Justice (German Edition)
meinen Namen überhaupt aussprechen?«
Milan betrachtete ihn skeptisch. Xolani grinste breit und wartete, die Hand ausgestreckt. Die ganze Gruppe schaute Milan erwartungsvoll an.
Milan nahm Xolanis Hand. »Hallo, Xolani«, wiederholte er den Namen und traf den ungewöhnlichen Schnalzlaut perfekt. Die Runde lachte beeindruckt.
»Yo!« Xolani schüttelte Milans Hand fest. Sein Lächeln wurde immer breiter. »Du bist einer von uns, uMlungu! «
Das Wort uMlungu bedeutete »Weißer« auf Xhosa, und Milan verstand die Art des Humors sofort: Die Freunde des Bräutigams wollten nur ihren Spaß mit ihm haben und keinen Ärger.
Ein zweiter Mann klopfte Milan freundlich auf die Schulter. »Hey!«, witzelte er. »Was ist? Willst du jetzt nach Khayelitsha zu deinem Mädchen umziehen?«
Die Runde lachte über diese absurde Vorstellung.
»Ich habe eine gute Idee!«, sagte ein Dritter, dessen verknotete Haare kurz davor waren, zu Dreadlocks zu werden. »Du gibst mir die Rolex deines Vaters, dann kriegst du einen Dauerschlafplatz zwischen mir und meinem Bruder!«
»Nee, Mann! Für eine Rolex besorge ich dir eine eigene Hütte!«, schlug Xolani vor.
Milan ließ sich nicht einschüchtern. Im Gegenteil. Er erwies sich als schlagfertiger Gegner. »Für die Uhr meines Vaters kriege ich doch das ganze Viertel, oder?«, konterte er geschickt.
Die Runde lachte laut. Die Khaya-Jungs mochten Milan auf Anhieb. Doch als Zeni sah, wie die Gruppe ihren Freund umkreiste, kam sie schnell zu ihm zurück.
Sie drängelte sich durch das Gewimmel und setzte sich neben Milan. »Ist alles in Ordnung?«, fragte sie mit strengem Blick auf die Männerrunde.
Bevor Milan antworten konnte, wurde ihre Frage mit Pfiffen und brüllendem Gelächter übertönt.
»Deine Freundin ist ganz heiß auf dich, uMlungu! «, rief Xolani Milan zu.
» Eish! Stellt euch das vor!« Sein drahtiger Kumpel mit den Dreadlocks machte große Augen und schaute sich in der Runde um. »Hier wird demnächst Geschichte geschrieben: die erste schwarz-weiße Hochzeit im Township!«
Zeni erhob ihren Zeigefinger und wies die dreisten jungen Männer zurecht. »Hütet eure Zungen!«, mahnte sie auf Xhosa.
Dann tauchte jemand hinter Milan auf und legte ihm die Hand auf seine Schulter. »Ärger?«
Es war Themba Mbete, der Bräutigam. Seine Frage erntete nur noch mehr Pfiffe und Gelächter von der Gruppe.
Milan schüttelte den Kopf und grinste: »Alles im Griff, danke.«
Der Bräutigam setzte sich neben ihn und gab ihm die Hand. »Du bist Milan, richtig? Zenis Mutter hat mir von dir erzählt. Schön, dass du gekommen bist. Das ist mutig von dir.«
Die Männerrunde lachte. »Warum? Bezahlt er die Rechnung am Ende des Abends?«, scherzte der Mann mit den Dreadlocks.
Themba ignorierte die albernen Kommentare seiner Freunde. »Wenn dir irgendetwas fehlt, sag einfach Bescheid.« Dann zeigte er feixend auf seine Kumpels. »Und wenn dir diese Randalierer hier auf den Keks gehen, schmeiße ich sie alle raus!«
Die Gruppe stellte ihre Angst vor dem großen Bräutigam mit theatralischen Gesten dar und brach wieder in schallendes Gelächter aus. Gleichzeitig stimmte eine Band ihre Instrumente und fing an zu spielen. Die Tanzfläche füllte sich schlagartig.
»Komm, wir tanzen!« Xolani schnappte Zeni grinsend an der Hand. »Solange du noch nicht verheiratet bist!«
Die anderen Männer aus der Gruppe packten Milan an der Hand und zogen ihn ebenfalls hoch.
»Komm, uMlungu! Du tanzt mit ihr!«, meinten sie und zeigten auf die andere Seite des Raumes.
Dort saß ein unglücklich aussehendes Mädchen in einer Reihe von älteren Damen. Das Mädchen war ungefähr so alt wie Milan und rund wie eine Kugel. Milan weigerte sich sofort.
»Seid ihr bescheuert? Auf keinen Fall!«
Aber die Gruppe ließ nicht locker. »Doch, doch! Du tanzt mit ihr. Damit tust du dir einen großen Gefallen. Das ist nämlich Thembas kleine Schwester.«
Die jungen Männer schoben Milan über die Tanzfläche. »Jetzt los mit dir, uMlungu! «, zischten sie ihm hinterher. »Du forderst sie zum Tanzen auf oder wir übergeben dich den Tsotsis!«
Milan wusste, dass ihre Drohung nur ein Scherz war, und sträubte sich deswegen weiter. Unsicher warf er Zeni einen Blick zu. Xolani führte sie gekonnt über die Tanzfläche. Er grinste Milan an und tippte an seine schräge Baskenmütze. Dann deutete er mit dem Kopf auf Thembas Schwester.
»Viel Spaß!«, wünschte ihm der Mann mit den Dreadlocks und schob Milan ein letztes Mal
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