Jungs zum Anbeißen
übel wie unvorbereitet du bist. Alle anderen, die verwandelt werden, durchlaufen ein ausgedehntes,dreimonatiges Zertififikatsprogramm.«
Sie hat ihr Vampirzertifikat? Kann man es sich einrahmen und über den Sarg hängen?
»Ich kann nicht glauben, wie durchorganisiert diese ganze Sache ist«, staune ich.
»Es ist ein Multimilliardendollar-Unternehmen«, erklärt Rayne.
»Und sehr hightech.« Sie springt vom Bett, geht zu ihrem Computer hinüber und klickt den Monitor an. »Komm her.«
Ich trete hinter sie und spähe auf die Seite, die sie aufgerufen hat. Und tatsächlich, es ist eine Art Blog, total Gothic in Schwarz und Rot. Ich schätze, das pastellfarbene Design auf Blogspot.com wäre als Vampirseite nicht gerade der Brüller.
»Jungs zum Anbeißen?«, frage ich, als ich die Überschrift lese. Rayne kichert. »Ja, den Namen habe ich mir ausgedacht. Witzig, wie?«
»Wenn du's sagst.« Vampirhumor. Großes Ha-ha-ha. Rayne erhebt sich von ihrem Stuhl und gibt mir ein Zeichen, mich zu setzen. »Hier. Lass dir Zeit und lies. Ich denke, du wirst eine Menge lernen.«
Als ich mich auf den Stuhl plumpsen lassen, geht sie zu ihrem Bücherregal rüber und zieht einen schweren, gebundenen Band heraus. »Außerdem habe ich den Vampir-für-Anfänger-Leitfaden, den du lesen kannst. Ich hatte ihn Gott sei Dank noch nicht in die Bibliothek zurückgebracht.« Sie legt das Buch auf den Schreibtisch.
»Es macht dir doch, ähm, nichts aus, die Strafgebühr dafür zu übernehmen?«
Ich sehe mir den massigen Band an. Auf der Vorderseite sind ganz komische Schnitzereien und das Ding muss etwa dreitausend Seiten haben. »Wow. Bei dieser Vampirgeschichte sind eine Menge Hausaufgaben angesagt, wie?«
»Wie ich schon sagte, es ist ein Dreimonatskurs. Es gibt viel zu lernen. Du wirst jetzt echt ackern müssen.«
Als hätte ich nicht schon genug Sorgen mit den Abschlussprüfungen nächste Woche. Ich blättere das Buch durch. Verflixt. Nicht mal viele Bilder drin.
»Also, ist das ein Fernkurs oder musst du tatsächlich irgendwohin gehen?«
»Normale Kurse. Die richtige Art, eine sichere und sterile Bluttransfusion durchzuführen, kannst du nicht im Internet lernen.«
»Klar.« Ich schüttele den Kopf, außerstande zu glauben, dass ich irgendwie in diese Freakshow hineingeraten bin.
Ich wende mich wieder dem Blog zu und scrolle zum ersten Eintrag hinunter.
Mein Name ist Rayne McDonald. Ich bin sechzehn Jahre alt und so was von bereit für das ewige Leben. Auf Vorschlag meines Mentors hin habe ich diesen Blog geschaffen, um die verschiedenen Stadien meiner Transformation aufzuzeichnen. Ich hoffe, ihr werdet bei der Lektüre viel Spaß haben!
Oh, den werd ich haben. Glaub mir.
Jake Wilder: Traumtyp und ... Schulball-Date?
Nachdem ich einen Teil von Raynes verrücktem »Jungs-zum-Anbeißen«-Blog gelesen und einige Links im Vampirwebring aufgerufen habe (ja, es gibt wirklich einen Vampirwebring), kriege ich von dem grellen Bildschirm Kopfschmerzen. Also sage ich meiner Schwester Gute Nacht und ziehe mich in die dunkle Sicherheit meines Zimmers zurück, wo ich mich unter der Decke zusammenrolle und einzuschlafen versuche.
Aber ich kann nicht. Ich bin zu aufgedreht von Angst und Verwirrung und Gott weiß was noch. Außerdem juckt die Stelle, an der Magnus mich gebissen hat, wie verrückt. Also wälze ich mich hin und her und frage mich, was ich tun soll.
Was ist, wenn die Transformation nicht rückgängig gemacht werden kann? Was, wenn in sieben Tagen ich, Sunshine
McDonald, für alle Zeit ein Vampir werde? Das bedeutet, keine Abschlussprüfungen. Kein Schulball. Keinen sonnigen Trip auf die Bahamas mit meinen Freunden in diesem Sommer.
Kein College. Ich werde mich in der Abendschule einschreiben müssen oder so was. Vielleicht haben die Vampire ja ihre eigene Universität; es scheint tatsächlich, als wären sie ziemlich organisiert.Welche Anforderungen man in deren Zulassungstest wohl erfüllen müssen?
Das nervt. Ich habe das ganze Leben noch vor mir und jetzt werde ich es vielleicht gar nicht leben können, bloß wegen dieser Verwechslung. Zum Teufel mit Rayne und ihrem blöden Blog und ihrer blöden Idee, dass sie auf diese Weise das blöde Geheimnis zum ewigen Leben finden kann. Was hat sie sich bloß dabei gedacht? Und warum musste sie mich da mit reinziehen?
Gerade als die Sonne über den Horizont lugt, gelingt es mir endlich einzuschlafen. Ungefähr fünf Minuten später, so kommt es mir vor, geht mein Wecker los
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