Jungs zum Anbeißen
und plärrt Songs aus den Achtzigern. Der DJ von heute Morgen weckt mich mit Michael Jacksons »Thriller«.
Wie passend.
Ich taumele groggy aus dem Bett und in die Dusche. Es ist eiskalt im Haus und das heiße Wasser fühlt sich gut an auf meinem Körper. Ich versuche herauszufinden, ob ich mich irgendwie anders fühle. Ob ich den Drang verspüre, irgendjemandes Blut auszusaugen. Aber nein, noch nicht, Gott sei Dank. Willige Spender hin oder her, diesen Teil des Ganzen würde ich gern so lange wie möglich hinauszögern, vielen Dank. Vielleicht könnte ich ja ein magersüchtiger Vampir werden? Ich frage mich, ob mir diese Geschichte als kleine Entschädigung helfen wird, ein paar Kilo abzunehmen?
Ich steige aus der Dusche und öffne das Medizinschränkchen. Eine schwindelerregende Ansammlung von Sonnenschutzcremes starrt mir entgegen.
So was Blödes, ich habe ganz vergessen, Magnus nach dem richtigen Lichtschutzfaktor für die Schule zu fragen.
Am Ende entscheide ich mich für den goldenen Mittelweg, Faktor fünfzehn, wer weiß, vielleicht fällt bei der Sache wenigstens ein brauner Teint für mich ab. He. Dann wäre ich der erste Vampir, der aussieht, als hätte er eine Kreuzfahrt durch die Karibik hinter sich.
Nachdem ich mich mit der Creme eingerieben habe, fällt mir ein, dass ich mich auch um die purpur angelaufene Bisswunde an meinem Hals kümmern sollte. Wenn jemand die sieht, wird er sie für einen Knutschfleck halten und ich habe so was von keine Lust, mich obendrein noch mit einem heimlichen Lover mit einer Schwäche für meinen Hals aufziehen lassen. Allerdings könnte ich natürlich erzählen, ich hätte mir den Hals mit dem Lockenstab verbrannt, wie Mary Markson es tut, wenn Nick an ihr rumgemacht hat, aber ihr glaubt auch niemand.
Ich stöbere in meinem Kleiderschrank und muss feststellen, dass ich herzlich wenig Klamotten habe, die dazu geeignet wären, meinen Hals zu verdecken. Was höchstwahrscheinlich daran liegt, dass ich vor diesem Morgen nie einen Grund hatte, ihn zu verstecken.
Schließlich finde ich ganz hinten im Schrank einen alten schwarzen Rollkragenpulli. Ich glaube, der gehört
eigentlich Rayne, aber er wird seinen Zweck erfüllen.
Natürlich werden mich die anderen für einen ziemlichen Freak halten, dass ich im Mai mit einem Rollkragenpulli rumlaufe. Aber was soll ich machen? Ich bin ein Teenie-Vampir-Fashion-Victim.
Solange mich bloß niemand für einen Gothic hält...
Die Schule ist okay, obwohl ich so beschissen müde bin, dass es mir schwerfällt aufzupassen. Und wie es aussieht, ziehe ich die Fragen der Lehrer plötzllich magnetisch an.
Ich ruhe gerade mal eine winzige Sekunde lang meine Augen aus und im nächsten Moment piesackt man mich damit, dass ich Pi ausrechnen soll oder so was. (Was ich nicht mal in gut ausgeschlafenem Zustand schaffe und wenn ich mich gerade nicht in einen Vampir verwandle.)
Ich esse mit einigen Mädchen aus der Feldhockeymannschaft zu Mittag und stochere lustlos in meinem Salat, während ich halbherzig zuhöre, wie sie vom Spiel der letzten Wochen reden. Meine Mannschaftskameraden sind so mit sich selbst beschäftigt, dass sie mich kaum wahrnehmen. Was mir nur recht sein kann. Das Letzte, was ich in meinem gegenwärtigen Zustand will, ist Aufmerksamkeit.
Glücklicherweise ist meine beste Freundin Audrey diese Woche mit ihren Eltern in Disneyworld. Das Mädchen ist so beängstigend scharfsinnig, sie würde sofort merken, dass etwas nicht stimmt. Gleichzeitig würde sie mir diese ganze Vampirgeschichte nicht abkaufen und denken, ich hätte jetzt wirklich den Verstand verloren. Also, obwohl ich schrecklich gern etwas moralische Unterstützung gehabt hätte (Rayne zählt in dieser Hinsicht so was von gar nicht!), ist es wahrscheinlich besser, wenn ich meine Freunde nicht zu Tode erschrecke.
Ich erwäge kurz, den Schauspielunterricht nach der Schule zu schwänzen, aber Magnus hat mir erklärt, dass er am Abend bis fast acht Uhr schlafen würde, daher kann ich genauso gut die Zeit totschlagen, bevor ich mich auf den Weg zu meinen großen Treffen mit dem Obervampir mache. Außerdem kann ich bei der Gelegenheit auch wunderbar Jake Wilder nachspionieren. Das wird mich garantiert aufmuntern.
Ah, Jake Wilder. Wie soll ich die Größe, die Jake Wilder ist, auch nur ansatzweise erklären? Irgendwie passt er gar nicht in eine normale, alltägliche Highschool. Er hatte vor etlichen Jahrhunderten geboren werden sollen, in Zeiten der Römer oder so - als
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