Justice (German Edition)
Bademantel und Schlappen – blickte sich überrascht um.
»Nicht schießen!«, rief Milan keuchend und sah die Verwirrung in seinen Augen. Der Mann hob jetzt seine Waffe und richtete sie auf den Jungen. Milan blieb wie angewurzelt stehen. Der weißhaarige Mann machte ein Auge zu und zielte auf ihn. Er wollte gerade abdrücken, als Stein ihm mit einem Schlag die Beine wegstieß. Er verlor das Gleichgewicht und kippte um. Der Schuss, den er dabei abfeuerte, schlug in die Decke über Milans Kopf ein. Putz und Tapetenstücke rieselten auf den Jungen herunter. Milan sprintete auf den Mann zu und warf sich auf ihn, bevor dieser sich wieder aufrappeln konnte. Mit seiner ganzen Kraft schleuderte er dem Mann seinen Helm ins Gesicht. Dabei hörte er, wie die Nase seines Gegners knackte. Der Mann sackte in sich zusammen und ließ dabei seine Waffe fallen. Sie schlug stumpf auf dem grünweiß karierten Teppich auf.
»Herr Stein! Sind sie o. k.?«, keuchte Milan und schaute entsetzt auf Steins blutüberströmte Hand. Der Lehrer drückte sie fest auf die Schusswunde, knapp unter den Rippen.
»Verschwinde!«, presste Stein heraus, sein Gesicht war vor Schmerzen verzerrt.
»Ich komme mit Ihnen«, antwortete Milan und packte seinen Lehrer unter den Armen.
»Nein!«, zischte Stein. »Du gehst allein. Sofort! Du musst hier weg!«
Milan wollte ihm gerade helfen aufzustehen, als er eine ruckartige Bewegung aus dem Augenwinkel wahrnahm. Bevor er sich umdrehen konnte, griff ihn der weißhaarige Mann von hinten an. Mit einem Schrei packte er den Jungen am Hals und drückte ihn zu Boden.
»Du kleines Drecksstück!«, knurrte er und spuckte aufgeschäumten Speichel aus seinem Mund.
Der Mann würgte Milan mit festem Griff. Seine Hände schnürten seine Kehle zu, sie waren kräftig und groß. Milan versuchte sich zu wehren, er wand sich und trat um sich, doch der Mann war zu schwer. Milans Augen rasten von links nach rechts, während der Druck um seinen Hals immer stärker wurde und ihm die Luft abschnürte. Mit weit aufgerissenem Mund schnappte er vergebens nach Luft. Er schaute den Angreifer an. Seine blauen Augen brannten vor Zorn, seine Nase blutete heftig. In Milans Ohren knackte es. Sein Brustkorb war wie zugeschnürt. Seine Hände, die verzweifelt versuchten den Angreifer wegzustoßen, verloren allmählich ihre Kraft. Milan ließ die Arme sinken. Sein ganzer Körper wurde schlaff.
»Du bist tot«, zischte der Mann und drückte noch fester zu. Dann knallte etwas gegen seinen Kopf. Der weißhaarige Mann kippte leblos zur Seite. Hinter ihm stand das Zimmermädchen, einen Besen in der Hand. Vor ihr lag der Mann aus Zimmer 427 bewusstlos auf dem Boden. Die Frau starrte ihn wie gelähmt an, als könnte sie ihrer eigenen Kraft nicht trauen.
Milan rieb sich erschrocken den Hals und schnappte nach Luft. »Danke«, keuchte er. Steins Revolver lag auf dem Boden neben ihr. Milan nahm ihn an sich und rappelte sich mühsam auf. »Wir haben nichts getan«, sagte er und deutete mit der Waffe auf den Mann mit dem Ziegenbart. »Er hat geschossen.«
Die Frau blickte von der leblosen Gestalt in dem blutbefleckten Bademantel auf und starrte auf die Schusswunde von Herrn Stein. Sie nickte fassungslos. »Die Polizei wird unterwegs sein.«
Milan packte seinen Geschichtslehrer wieder unter den Achseln und sagte: »Kommen Sie, Herr Stein. Wir müssen hier weg.«
Diesmal leistete Stein keinen Widerstand. Langsam hievte ihn Milan hoch und legte einen Arm um seine Schultern. Mit der freien Hand presste Stein weiter auf die Wunde.
»Wo ist die Feuertreppe?«, fragte Milan die Frau.
Das Zimmermädchen stand immer noch unter Schock, aber es gelang ihr, zum Ende des Flurs zu zeigen. »Um die Ecke«, stammelte sie.
»Sagen Sie der Polizei, dass wir in die andere Richtung abgehauen sind«, schnaufte Milan. »Sie müssen sie für uns aufhalten.«
Mit dem Arm um Steins Bauch wartete der Junge auf ein Zeichen der Frau. Sie starrte ihn mit großen Augen an, dann nickte sie fast unmerklich mit dem Kopf.
»Danke.«
Mit schweren Schritten schleppte Milan seinen Geschichtslehrer durch den Flur. Zum Glück konnte Stein noch gehen, auch wenn er seinen schweren Körper stark auf Milan stützen musste. Der Junge war ein bisschen größer als sein Lehrer und musste sich vorbeugen, um Stein besser halten zu können. Der angeschossene Mann hing an Milans Schulter und kämpfte sich gequält vorwärts. Milan trat die Tür zum Notausgang mit dem Fuß auf und half Stein
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