Jungsspaß und Maedchenpanik
sie mit jeder Ballannahme Schwierigkeiten hatten, rückten Rosa eins und Rosa zwei auf diese Weise weit in Pablos Hälfte vor. Allmählich kamen sie seinem Tor so nah, dass sie sich über einen Torschuss Gedanken machen konnten.
Aber dazu kam es nicht. Pablo fing den nächsten Pass ab und sprintete mit dem Ball los wie ein Hundertmeter-Weltrekordler.
»Oouh!«, machten die Schwestern im Duett hinter ihm und rannten los. Sie waren schneller als beim Räumungsverkauf einer Barbie-Boutique. Aber nicht schnell genug. Pablo zirkelte den Ball von der Mittellinie aufs leere Tor und blieb stehen.
Rosa eins und Rosa zwei hetzten in der aussichtslosen Hoffnung, den Treffer noch verhindern zu können, an ihm vorbei.
Pablo versenkte die Hände wieder in den Taschen. In Ruhe schaute er zu, wie der Ball gemächlich, aber unaufhaltsam ins Tor rollte und wie die Mädchen enttäuscht abbremsten.
»Eins zu null für mich«, sagte Pablo. »Und Mittelanstoß für euch. Bleibt gleich hier, dann spart ihr Kräfte. Den Ball kann eure Mutter aus dem Tor holen und rüberkicken.«
»Spar du dir lieber deine Worte, Superboy«, knurrte Rosa eins.
Rosa zwei schoss einen Blick ab, der einem bengalischen Feuer glich.« Wir brauchen keine Fitnessratschläge, klar?«
»Schon gut, schon gut.« Pablo hob beschwichtigend die Hände, und zum ersten Mal, seit er nicht mehr allein auf dem Bolzplatz war, sahen die Mädchen ihn lächeln. »Ich hab’s nur gut gemeint.«
Die Mutter schickte mit dem Ball aufmunternde Worte an die Mittellinie. »Macht nichts! War Pech!«
Die Bemerkung wirkte Wunder. Oder ein schnelles Gegentor konnte ihre Töchter sowieso nicht schocken. Jedenfalls waren sie gleich wieder obenauf.
»Was ist schon so ein olles Törchen, Mama!«
Rosa eins und zwei winkten, tänzelten zum Anstoß und das Spiel ging weiter. Diesmal fegte Pablo sofort mit voller Kraft dazwischen. Wenig später lag der Ball wieder im gegnerischen Tor.
»Kleines Missgeschick! Kann passieren!«, rief Hera. »Weiter geht’s!«
Und es ging weiter. Auch nach dem dritten und dem vierten Anstoß landete der Ball schneller im Kasten von Lara und Clara, als ein kurz geschorener Junge zum Kämmen braucht. Zwar verfolgten die Mädchen Pablo nun zäher, als er erwartet hatte. Sie kämpften, dass die Engelsfrisuren in hellen Aufruhr gerieten, und rannten so schnell, dass ihre Locken kaum hinterherkamen.
Vielleicht liefen Lara und Clara sogar genauso schnell wie Pablo. Aber es macht eben einen entscheidenden Unterschied, ob zu einer Rennerei ein Lederball gehört oder nicht.
Ein weiterer wichtiger Unterschied ist, ob so ein rundes Ding jemanden nicht nur auf dem Fußballplatz begleitet, sondern lückenlos durchs ganze Leben – und genau das traf auf Pablo zu.
Er nahm Fußbälle überall mit hin: in die Schule, ins Schwimmbad, ins Kino, ins Bett und sogar aufs Klo.
Gewiss hätten nicht nur Lara und Clara das schwer übertrieben gefunden. Es hatte aber zur Folge, dass das Team Rosa an diesem Morgen auf dem Bolzplatz von Lüttenhoop trotz zahlenmäßiger Überlegenheit nicht die Spur einer Chance besaß.
Pablos Führung war glasklar. Nun konnte er gelassener weitermachen. Er ließ seine Gegnerinnen weit vor das eigene Tor rücken und versuchte sich mehrmals erfolgreich als Torwart. Und wenn er anschließend selbst im Ballbesitz war, wechselte er unberechenbar zwischen pfeilschnellen Kontern und ausufernden Dribblings.
Laras und Claras Wangen färbten sich so rosa wie ihre Trainingsanzüge. Aber die Zwillinge gaben nicht auf, und wenn es ihnen einmal gelang, Pablo den Ball abzujagen, scholl die Hotzenplotz-Stimme ihrer Mutter doppelt laut durchs Feriendorf.
»Sehr gut, Lara! Prima, Clara! Genau!! Ja! Jaa! Und jetzt – schießen! Achtung! Aaachtung! Da kommt er schon wieder! … Uuih!! Uff. Oje. Macht nichts! Hinterher! Nicht aufgeben!«
Und Lara und Clara gaben nicht auf. Eine echte Chance auf ein ausgeglichenes oder auch nur knappes Spiel gab es für das tapfere rosafarbene Team aber trotzdem nicht. Nach einer halben Stunde stand es null zu acht und die Zwillingsmama wechselte sich ein. Eine weitere halbe Stunde später hatte ihr Kopf die Farbe einer Signalboje angenommen und die drei Kinderköpfe leuchteten himbeerrot.
Am Spielfeldrand tauchten ein paar Zuschauer auf. Pablo verfolgte nebenbei, dass sie zwei Grüppchen bildeten und sich neben den Toren sammelten.
Das Grüppchen hinter der Grundlinie des weiblichen Teams bestand aus einem ziemlich großen
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