Justice (German Edition)
erschöpft und so schwiegen sich Vater und Sohn an. Nach einer Weile tauchten die Berge auf. Sie standen wie eine Mauer vor dem klaren Himmel. Es war nicht mehr weit bis zu Werners Farm. An der Ausfahrt nach Kylemore brach Peter Julitz endlich das Schweigen.
»Ich muss etwas mit dir besprechen«, sagte er ernst.
Milan wartete. Die Ankündigung seines Vaters beunruhigte ihn.
»Deine neue Freundin Zeni ...«, fing Peter langsam an und sein vorsichtiger Ton schürte Milans Misstrauen.
»Ich bin mir sicher, dass sie ein ganz nettes Mädchen ist. Du weißt, deine Mutter und ich, wir wollen uns gar nicht in deine privaten Angelegenheiten einmischen. Das werden wir auch nicht. Aber es gibt etwas, das ich dir sagen muss – weil ich es später nicht bereuen will.«
Milan war irritiert. Was wollte er ihm sagen? Dass er doch ein Problem mit Zeni hatte? Dass die Sache mit ihr nie klappen könnte?
»Deine Mutter hat mir gesagt, dass Zeni ein sehr hübsches Mädchen ist«, fuhr Peter mit seinem Anliegen fort. »Und ich weiß, dass du in einem Alter bist, in dem es nicht mehr nur um Händchenhalten geht ...«
Milan grinste fast vor Erleichterung. Es ging um Sex. Er wusste ganz genau, warum sich seine Eltern Sorgen machten. Es war alles so vorhersehbar.
»Wir wissen, dass du aufgeklärt bist«, kam Peter endlich auf den Punkt. »Aber trotzdem. Du weißt, wie hoch die HIV-Rate in den Townships ist. Also, falls du dich entscheidest, mit Zeni zu ...«, er brach den Satz ab und räusperte sich verlegen, »... mit ihr zu schlafen, musst du auf jeden Fall aufpassen.«
Milan lachte verächtlich. »Meinst du, weil sie schwanger werden könnte?«, fragte er, obwohl er wusste, auf was sein Vater hinauswollte.
»Na ja, das auch«, wand sich Peter. »Aber eigentlich meinte ich das nicht.«
»Zeni ist noch Jungfrau«, sagte Milan nüchtern. »So wie ich.«
Peter blickte starr auf die Straße vor ihm und krallte sich am Lenkrad fest. »Das hat nichts zu bedeuten«, meinte er kopfschüttelnd. »Hat Zeni schon einen Test gemacht?«
Milan lachte. »Warum sollte sie einen Test machen, wenn sie noch Jungfrau ist?«
»Du weißt ganz genau, wie diese Sachen laufen.«
»Was willst du damit sagen?«, zischte Milan unruhig und fügte zynisch hinzu: »Ich meine, Zenis Mutter wird wohl einen Test gemacht haben, wenn sie bei uns arbeitet, oder etwa nicht?«
Peter biss die Zähne zusammen. Der Vorwurf gefiel ihm nicht. »Wer weiß, was Zeni schon alles erlebt hat.«
Das ging Milan zu weit. »Wovon redest du?!«, rief er entsetzt. »Was willst du damit sagen? Dass Zeni vergewaltigt wurde? Oder Drogen genommen hat? Wie krank muss man sein, um auf so eine Idee zu kommen?«
Peter verlor vollkommen die Fassung. »Verdammt noch mal, Milan, sei nicht so naiv!«, brüllte er, und seine Stimme schien das Auto erbeben zu lassen. »Liest du keine Zeitung? Schaust du nie die Nachrichten? Du kennst doch die Zahlen. Was in den Townships abgeht, das ist kein Spiel.«
Milan schüttelte ungläubig den Kopf und starrte seinen Vater düster an. Er kam ihm wie ein Fremder vor.
»Mein Gott!«, murmelte er fassungslos. Bei jedem anderen Mädchen – oder genauer gesagt, bei jedem weißen Mädchen – hätte er das Thema nie angesprochen. »Du denkst immer noch wie während der Apartheid ...«
»Das reicht!«, rief Peter außer sich vor Wut und knallte seine Hand auf das Lenkrad. »Jetzt hör aber auf, die Rassenkarte zu spielen! Es geht hier nicht um schwarz oder weiß. Es geht hier um Fakten, um Lebensumstände! Ob du es einsehen willst oder nicht, es sind die Schwarzen, die die Aidsrate in diesem Land in die Höhe treiben. Das ist einfach so.«
»Dann sollte man sich vielleicht fragen, warum«, knurrte Milan und schaute aus dem Fenster.
»Ich habe keine Zeit, mich mit solchen Fragen zu beschäftigen. Ich bin Geschäftsmann, kein Sozialwissenschaftler. Und ich rede mit dir als dein Vater. Entweder erkennst du die Gefahr und gehst verantwortlich damit um oder nicht. Es ist deine Entscheidung.« Peter holte tief Luft und beruhigte sich langsam. »Eigentlich will ich dir nur eins sagen: Bitte pass auf dich auf! Wir wollen nicht, dass du dich ansteckst, o. k.?«
Milan nickte. Sein Vater hatte sich deutlich ausgedrückt. Es war das erste Mal in seinem Leben, dass sie ein persönliches Gespräch geführt hatten – und es war direkt in die Hose gegangen. Kein Wunder, dass sie nichts miteinander anfangen konnten.
»Gut!«, sagte Peter immer noch genervt. Er
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