Jung, sexy und beliebt
»Entschuldigen Sie das Chaos.« Rasch nahm er einen Stapel Unterlagen von einem Stuhl. Dabei beugte er sich so knapp über Brett, dass sie gar nicht anders konnte, als seinen herrlichen Geruch zu bemerken. Acqua di Parma, der einzige Männerduft, den sie ertragen konnte.
»Kann ich Ihnen was anbieten?« Mr Dalton setzte sich in seinen braunen Lederstuhl mit der hohen Lehne, wobei ein furzendes Geräusch entstand. Beide taten so, als hätten sie nichts bemerkt. »Ich habe einen kleinen Kühlschrank und Gläser, allerdings habe ich nur... ach ja, ich glaube, ich habe tatsächlich nur einen Pinot Noir.« Er runzelte die Stirn, dann zwinkerte er angestrengt. »Tut mir leid. Also, Pinot Noir können wir natürlich nicht trinken. Ich weiß nicht mal, wie der überhaupt hier gelandet ist, ich hab nämlich nicht davon getrunken.«
Mich deucht, als entschuldigte sich dieser Mr Dalton allzu häufig , dachte Brett ironisch und beobachtete, wie er hektisch an seinem Kragen zerrte. »Ich möchte nichts, danke«, sagte sie steif und kauerte sich auf die Stuhlkante.
Dalton schaltete den Flachbildschirm seines Mac G5 ein. »Also gut, Brett. Ich muss alle alten Disziplinarvorfälle in einer Excel-Tabelle erfassen. Man hat mir die Sklavenarbeit aufgehalst, weil ich neu bin.« Er ließ nervös seine makellosen Zähne aufblitzen, und Brett überlegte, ob er einfach supergute Zahn-Gene hatte oder ob sie überkront waren. Eine tiefschürfende Frage, der sie gerne auf den Grund gehen würde. Mit ihren Lippen zum Beispiel.
Er schob Unterlagen hin und her. »Und abgesehen davon, dass ich alle Mitglieder aus dem DA kennenlernen will, bin ich auf der Suche nach jemandem, der mir hilft, diesen ganzen Disziplinarkram zu sichten, bis ich die relevanten Informationen beieinanderhabe. Weiter brauche ich jemanden, der mir dann hilft, alles in den PC einzugeben. Es muss allerdings jemand sein, der letztes Jahr auch im DA war, weil die Unterlagen für Nicht-Mitglieder nicht zugänglich sind. Waren Sie letztes Schuljahr im DA?«
Brett befeuchtete ihre Lippen. »Nein, genau genommen nicht«, antwortete sie. Wie gerne hätte sie gelogen.
»Ach so.« Mr Dalton klang enttäuscht. Er stieß einen Seufzer aus. »Das ist ja schade.«
»Wir müssten es ja keinem weitersagen, oder?«, schlug Brett zögernd vor. »Also, ich würde gerne helfen. Das würde sich... in meiner Beurteilung doch sicher gut machen.«
Na klar. Deswegen will ich es machen, dachte sie. Wegen meiner Beurteilung.
»Ich weiß nicht...« Mr Dalton schüttelte den Kopf, dann starrte er sie fragend an. Brett strich sich nervös eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Wie alt sind Sie?«, fragte er schließlich.
»Siebzehn.«
»Ach.« Er legte den Kopf zur Seite und zog ein schiefes Lächeln.
»Was, ach?«
»Na ja, Sie sehen nicht aus wie siebzehn. Das ist alles.«
Das musste sich Brett dauernd anhören. Alle Jungs waren immer erstaunt, dass sie noch zur Schule ging. »Wie alt sind Sie denn?«
Er reckte sich etwas. »Dreiundzwanzig. Ich hab gerade meinen Abschluss an der Brown-Universität gemacht.«
Ohne es zu merken, kaute Brett den Nagellack von ihrem kleinen Finger ab.
»Ich will noch meinen Doktor machen, aber weil ich früher auf Waverly war, wollte ich erst meine Dankbarkeit zeigen und hier ein paar Jahre lang unterrichten«, fuhr Mr Dalton fort.
»Ich möchte auch auf die Brown«, entfuhr es Brett.
»Da kann ich Sie mir gut vorstellen.« Dalton nickte.
Sie verschlang ihren fantastischen dreiundzwanzigjährigen Lehrer mit den Augen und wich seinem Blick auch nicht aus, als er kurz zurückstarrte.
»Na gut«, brach er schließlich das Schweigen. »Vielleicht finden wir ja einen Weg, wie Sie mir helfen können – wenn Sie das wirklich wollen, meine ich.«
Das will ich , wollte Brett sagen. Das will will will ich nur allzu gerne. Aber sie schwieg.
»Wir könnten uns doch morgen früh noch mal treffen, vor dem Unterricht? Ach ja, und Mr Dalton klingt echt komisch für mich. Vielleicht gewöhne ich mich daran, wenn ich mal fünfzig und Familienvater bin. Aber erst mal...« Er senkte den Blick und sah sie dann unter seinen dichten blonden Wimpern an. »Nennen Sie mich einfach Eric, ja?«
»Gern«, erwiderte Brett und lächelte. Sie konnte sich eine ganze Menge Namen und Bezeichnungen für ihn vorstellen.
In dem Moment begann der Stapel Unterlagen, den er von ihrem Stuhl genommen hatte, von seinem Schreibtisch auf ihren Schoß zuzurutschen. Er sprang auf und griff danach.
Weitere Kostenlose Bücher