Jungs zum Anbeißen
Intuition nennen. Oder diese hellseherische Zwillingsgeschichte, die ich gerade erwähnt habe. Oder vielleicht liegt es auch nur daran, dass du so verdammt durchschaubar bist. Tatsächlich denke ich, dass sogar ein trainierter Affe deinen Liebeskummer bemerken würde. Vielleicht sogar ein untrainierter.«
»Oh, Rayne, es ist schrecklich«, rufe ich, vollauf bereit, alles rauszulassen. »Ich liebe ihn. Das tu ich wirklich. Er ist süß und nett und ritterlich und sexy und witzig und ich lieb ihn einfach zu Tode.« Ich schlucke mein Schluchzen herunter. »Ähm, das sollte nicht komisch sein.«
»Geht klar.« Rayne nickt. »Und alles ist zutreffend. Also wo liegt das Problem?«
»Dass er ein Vampir ist, du Dummkopf. Und nach morgen Nacht werde ich ein Mensch sein.« Ich reibe mir mit den Fäusten die Augen und wünschte, ich hätte ein paar Papiertaschentücher zur Hand.
»Sunny, versteh mich nicht falsch oder so, aber...« Rayne hält einen Moment lang inne, als wolle sie ihre Worte sehr sorgfältig wählen. »Hast du je daran gedacht ... die Verwandlung nicht zu vollziehen? Ein Vampir zu bleiben, damit du mit Magnus zusammen sein kannst?«
»Nein. Auf keinen Fall. Ich will kein Vampir sein.«
Selbst wenn das bedeutet, dass du die Ewigkeit mit dem Mann verbringen könntest, den du liebst?, fragt eine Stimme in meinem Kopf. Ich schüttele sie ab.
»Bist du dir sicher?«, dringt Rayne in mich. Leider kann ich sie im Gegensatz zu der Stimme in meinem Kopf nicht genauso leicht zum Schweigen bringen.
»Ja. Ich bin mir sicher. Sehr sicher.«
Ich bin mir überhaupt nicht sicher.
»Weißt du, das Dasein als Vampir hat eine Menge Vorteile«, spult Rayne weiter ihre Sprüche ab, ohne sich von meinen halbherzigen Beteuerungen abschrecken zu lassen. Einen Moment lang frage ich, warum ihr das Thema so wichtig ist. Ich meine, seit wann interessiert es sie, ob ich untot oder lebendig bin? Normalerweise interessiert sich Rayne für nichts anderes als für sich selbst. Und ich weiß, dass sie Magnus als Blutsgefährten will, welchen Nutzen hätte sie also davon, wenn wir zusammenblieben? Komisch.
»Unvorstellbare Reichtümer ...«, labert sie weiter.
Vielleicht rechnet sie sich aus, dass sie, wenn ich ein Vampir bleibe, quasi einen Fuß in der Vampirwelt haben wird. Vor allem, wo doch mein Blutsgefährte der neue König ist und alles. Vielleicht rechnet sie sich aus, dass sie selbst so schneller wieder einen Blutsgefährten zugeteilt bekommt. An der Warteliste vorbei. Ja. Das muss es sein.
Es gibt keinen anderen Grund, warum sie versuchen sollte, mich zu überreden, ein Vampir zu bleiben.
Tief in meinem Magen steigt Wut auf und bewegt sich zu meiner Kehle hinauf. Sie ist so egoistisch. Sie interessiert sich überhaupt nicht für mich und meine Wünsche. Für meine Träume und Hoffnungen, für meine Ängste und meine Zukunft. Sie denkt einfach nur an sich und an ihre eigenen Vorteile.
»Magische Kräfte . . .«, fügt sie ihrer Top-Ten-Liste guter Gründe hinzu, aus denen Sunny ein Vampir bleiben sollte.
Miststück.
Absolutes Miststück.
»Die Freiheit, überallhin zu reisen, wo du hinwillst. Sogar nach Australien ...«
Ich fasse es nicht. Nicht jetzt. Nicht so. Als Nächstes wird sie ihren Blog zur Sprache bringen. Wehe, wenn sie wieder von ihrem Blog anfängt und von der Tatsache, dass ich ihn nicht gelesen habe...
»Wenn du meinen Blog gelesen hättest, wüsstest du, dass ...«
AH!
»Zum Teufel mit deinem verdammten Blog, Rayne!«, explodiere ich, zu wütend, um mir noch länger Sorgen zu machen, Mom zu wecken. »Und weißt du, was? Du kannst gleich auch zum Teufel gehen. Du hast keine Ahnung, was ich durchmache. Du hast da irgendeine verrückte Vorstellung im Kopf, dass es hierbei nur um Spaß und Spiele geht. Nun, das tut es nicht.«
»Sunny . . .«, versucht Rayne, mich zu unterbrechen.
Aber ich bin voll in Fahrt und stelle fest, dass ich nicht aufhören kann zu schreien. »Es macht keinen Spaß, ein Vampir zu sein. Du kriegst die Sonne nicht mehr zu sehen.
Du kannst keine Knoblauchpizza essen. Deine Mom gibt dir Hausarrest, weil sie glaubt, du nähmest Drogen, und du fühlst dich unvorstellbar erbärmlich, wenn du das verrückte Verlangen hast, dein altes Leben zurückzubekommen. Nun, ich weigere mich, Schuldgefühle zu haben, weil ich ein Mensch sein will. Weil ich mein menschliches Ich mag und nicht alles, was ich bin, opfern will, um mich in ein verrücktes, unsterbliches, allmächtiges Wesen zu
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