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Junimond (German Edition)

Junimond (German Edition)

Titel: Junimond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Bongard
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sich wohl an, wenn sie sich bei jemanden, der gerade in Mittelafrika saß, darüber beklagte, dass sie kein fließendes Wasser zum Duschen hatte oder keine Waschmaschine, um ihre Kleider zu waschen? Und von dem Unfall wollte sie schon gar nicht berichten. Was sollte er von dort aus machen, außer sich zu sorgen, was allerdings auch nicht seine Art war. Als sie das Mailprogramm schloss, sah sie, dass zwar nicht ihr Vater, dafür aber Dana gerade online war. Stella hatte in jeder Stadt eine »beste Freundin«, aber im Gegensatz zu den anderen Freundinnen, die sie nach ihrem Wegzug immer komplett aus den Augen verloren hatte wollte sie nicht, dass ihr das mit Dana passierte. Dana hatte sie am ersten Tag in der Schule in Berlin in Schutz genommen, sie hatte ihr Kreuzberg gezeigt, mit ihr hatte sie ihren ersten Döner gegessen und die erste verbotene Party in einem leerstehenden Parkhaus erlebt. Was ihre Beziehung aber wirklich zu etwas Besonderem gemacht hatte, war, dass sie sich beide zur gleichen Zeit in den gleichen Jungen verliebt hatten und trotzdem Freundinnen geblieben waren. Und das war selten.
    Stella spürte eine große Erleichterung. Nach diesen Tagen, in denen sie sich vergeblich bemüht hatte, mit den Leuten hier klar zu kommen, würde es gut tun, mit jemandem zu sprechen, der sie kannte und mochte. Das hätte sie schon viel eher tun sollen. Stella öffnete das Fenster, atmete tief ein und setzte sich so vor den Laptop, dass der Garten im Hintergrund war.
    Dana meldete sich sofort. Sie saß in ihrem Zimmer am Schreibtisch, einem uralten Riesenmöbelmonster von ihrem Großvater, vor ihrem Bücherregal. Dana las viel und wenn sie ein Lieblingsbuch hatte, musste sie es unbedingt besitzen. Bücher. Noch eine Sache, die sie verband.
    Sie sah gut aus, stellte Stella neidisch fest. Glücklich, zufrieden, ausgeglichen.
    »Stella, ich habe dir zwei SMS geschickt und sag mal, was ist mit deinem Facebook-Account passiert?«
    »Also der Facebook-Account ... keine Ahnung. Ist egal. Ist eh besser zu skypen.«
    »Ja, aber ich habe dich über Facebook eingeladen. Und ich dachte du kommst am Wochenende zum Raggae-Jam. Wir können feiern.«
    Dana fand immer einen Grund zu feiern.
    »Na ja, weiß nicht, ist ziemlich weit von hier nach Berlin.«
    »Okay und wie isses sonst so? Weinst du?«
    Stella biss sich auf die Lippe und versuchte, sich zusammenzunehmen, nur sah sie deutlich an ihrem Kamerabild, dass ihr das nicht gelang.
    »Meine Mutter ist im Krankenhaus. Sie ist von der Leiter gefallen und hat sich den Fuß gebrochen.«
    »Ja? Oh, Mann, das tut mir leid. Von der Leiter? Ich dachte die ist so sportlich.«
    »Beweglich. Das ist was anderes.«
    »Und jetzt?«
    »Ich besuche sie morgen früh, sie wird heute operiert.«
    »Na, das wird schon. Und was ist mit dir? Ich meine: Wie ist die neue Schule, was gibt es für nette Typen, hast du schon eine neue Freundin gefunden, ich hoffe NICHT, obwohl ich dir alles Gute wünsche, ehrlich.«
    Stella hielt den Daumen nach unten. »Ich weiß nicht, ich passe hier einfach nicht rein. Das sind alles Snobs. Nebenan wohnt ein Typ in unserem Alter, der geht bei mir in die Klasse, aber wenn man Film sagt, dann denkt der nur an Blockbuster und Actionfilme. Null politisches Bewusstsein. Seine Schwester fährt im Cabrio rum und benimmt sich wie ein Filmstar und seine Freunde sind genauso.«
    Dana lachte entspannt. »Hej, du bist hier jederzeit wieder willkommen. Sag mal, das da hinter dir, ist das eure Aussicht oder eine Fototapete? Ist ja knorke.«
    Knorke bedeutete so viel wie klasse und war eines von Danas derzeitigen Lieblingsworten. Sie fand, man sollte die aus der Mode gekommen alten Slang-Worte weiter benutzten, so, wie man auch Secondhand-Kleidung trug.
    »Keine Fototapete. So ist das hier!«
    Es tat gut, dass Dana auch ein wenig neidisch klang. So, als ob Stella wirklich das große Los gezogen hatte, wie alle vor ihrem Umzug behauptet hatten.
    »Tja, und nachher jogge ich noch eine Runde um unser Grundstück und schwimme im See. Und dann unter die Dusche mit den Goldarmaturen.«
    Dana lachte. Sie hatte eine tiefe volle Stimme, die immer sexy klang. »Okay. Wann kann ich kommen?«
    Stella grinste. »Nein, ich sag´s besser gleich, war gelogen. Ich meine, der Garten ist groß und der See hinter dem Grundstück ist irre, aber der Rest ... total runtergekommen und alt. Ich warte gerade auf Anja, du weißt schon, die aus dem Yoga-Kurs meiner Mutter, die repariert hier alles. Dann kann ich

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