Justifiers - Hard to Kill: Justifiers-Roman 8 (German Edition)
des Implantats hatte man bei Eddie darauf verzichtet, ihm eine Sprengladung in den Kopf zu pflanzen.
Was genau er über die Sensoren der Drohnen empfing, konnte Morbus nicht ansatzweise nachempfinden, aber nach langem, angespanntem Schweigen zuckte Eddie heftig zusammen, und im Kontrast zu seiner plötzlichen Blässe erschien der braune Dreitagebart auf einmal tiefschwarz.
»Miststück«, fluchte Eddie tonlos. »Packt zusammen. Schnell.«
Als Eddie die beiden Drohnen durch den Fahrstuhlschacht schickte, war er vollkommen sicher, dass nichts passieren würde – trotzdem atmete er auf, als sie durch waren. Die bewaffnete Drohne ließ er für die Weiterleitung des Signals in der Nähe des Schachts, die kleine Kugel sauste weiter, und er schloss die Augen, um sich auf das zu konzentrieren, was die Drohne ihm übermittelte. Es war ein Eigenbau, er hatte alle nur denkbaren Sensoren hineingestopft. Sinne, die sehr viel präziser waren als seine eigenen, überlagerten seine Wahrnehmung. Als hätte sich mit diesen Impulsen auch die moralische Kompetenz der Drohne auf ihn übertragen, ihre schlichte Funktionalität, wurde ihm klar, was das für eine Gelegenheit war – er hatte eine bewaffnete Drohne unten, ganz in der Nähe der Komplikationen. Es wäre ein Leichtes, die bewaffnete Drohne hinterherzuschicken und kurzen Prozess zu machen. Falls Scar die Drohne abschoss, erfuhr einfach niemand was davon. Wenn er Scar erledigte und Nova rettete, würde niemand seine Entscheidung ernstlich hinterfragen. Und wenn es Nova erwischte, dann breitete er einfach den Mantel des Schweigens über die Sache und wunderte sich später zusammen mit den anderen, wo die beiden abgeblieben waren. Fliegen konnte auch Argon – als er noch im Team gewesen war, hatte nur deshalb meist Nelly im Pilotensitz gesessen, weil Argon der bessere Navigator war.
Er erfuhr nie, ob er sich dafür entschieden hätte oder ob es bei einem bloßen Gedankenspiel geblieben wäre. In diesem Augenblick tauchte die Sensordrohne, die er Lilly getauft hatte, in die ersten Ausläufer einer gewaltigen Staubwolke, die sich träge in den Katakomben ausbreitete. Ein feiner Schleier legte sich über sein Sichtfeld, das Riechzentrum seines Hirns übermittelte ihm den Eindruck staubbedeckter Schleimhäute, ohne dass er husten oder würgen musste oder seine Atmung beeinträchtigt war, und die Drohne sackte kurz ab, als seine Funksignale nicht mehr sauber durchkamen. Mit einem Impuls, den zu beschreiben ihm schwergefallen wäre, der aber für ihn so selbstverständlich war wie für andere Menschen das Blinzeln, schloss er die federleichten kleinen Flügelchen über Lillys Filtern. Sie war schwimmfähig, und auch durch diesen Staub würde sie so eine Weile kommen, allerdings würde sie irgendwann heißlaufen, weil die Lüftung nicht richtig funktionierte.
Er passierte das Büro, dessen Tür verschlossen war. Bei der T-Kreuzung hielt er inne. Nach rechts ging es zu Station I, nach links zu den tieferen Katakomben. In beiden Richtungen stieß man in weniger als fünfzig Metern auf die offenen Schotts und die dahinter gestapelten und verschweißten Kisten. Allerdings – dort, wo Scar hindurchgewollt hatte, war nun von den Kisten vermutlich nicht mehr viel übrig.
Seinem unguten Gefühl folgend, entschied er sich für die linke Abzweigung.
Er hörte sie, lange bevor er irgendwas sah. Der Staub war dicht, aber mit leichten Ultraschallimpulsen machte Lilly die Wände aus und übermittelte ihm ein modifiziertes Bild, das von anderen Hirnregionen interpretiert wurde als vom Sehzentrum … möglicherweise empfand eine Fledermaus ähnlich, und ihm kam es längst nicht mehr besonders fremdartig vor.
Das Kreischen jedoch, das er hörte, als wären seine eigenen Ohren dort unten, war so fremdartig, dass sich ihm sämtliche Haare am Leib sträubten. Hunger? Gier? Zorn? Er wusste nicht, was darin lag, ob es überhaupt eine Regung war, die sich mit einer menschlichen vergleichen ließ.
Dort, wo das Schott gewesen war, hatte eine gewaltige Detonation den Gang vollständig aufgerissen. Die Ultraschallimpulse zeichneten ein Loch auf wie eine klaffende Wunde, einen Abgrund, der tief in die Eingeweide der Katakomben führte. Der Boden aus dem schwarzen Gestein war, wenn sich Eddie recht an die Holo-Darstellung erinnerte, gut drei Meter dick gewesen. Davon war nichts mehr übrig.
Er senkte Lilly weiter hinunter, und ihre Ultraschallimpulse verloren sich in der Leere. Überrascht schaltete er
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