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Just Listen - Roman

Just Listen - Roman

Titel: Just Listen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
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meinen Sessel etwas weiter nach rechts. Von da, wo ich jetzt saß, konnte ich quer durchs Esszimmer sehen, wie Whitney, die Stirn in angespannte Falten gelegt, Samen in die Blumentöpfe schüttete. »Und dir?«
    »Super.« Was sonst? »Erinnerst du dich an das Filmseminar, von dem ich euch erzählt habe? An dem ich dieses Semester teilnehme?«
    »Ja.«
    »Also, wir mussten für die Zwischenprüfung einen fünfminütigen Kurzfilm drehen. Davon werden zwei   – nur zwei   – für eine öffentliche Vorführung ausgesucht, zu der jedes Mal haufenweise Leute kommen. Und mein Film wurde genommen!«
    »Ist ja toll! Gratuliere!«
    »Danke.« Sie lachte. »Ich musste euch das einfach schnell erzählen. Ich weiß, ist bloß wieder eine meiner üblichen Uni-Geschichten, aber ich bin so was von aufgeregt. Im Sinne von begeistert, meine ich. Dieses Seminar und das über Kommunikation, in das ich auch noch gehe   – die haben meine Sicht auf vieles echt verändert. Wie Brian immer sagt: Ich soll lernen, wie man etwas erzählt, aber auch, wie man etwas präsentiert, vorzeigt. Und ich   –«
    »Moment, wer ist noch mal Brian?«
    »Der Assistent in Kommunikationswissenschaft. Er hilft unserem Professor bei der Vorbereitung der Vorlesungen und unterrichtet die Arbeitsgruppen. Mein Kurs bei ihm ist immer freitags. Einmaliger Typ, echt. So klug. Wahnsinn. Jedenfalls bin ich voll stolz auf meinen kleinen Film. Aber nächstes Wochenende auf der Bühne zu stehen und ihn vor der halben Uni zu präsentieren   – Mannomann, das ist schon noch was anderes. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie nervös ich bin.«
    »Nervös?« Kein Wort, das mir spontan eingefallen wäre, wenn ich meine Schwester Kirsten hätte beschreiben müssen. »Du?«
    »Ja klar. Ich muss mich da hinstellen und vor lauter Fremden über meinen Film reden, Annabel.«
    »Du bist schon vor lauter Fremden hin- und hergelaufen«, erklärte ich ihr. »Sogar im Bikini.«
    »Das ist etwas anderes.«
    »Wieso?«
    »Na, weil das mit dem Film   …« Sie stockte. Atmete tief durch. »Es ist persönlich. Real. Richtig konkret. Verstehst du?«
    »Ja.« Verstand ich? Keine Ahnung. Ich war mir nicht sicher. »Ich denke schon.«
    »Es ist noch eine Woche hin. Aber du musst mir die Daumen drücken, okay?«
    »Klar. Worum geht es eigentlich?«
    »Bei meinem Film?«
    »Ja.«
    »Das ist nicht ganz einfach zu erklären«, meinte Kirsten. Setzte aber natürlich prompt dazu an, genau das zu tun: »Im Grunde geht es um mich selbst. Und Whitney.«
    Ich blickte erneut zu Whitney hinaus, die gerade eine weitere Samenpackung aufriss. Wie sie wohl reagieren würde, wenn sie das jetzt hörte? »Echt?«
    »Natürlich ist alles Fiktion. Aber es basiert auf etwas, das passiert ist, als wir jünger waren. Wir waren zusammen mit dem Rad unterwegs und Whitney hat sich den Arm gebrochen, weißt du noch? Ich musste sie auf meiner Lenkstange nach Hause bringen.«
    Ich versuchte, mich zu erinnern. »Ja   … Moment   … war das nicht   –«
    »Dein Geburtstag. Dein neunter Geburtstag. Papa hat die Party verpasst, weil er Whitney ins Krankenhaus bringen musste. Sie kam mit ihrem Gips gerade rechtzeitig zur Torte nach Hause.«
    »Stimmt.« Es fiel mir dunkel wieder ein. »Jetzt erinnere ich mich auch.«
    »Um diese Episode geht es hauptsächlich. Aber eben abgewandelt. Wie gesagt, schwer zu erklären. Ich kann dir den Film mailen, wenn du möchtest. Ich bastle zwar immer noch daran herum, aber die Grundidee ist schon zu erkennen.«
    »Klar möchte ich den sehen.«
    »Aber du musst es mir ehrlich sagen, wenn du ihn grauenhaft findest.«
    »Er ist bestimmt nicht grauenhaft.«
    »Spätestens nächsten Samstag weiß ich mehr.« Kirsten stöhnte. »So, ich muss Schluss machen. Ich wollte euch bloß davon erzählen. Alles okay bei euch?«
    Wieder blickte ich zu Whitney hinaus. Sie hatte noch eine Schicht Erde in die Töpfe geschüttet und nahm sich gerade den Schlauch, um sie zu wässern. Argwöhnisch beobachtete sie, wie die Tropfen stoßweise hervorspritzten. »Ja. Alles in Ordnung.«
    Ich legte auf. Die Haustür öffnete sich. Als ich einen Moment später durch den Flur ging, reihte Whitney ihre Blumentöpfe am Esszimmerfenster auf. Ich blieb im Türrahmen stehen und schaute zu. Sie stellte die Töpfe ordentlich nebeneinander auf die Fensterbank, wischte die Ränder mit den Fingern sauber. Nachdem sie fertig war, richtete sie sich auf, stemmte die Hände in die Hüften. »Na dann. Aber hier wird sich

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