Junimond (German Edition)
klackte laut, eine Kellerleuchte an der Seitenwand des Raumes sprang an und verströmte ein gelbliches, müdes Licht. Ares machte eine Siegerpose von der Tür aus.
»Und darunter ist eine Steckdose«, rief er.
Nick grinste. Ares war einfach ein verdammter Glückspilz.
Nun konnten sie den ganzen Raum überblicken. Nicht gerade ein Palast. Vier Wände mit Schmatzputz, ein kleines quadratisches Fenster über ihren Köpfen mit einer dicken trüben Glasscheibe. Wenn das eine Garage war, dann hatte jemand die Bauvorschriften sehr großzügig ausgelegt. In der hinteren Ecke stapelten sich leere Pappkartons, im Raum verteilt lag etwas Müll, abgesehen von den Bierflaschen, von denen drei zerbrochen waren.
Nick untersuchte die Wände. »Hier steht was.«
Ares kam näher und richtete sein Licht auf die gleiche Stelle.
Ein rot und weiß umrandeter schwarzer Pfeil war an die Wand gemalt, daneben hatte jemand HEIL geschrieben.
»Heil was?«
»Das ist Runenschrift.«
»Das ist nur Geschmiere, das können wir übermalen.«
Nick klopfte gegen die Wand. »Eigentlich okay. Meinst du es ist schallisoliert genug? Ich habe keine Lust die Arbeit noch mal zu machen.
»Ist doch egal, wenn uns jemand hört. Das Grundstück ist groß, die Nachbarn denken vielleicht nur, dass irgendwer Musik anhat.
»Wenn wir spielen? Was soll das für Musik sein?«
»Mensch, Nick, sei doch mal positiv.«
»Okay. Sollen wir jetzt die Matratze rausbringen?«
Sie gingen in die Ecke, wo eine alte, graue Federkernmatratze lag.
»Sieht ziemlich eklig aus. Und wohin dann damit?«
»Meinst du, da hatte jemand Sex drauf?«
»Ich denke, da hat eher jemand raufgepisst.«
»So wenig?«
»Oh, Mann ...«
Sie standen einen Moment schweigend vor der Matratze und Nick versuchte jeden Gedanken an irgendwelche Benutzung zu verdrängen.
»Komm, das reicht für heute, lass uns gehen.«
Ares nickte und warf einen Blick auf die Bierflaschen.
»Wollen wir die mitnehmen?«, fragte Nick skeptisch.
»Jetzt nicht mehr.«
Sie löschten das Licht und schlossen das Tor. Es war still auf der Straße, nur in einem der Nachbarhäuser brannte noch Licht.
»Du kannst den ganzen Stadtteil einpacken, merkt kein Mensch«, sagte Ares.
Nick war trotzdem froh, als sie wieder auf der Straße standen und er den Durchschlupf im Maschendrahtzaun geschlossen hatte.
Schweigend gingen sie zurück.
21
»Jeder Mensch ist eine Insel. Und dazu stehe ich – aber zweifelsohne gehören manche Menschen zu Inselketten.«
(About a Boy)
Mittwochnachmittag
Olivia ging mit gemischten Gefühlen zu dem Treffen bei Nick. Eines der üblichen Treffen für eines ihrer Filmprojekte, aber zum ersten Mal war ein anderes Mädchen dabei. Stella gefiel ihr, aber trotzdem war es nicht mehr so wie früher, wenn sie mal ein anderes Mädchen in der Buddelkiste hatten mitspielen lassen. Alles verändert sich, STÄNDIG und Nick hatte sich definitiv verändert. Seit wann interessierte er sich dafür, ob sie Liebeskummer hatte? Aber wenn sie es recht bedachte, dann hatte es schon an Sylvester begonnen.
Sie hatten Sylvester zusammen bei Ares gefeiert, da das Haus leer gewesen war. Seine Mutter hatte eine Sylvester-Theater-Vorstellung gehabt und war danach mit Ares Vater auf eine Feier gegangen. Helena war unterwegs gewesen. Sie hatten sich Pizza geholt, später kamen noch etwa zehn Leute aus ihrer Klasse. Um halb zwölf waren sie im Babelsberger Park zum Juliusturm hochgestiegen und hatten runter auf Potsdam gesehen und auf Mitternacht gewartet, um Knaller abzufeuern.
Und dann war es passiert. Es war 24 Uhr geworden, alle hatten angestoßen und sich gratuliert. Und dann hatte auf einmal Nick vor ihr gestanden. Mit diesem Blick. Die Pupillen weit offen, so dass sie das Gefühl hatte, weit in ihn hinein sehen zu können. Seitdem wusste sie es.
Etwas passierte mit ihnen, ihrer Freundschaft, dem Leben. Sie wurden erwachsen. Das war normal und gut, aber irgendwie auch beunruhigend. Natürlich hatte sie bemerkt, dass aus dem kleinen sommersprossigen Rechenkünstler und Musikfan ein schlaksiger Typ geworden war, ein Mathe-Genie, das Computer hacken konnte, ein verdammt guter Schlagzeuger, ein cooler Typ. Und die anderen Mädchen hatten das natürlich auch bemerkt. Was war, wenn sie ihn abschleppten und aus ihm einen Mann machten, der Händchen hielt und samstags mit ihnen einen Liebesfilm sah? Die brachten ihn vielleicht dazu, sein Schlagzeug zu verkaufen oder seine Freunde aufzugeben. Auf einmal sah Olivia
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