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Justice (German Edition)

Justice (German Edition)

Titel: Justice (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Fermer
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aufgehalten. Ohne sie wären Milan und Stein sicherlich geschnappt worden.
    Nachdem Milan sich vergewissert hatte, dass die Luft tatsächlich rein war, klappte er den Spiegel nach unten und schaute nach hinten. Dabei merkte er, dass seine Finger zitterten. Auf dem Rücksitz krümmte sich Herr Stein vor Schmerzen. Er hatte den Schaumstoff aus der Metallkiste genommen und drückte ihn fest auf seine blutende Wunde. Bei jeder Unebenheit auf der Straße und bei jedem Bremsen kämpfte er gegen die Bewusstlosigkeit. Immer wieder fielen seine Augen zu und seine Glieder erschlafften.
    »Nicht einschlafen, Herr Stein! Bleiben Sie wach!«, rief Milan aus vollem Hals. Er streckte den Arm nach hinten und schüttelte Stein energisch, bis der Verwundete wieder zu sich kam.
    Stein quälte sich, die Augen offen zu halten. An einer roten Ampel musste Milan anhalten. Im Auto neben ihnen saßen zwei Kinder auf dem Rücksitz. Sie schauten neugierig aus dem Fenster und sahen den zusammengekrümmten Mann, der blutüberströmt auf dem Rücksitz lag. Sie rissen die Augen erschrocken auf und riefen etwas zu ihren Eltern nach vorne.
    »Gib mir deine Jacke!«, forderte Stein unter großer Anstrengung. Milan schaute nach hinten und sah die gestikulierenden Kinder im Nachbarauto. Er zog hektisch seine Bikerjacke aus und reichte sie nach hinten. Gleichzeitig wurde die Ampel grün und das Auto neben ihnen fuhr davon, ohne dass die Eltern die Behauptungen ihrer Kinder überprüfen konnten. Die wartenden Autofahrer hinter Milan hupten ungeduldig. Hastig fuhr der Junge los.
    »Wo können wir hin?«, fragte Milan verzweifelt. Er hatte schon überlegt, ob sie nicht nach Khayelitsha fahren sollten. Dort würden sie auf jeden Fall vertrauenswürdige Ärzte finden. Doch Khayelitsha war zu weit entfernt und Steins Zustand zu kritisch.
    »Bo-Kaap«, murmelte Stein auf dem Rücksitz.
    »Wo in Bo-Kaap?«
    »Eine Werkstatt. Ganz oben.«
    »Dort, wo Sie die Patronen besorgt haben?«, sagte Milan und blickte in den Spiegel. Stein nickte.
    An der großen Kreuzung vor dem zentralen Bankenviertel bog Milan nach rechts ab und gab Vollgas Richtung Bo-Kaap. Kurz danach wurde Stein bewusstlos. Diesmal wachte er nicht mehr auf. Egal wie laut Milan schrie oder wie grob er seinen Geschichtslehrer schüttelte, er blieb vollkommen regungslos. Nicht mal die holprige Kopfsteinpflasterstraße in Bo-Kaap weckte Stein aus seinem Koma.
    Milan steuerte zielstrebig auf die beiden Hochhäuser der Sozialwohnsiedlung zu. Im Hinterhof bremste er vor der Werkstatt scharf ab. Der Hof war genauso verlassen wie am Montagnachmittag, als Milan Herrn Stein hierher gefolgt war. Die Autowerkstatt hatte zum Glück auf. Der Kleinlaster stand noch davor. Durch die offene Garagentür sah Milan die dunklen Umrisse der Mechaniker.
    Er sprang hastig aus dem Auto und brüllte in die Halle: »Hilfe! Ich brauche Hilfe!«
    Ohne eine Reaktion abzuwarten, lief er zum Rücksitz. Als er die Autotür öffnete, fiel ihm Steins lebloser Körper entgegen. Milan fing seinen Lehrer ab und packte ihn unter den Achseln.
    »Herr Stein, Herr Stein! Wachen Sie auf!«, rief er der regungslosen Gestalt zu und zog ihn langsam aus dem Auto.
    »Was ist denn hier los?« Milan hörte eine verärgerte Stimme hinter sich. In der offenen Garagentür stand der kleine, drahtige Monteur mit der Gebetsmütze, der vor fünf Tagen Herrn Stein den Karton voller Patronen gegeben hatte.
    »Er ist verletzt. Sie müssen ihm helfen!«, keuchte Milan.
    Erst dann sah der Mechaniker den verwundeten Mann in Milans Armen. Er riss die Augen erschrocken auf und fluchte: »Ach du Scheiße! Was macht der denn hier?«
    »Er braucht Hilfe!«, wiederholte Milan panisch. »Er wurde angeschossen.«
    Der Mechaniker riss die Arme in die Luft und drehte sich einmal um seine eigene Achse. »Verdammte Scheiße!« Er starrte Milan wütend an. »Wer bist du überhaupt?«
    Milan ignorierte die Frage, doch Stein war zu schwer, um ihn allein zu tragen. »Helfen Sie mir, verdammt noch mal!« Milan war am Ende seiner Kräfte.
    Der Mann zögerte. Er schaute sich im Hinterhof um. Es gab niemanden, der die unerfreuliche Lieferung sehen konnte. Dann drehte er sich um, klatschte in die Hände und rief in die Garage: »Moses, Robin! Bewegt eure Ärsche hier rüber!« Er trat auf Milan zu und packte mit an. Zusammen zogen sie Stein aus dem Auto und trugen ihn in die Werkstatt.
    Im gleichen Augenblick tauchten zwei weitere Männer auf. Der Chef mit der Gebetsmütze gab die

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