Jungs sind wie Kaugummi - süß und leicht um den Finger zu wickeln (German Edition)
hatte mir sogar die versprochenen Schuhe gekauft. Im Gegenzug musste ich dann aber mit ihr zu Aldi, wo sie mich gezwungen hat, einen Zwölferpack Klopapier quer über den ganzen Parkplatz zu tragen, obwohl dort Meinrad und der beschränkte Robert mit ihren Skateboards herumfuhren.
»Herrgott noch mal, Sissi, was ist denn schon dabei!«, hatte Mama gesagt, als ich hinter einer dicken Oma Deckung suchte und mich weigerte, mein Versteck wieder zu verlassen. »Diese Kinder werden ja wohl auch Toilettenpapier benutzen.«
»Aber sie tragen es nicht durch die Gegend«, hatte ich erwidert. »Und außerdem sind wir keine Kinder mehr.«
Dummerweise hatte die Deckungs-Oma ganz vorne geparkt und unser Auto stand am anderen Ende des Parkplatzes. Die Oma nahm keine Rücksicht auf mich, stieg in ihr Auto und fuhr davon. Mir blieb gar nichts anderes übrig, als direkt an Meinrad und Robert vorbeizumarschieren. Ansonsten hätte ich bei Aldi übernachten müssen.
»Oh, Sissi Raabe!«, rief Meinrad und machte eine Angeberbremsung vor meinen Füßen. »Flauschig, recycelt und vierlagig – was anderes hätte ich auch nicht von dir erwartet.«
»Ach, halt die Klappe, Meinrad!«, sagte ich.
Spätestens Montagmorgen in der Schule war klar, dass Meinrad das Klopapier nicht vergessen hatte. In der Pause fing er eine Diskussion über Sprichwörter und ihre Bedeutung an. »Du bist, was du isst«, sagte er und guckte zu Simon hinüber, der gerade ein BiFi aß. »Und du bist, womit du dir den Hintern abputzt. Verratet mir euer Klopapier, und ich sage euch, wer ihr seid . . .«
»Gott, wie kindisch!« Alyssa verdrehte die Augen. »Guck mal, Sissi, dahinten ist er wieder! Ich muss unbedingt seinen Namen herausbekommen.« Sie zeigte auf Konstantin, der sich mit einem ziemlich hübschen Mädchen aus seiner Klasse unterhielt und dabei lachte. Oh, mein Gott! Er sah so süß aus, wenn er lachte. Ich war immer noch verliebt, vielleicht sogar noch mehr als vor dem Wochenende. Das merkte ich an meinen weichen Knien.
Eigentlich hätte ich Alyssa ja seinen Namen sagen können, aber ich dachte nicht im Traum daran. Wenigstens diesen einen Vorteil wollte ich nutzen, wenn ich mich schon nicht mit Zungenküssen und dubiosen Signalen auskannte und meine Haare sich nicht in so süße Kringel legten wie ihre. Simon hatte mir bisher nicht viel über seinen Bruder verraten, aber ich wusste immerhin, dass er keinen Fisch mochte, Tennis und Schach spielte und jede Woche eine neue Freundin hatte. Außerdem hatte er Schuhgröße 45.
»Ich muss sein ganzes altes Zeug auftragen«, schimpfte Simon. »Sogar die Schuhe.«
Ich betrachtete Simons Klamotten daraufhin mit anderen Augen. Kaum zu fassen, dass Konstantin diesen Pullover mal angehabt haben sollte. Ich meine, dieses unförmige blaue Ding konnte vermutlich von ganz allein stehen, wenn Simon es mal auszog.
Ich musste mich beeilen, um eine Bravo am Kiosk zu kaufen, bevor der Bus kam. Ich hatte Glück, diese Ausgabe hatte nämlich einen Sonderteil, der »Mein erstes Mal« hieß, und außerdem gab es eine Rubrik mit der Überschrift »Loveschool«. Sehr gut. Ich konnte es kaum abwarten, die Bravo zu lesen, deshalb drängelte ich mich ausnahmsweise mal selber in den Bus, um einen Sitzplatz zu ergattern. Jakob winkte mir von hinten zu, aber ich tat, als würde ich ihn nicht sehen, schubste zwei Fünftklässler beiseite und ließ mich auf den letzten freien Platz weit und breit fallen.
Die Fünftklässler quengelten zwar, sie seien vor mir da gewesen, aber ich ignorierte sie. Im Schulbus herrscht das Darwinsche Gesetz: Der Stärkere überlebt.
Ich atmete tief durch und widmete mich ganz und gar meiner Aufklärungslektüre. Das erste Mal . Zuerst erfuhr ich, wie es bei Nino und Pia, 16, war. Wir gingen zusammen spazieren und ins Kino und blödelten mit den Affen im Zoo – ja, hallo? In Anbetracht der Dringlichkeit des Themas hätte man solche Nebensächlichkeiten ruhig weglassen können, fand ich. Am schönsten war es, mit Nino zu schmusen , schrieb Pia, und das Ende vom Lied war, dass sie ihm sagte , dass sie mit ihm schlafen wollte. Und das war’s auch schon mit Nino und Pia. Darunter stand noch, dass man nie mit einem Jungen schlafen sollte, weil man Angst habe, ihn sonst zu verlieren, aber kein einziges Wort über das Wie . Ich ärgerte mich über so viel Inhaltslosigkeit.
Aber dann, die nächste Geschichte, diesmal von Alexa und Daniel, 14, fast genau mein Alter. Wir fütterten uns gegenseitig mit
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