Jurassic Park
angerufen?«
»Ach«, antwortete Ellie, »eine Frau namens Alice Levin. Sie arbeitet am Columbia Medical Center. Kennst du sie?«
Grant schüttelte den Kopf. »Nein.«
»Es ging um die Identifikation von irgendwelchen Überresten. Sie will, daß du sie gleich zurückrufst.«
Skelett
Ellie Sattler strich sich eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht und wandte sich wieder den Säurebädern zu. Sie hatte sechs in einer Reihe stehen, in molaren Konzentrationen zwischen fünf und
30 Prozent. Mit den stärkeren Lösungen mußte sie aufpassen, da die nicht nur den Kalkstein auflösten, sondern auch den Knochen angreifen konnten. Und die Knochen der Dinosaurierbabys waren ausgesprochen zart. Sie wunderte sich, daß sie überhaupt so gut erhalten waren, nach 80 Millionen Jahren.
Sie hörte beiläufig zu, als Grant telefonierte. »Miss Levin? Alan Grant hier. Was ist mit diesem... Sie haben was? Einen was?« Er fing an zu lachen. »Oh, aber das bezweifle ich doch sehr, Miss Levin... Nein, ich habe wirklich nicht die Zeit, tut mir leid... Na gut, ich kann's mir ja mal ansehen, aber ich kann Ihnen jetzt schon garantieren, daß es sich um einen Basilisken handelt. Aber... ja, das ist eine gute Idee. Schicken Sie es gleich ab.« Grant legte auf und schüttelte den Kopf. »Leute gibt's...«
Um was ging's denn?« wollte Ellie wissen.
»Um eine Echse, die sie versucht zu identifizieren«, antwortete Grant. »Sie wird mir eine Röntgenaufnahme rüberfaxen.« Er ging zum Fax und wartete, bis die Übertragung beendet war. »Übrigens, ich habe ein neues Fundstück für dich. Ein gutes.«
»Ja?«
Grant nickte. »Hab's entdeckt, kurz bevor Morris auftauchte. Sehr junger Velociraptor. Kieferknochen mit komplettem Zahnsatz, an der Identität gibt's also keinen Zweifel. Und die Fundstelle sieht unberührt aus. Vielleicht finden wir ein komplettes Skelett.«
»Das ist ja phantastisch«, sagte Ellie und sah auf. »Wie jung?«
»Jung«, erwiderte Grant. »Zwei, allerhöchstens vier Monate.«
»Und es ist wirklich ein Velociraptor?«
»Eindeutig«, sagte Grant. »Vielleicht haben wir zur Abwechslung mal 'ne Glückssträhne.«
In den vergangenen zwei Jahren hatte das Team in Snakewater nur Entenschnabelsaurier ausgegraben. Sie hatten bereits Beweise dafür, daß eine riesige Herde dieser grasenden Dinosaurier in Gruppen von 10- bis 20.000 Tieren die kreidezeitlichen Ebenen bevölkert hatte, so wie es später die Büffel tun sollten.
Aber die Frage, die sich ihnen inzwischen immer drängender stellte, lautete: Wo waren die Raubtiere unter den Sauriern? Natürlich erwarteten sie nur eine geringe Anzahl. Studien über Raubtier-/Beutepopulationen in den Wildreservaten Afrikas und Indiens deuteten darauf hin, daß auf 200 bis 400 Pflanzenfresser nur ein räuberischer Fleischfresser kam. Das bedeutete, daß eine Herde von 10.000 Entenschnabelsauriern nur 25 Tyrannosaurier ernähren konnte. Es war deshalb unwahrscheinlich, daß sie die Überreste eines großen Raubtiers fanden.
Wo aber waren die kleineren Räuber? Snakewater wies unzählige Nistplätze auf- an manchen Stellen war der Boden mit Fragmenten von Dinosauriereiern förmlich übersät -, und viele der kleineren fleischfressenden Dinosaurierarten hatten sich auch von Eiern ernährt. Tiere wie den Dromaeosaurier, den Oviraptor, den Velociraptor und den Coelurosaurier - alles Räuber bis zu einer Größe von knapp zwei Metern - mußte es hier im Überfluß gegeben haben.
Aber bis zu diesem Zeitpunkt hatten sie noch keins dieser Tiere entdeckt.
Vielleicht bedeutete dieses Velociraptorskelett wirklich, daß für sie jetzt eine Glückssträhne begann. Und dazu noch ein Junges. Ellie wußte, daß Grant seit langem davon träumte, das Aufzuchtverhalten von fleischfressenden Dinosauriern zu untersuchen, so wie er es bei den Pflanzenfressern bereits getan hatte. Vielleicht war das nun der erste Schritt zur Erfüllung des Traums.
»Da bist du aber bestimmt ganz schön aufgeregt«, bemerkte Ellie. Grant reagierte nicht.
»Ich sagte, du bist bestimmt aufgeregt«, wiederholte sie. »Mein Gott«, sagte Grant leise und starrte das Fax an.
Ellie starrte über Grants Schulter hinweg auf die Röntgenaufnahme und stieß dann geräuschvoll die Luft aus. »Glaubst du, daß es ein amassicus ist?«
»Ja«, antwortete Grant. »Oder ein triassicus . Das Skelett ist so leicht.«
»Aber es ist keine gewöhnliche Echse.«
»Nein«, sagte Grant. »Keine gewöhnliche Echse. Seit 200
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