Erzieher.
    »Du hast ja deinen Job, Beamtenarsch«, schrie Ben ihn an. Seine Stimme überschlug sich – Stimmbruch oder Panik.
    »Sie finden keinen, der das PALAU weiter betreibt«, sagte Kira erwachsen.
    Melina wagte nicht, Öl ins Feuer zu gießen, fragte aber doch: »Und dann?«
    Kira strich sich den Scheitel zurück. »Ne amerikanische Hotelkette wird’s übernehmen. Aus den Häusern machen sie Wohnungen. Reitstall, Spielplatz und Park passt gut für reiche Gäste.
Enceladus
oder so. Haben schon halb Spanien und Frankreich aufgekauft.«
    »Du bist gut informiert.«
    Claas,

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