Just Listen - Roman
wurde kurz langsamer. Und der Fahrer schaute zu uns herein, ehe er weiterfuhr.
Kapitel 11
»Annabel! Es ist Annabel!«
Noch bevor ich den Finger von der Türklingel genommen hatte, stand Mallory schon drinnen auf der anderen Seite – wie auch immer sie das geschafft hatte … Stürmisch wurde die Klinke heruntergedrückt und die Tür schwang auf.
Im ersten Moment hätte ich sie beinahe nicht erkannt, so viel Make-up hatte sie aufgetragen: Grundierung, Eyeliner, Lidschatten, Unmengen Rouge sowie falsche Wimpern, von denen eine nicht richtig saß, sondern an der Augenbraue darüber festhing. Außerdem trug sie ein hautenges, schulterfreies Kleid und sehr hochhackige Sandalen, auf denen sie herumwippte, während sie die Türklinke festhielt.
Um sie herum standen vier weitere Mädchen, die ebenfalls total aufgebrezelt waren und mich anstarrten: eine kleine, dunkelhaarige Brillenträgerin, die ein schwarzes Kleid und Schuhe mit Keilabsätzen anhatte; zwei Rothaarige mit grünen Augen und Sommersprossen in Jeans und bauchfreien Tops, die sich glichen wie ein Ei dem anderen; eine pummelige Blondine, die in einem Abschlussballkleid steckte. Und über allem schwebte in dem schmalen Eingangsflur ein penetranter Geruch nach Haarspray.
»Annabel!«, juchzte Mallory. Obwohl sie wie ein Hampelmann auf und ab sprang, bewegten ihre Haare, die hoch auf dem Kopf in einer Art künstlichem Irokesenschnitt aufgetürmt waren, sich keinen Millimeter. »Hi.«
»Hi«, erwiderte ich. »Was macht ihr –«
Bevor ich den Satz vollenden konnte, streckte sie den Arm aus, ergriff meine Hand und zog mich über die Türschwelle. »Hey Leute«, sagte sie zu den anderen Mädchen, die einen Schritt zurückwichen, mich allerdings weiterhin unverwandt anstarrten. »Das ist Annabel Greene. Höchstpersönlich. Cool, was?«
Die Blondine im Ballkleid musterte mich. Spitzte ihre pinken Lippen: »Du warst in dem Werbespot, stimmt’s?«
»Bist du bescheuert oder was?« Mallory hob die Hand und rückte endlich diese Wimper zurecht. »Sie ist
das
Model für
Kopf
. Und sie arbeitet für
Lakeview Models
.«
»Was machst du hier?«, fragte mich eine der beiden Rothaarigen.
»Ich war zufällig in der Gegend und da –«
»Sie ist mit meinem Bruder befreundet. Und mit mir.« Mallory drückte erneut meine Hand – ihre Handfläche war ganz heiß – und sagte: »Du kommst gerade richtig zu unserem Foto-Shooting, Annabel. Du könntest uns bei den Posen helfen.«
»Ich kann aber leider nicht lang bleiben. Ich wollte bloß kurz vorbeischauen.«
So etwas Ähnliches hatte ich auch Whitney nach dem Abendessen gesagt: dass ich einem Freund etwas vorbeibringen müsse und in ungefähr einer Stunde wieder zu Hause sein werde. Sie nickte bloß, sah mich allerdings dabei etwas seltsam an. Als fragte sie sich, ob ich beim Heimkommen wohl wieder nach Bacon riechen würde.
»Gefällt dir mein Outfit?«, fragte Mallory mich nun und schmiss sich in Positur, eine Hand im Nacken, die Augen nach oben gerichtet. So blieb sie einen Augenblick lang stehen, bevor sie wieder ihre normale Haltung einnahm. »Wir haben uns jede für einen bestimmten Anlass angezogen. Mein Styling steht für ›elegant in den Feierabend‹.«
»Wir sind ›lässig, aber smart‹«, erklärte mir eine der Rothaarigen und legte ihre Hand auf die Hüfte. Ihre Schwester, die noch mehr Sommersprossen hatte, nickte eifrig und machte ein feierliches Gesicht.
Mein Blick wanderte zu dem dunkelhaarigen Mädchen mit der Brille. »›Klassisch im Büro‹«, murmelte sie und zupfte an ihrem schwarzen Kleid.
»Und ich gehe auf eine ›Traumverlobung‹, natürlich als Braut«, verkündete die Blonde und drehte sich schwungvoll um die eigene Achse, sodass ihr Kleid raschelte.
»Tust du nicht«, sagte Mallory. »Dein Outfit steht für ›formelle Abendgarderobe‹.«
»›Traumverlobung‹«, wiederholte die Blondine hartnäckig und drehte sich gleich noch einmal. An mich gewandt, setzte sie hinzu: »Dieses Kleid kostet –«
»Vierhundert Dollar. Wissen wir, wissen wir«, sagte Mallory entnervt. »Sie glaubt, sie ist etwas Besonderes, nur weil ihre Schwester als Debütantin auf einem total schicken Ball war.«
»Wann machen wir endlich die Fotos?«, fragte eine der Rothaarigen. »Ich finde es langweilig, ›lässig, aber smart‹ rumzulaufen. Ich möchte auch ein Kleid anziehen.«
»Gleich!«, fauchte Mallory genervt. »Zuerst muss Annabel sich noch mein Zimmer anschauen. Außerdem
Weitere Kostenlose Bücher