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Jung im Kopf: Erstaunliche Einsichten der Gehirnforschung in das Älterwerden (German Edition)

Jung im Kopf: Erstaunliche Einsichten der Gehirnforschung in das Älterwerden (German Edition)

Titel: Jung im Kopf: Erstaunliche Einsichten der Gehirnforschung in das Älterwerden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Korte
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störenden Reizen beschäftigt ist. Die Amygdala kann beispielsweise Gefahr signalisieren, mit der Folge, dass der Hypothalamus, im alten genauso wie im jungen Gehirn, eine gewaltige Hormonkaskade in Gang setzt, die eine Kampf-oder-Flucht-Reaktion organisiert (Abb. 25). Gleichzeitig fängt das Herz an zu rasen, dadurch steigt der Blutdruck, die Haut wird blass, man fängt an zu schwitzen, und die Pupillen weiten sich – eine archaische Reaktion, die bei allen Säugetieren ähnlich abläuft und auch in unserem Gehirn noch präsent ist. Allerdings ist es eben nicht mehr der Anblick einer »Beute« oder der Anblick eines »Fressfeindes«, der diese starke körperliche Reaktion auslöst, sondern es sind meist psychische Faktoren, die diese Signalkaskade entfachen. Unter diesen Umständen geht der positive Alterseffekt – die bessere emotionale Kontrolle – verloren.



Abbildung 25: Stressachse des Gehirns
    Schnelle Stressreaktion (kurzer Arm): Diese Körperreaktion ruft der Hypothalamus hervor, indem er das sympathische Nervensystem (Sympathikus) beeinflusst, welches dann seinerseits aus dem Nebennierenmark Adrenalin freisetzt. An dieser schnellen, elektrisch übermittelten Reaktion des Stressnetzes ist der blaue Kern im Hirnstamm beteiligt.
    Langsame Stressantwort (langer Arm): Die langsamere Verzweigung des Stressnetzes wird von Hormonen der Hirnanhangsdrüse koordiniert. Sie erhält Signale vom Hypothalamus, der das Corticotropin-Releasing-Hormon (CRH) und je nach Stärke der Stressreaktion auch das Peptidhormon Vasopressin freisetzt. Vasopressin verstärkt hierbei die Wirkung des CRH. Beide Neuropeptide stimulieren die Freisetzung von ACTH (adrenocorticotropes Hormon) aus dem Hypophysen-Vorderlappen. Die Freisetzung von ACTH in die Blutbahn bewirkt wiederum in den Nebennierenrinden die Freisetzung von Steroidhormonen wie den Glucocorticoiden, von denen das Stresshormon Cortisol wiederum das wichtigste ist. Auf diese Weise wird der Organismus in Verteidigungs- oder Kampfbereitschaft versetzt. Eine der wesentlichen Aufgaben des Cortisols ist es, Energie für die Muskeln bereitzustellen, indem die Menge an Glukose (Traubenzucker) im Blut erhöht wird.

Das Stresssystem ist ein weit verzweigtes Netz, welches die Energiereserven bei seiner Aktivierung neu verteilt. Man unterscheidet grundsätzlich zwei Reaktionen, die unterschiedlich schnell sind:
    ■schnelle Stressreaktion: Diese Körperreaktion ruft der Hypothalamus hervor, indem er das sympathische Nervensystem (Sympathikus) beeinflusst, welches dann seinerseits aus dem Nebennierenmark Adrenalin freisetzt.
    ■langsame Stressantwort: Die langsamere Verzweigung des Stressnetzes wird von Hormonen der Hirnanhangsdrüse koordiniert. Sie erhält Signale vom Hypothalamus, der das Corticotropin-Releasing-Hormon ( CRH ) und je nach Stärke der Stressreaktion auch das Peptidhormon Vasopressin freisetzt (Abb. 25).
    Cortisol ist ein sehr effektives und wirkungsvolles Hormon, das im jungen Gehirn auch seine eigene Abschaltung reguliert: Zirkuliert viel Cortisol im Blut, bewirkt dies, dass der Hypothalamus weniger CRH produziert und die Hypophyse weniger ACTH . Sind diese Kontrolle und Regulation gestört, steigen die Cortisolwerte extrem an. Irgendwann ist das System dann so defekt, dass die Cortisolwerte selbst ohne Stress hoch sind, und dies führt zu schädlichen Effekten für das Gehirn, die Blutgefäße und anderen Zellen. Das Gehirn ist also nicht nur der Wächter unserer Gedanken, Emotionen und Motivationen, sondern es ist auch die oberste Hormondrüse, die unsere Stressreaktionen steuert. Dies hat im Alter bedeutende Konsequenzen: Cortisol erhöht im Alter die Anfälligkeit für Diabetes, da eine große Stressbelastung auch die Zuckerverteilung im Körper massiv beeinflusst (genau genommen ist das schnelle Bereitstellen sofortiger Energieressourcen die Hauptaufgabe der Stressreaktion). Diese schnelle Zuckeraktivierung kann massive Konsequenzen für die Blutzuckerwerte und die medikamentöse Einstellung haben. Eine andere Konsequenz, die sich im Alter stärker auswirkt als in jüngeren Jahren, ist der durch Cortisol bedingte Anstieg des Cholesterinwertes im Blut, der sich negativ auf die Plaquesbildung (»Verkalkung«) der Blutgefäße auswirkt.
    Der Cortisolgehalt im Blut ist dabei ganz natürlich tageszeitlichen Schwankungen unterworfen: Während frühmorgens vermehrt Cortisol ausgeschüttet wird (weil wir Aufwachenergie benötigen), geschieht dies abends nur noch

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