Justifiers - Hard to Kill: Justifiers-Roman 8 (German Edition)
ohne Wolf, das war nicht vorstellbar.
»In zwei Hälften gerissen zu werden – das wird’s tun, oder?«, fragte Scar, trat zurück, betrachtete ihre Arbeit und wandte sich Nova zu. Ihre Augen waren schwarz, die Ohren wirkten noch immer drollig.
»J… ja, klar«, stotterte Nova. »Klar reicht das.«
»Ich meine – du bleibst dann liegen, oder? Oder leben dann die beiden Hälften ganz für sich? Kriecht dann die eine auf die andere zu, und sie versuchen, sich wieder zusammenzufügen?«
Nova fing an zu weinen. Sie wünschte, sie wäre nicht so erbärmlich. Argon hatte einmal an einem langen Abend, als sie darauf warteten, dass ihnen eine Landeerlaubnis erteilt wurde, davon erzählt, wie er Krisensituationen empfand, in denen es um Leben und Tod ging – dass ihn Kälte erfüllte und die Gedanken ganz klar wurden, ganz pragmatisch und nüchtern. Und dass er es auf eine gewisse Weise sogar genoss. Wolf hatte zugestimmt, es mache süchtig, und niemals sonst fühle man sich so lebendig.
Nova fühlte sich nicht lebendig. Sie fühlte sich unbeschreiblich und menschenunwürdig elend, und sie wollte nach Hause.
»Hör auf damit«, schnappte die Hyäne, packte sie am Arm und zerrte sie mit sich, zurück in den Tunnel, der wenige Meter entfernt einen leichten Knick machte. »Dir kann es doch völlig egal sein.«
Sie stieß sie um die Ecke, Nova stolperte, fiel auf die Knie und blieb unten, schmiegte das heiße Gesicht gegen den Stein und konnte nicht aufhören zu weinen. Neben ihr drückte sich Scar gegen die Wand und zündete die Sprengladungen. In der Enge des Tunnels war die Detonation unnatürlich laut.
Als Scar um die Ecke schaute, fluchte sie leise, riss Nova auf die Beine und stieß sie vorwärts. Im Gestein waren ein paar Risse, aber es hatte nicht gereicht.
»Ich verstehe was von meiner Arbeit«, versicherte ihr Scar.
Das sehe ich , dachte Nova und zwang die Tränen zurück.
Scars gehetzter, misstrauischer Blick brannte in ihrem Gesicht, als könnte sie Novas Gedanken lesen. »Ich kann dich auch mit der Laserkanone auseinandernehmen. Oder mit dem Messer.«
Wovon redete sie? Hastig nickte Nova. »Klar kannst du das. Klar.«
»Der Sprengstoff ist vor allem wegen der anderen gewesen. Aber die kommen ja jetzt nicht mehr an uns ran.« Sie zog ein Messer, die lange, gezackte Klinge gleißte im Licht der Lampe auf der Misanthrope , und Nova stockte der Atem. Sie konnte nicht einmal schreien, als Scar sie packte und das Messer unter den Strick rammte, mit dem sie die Weste festgeschnürt hatte. Der Lichtstrahl der Misanthrope warf einen hellen Fleck an die Decke. »Du machst keine Dummheiten, oder?«
Hastig schüttelte Nova den Kopf und spürte Tränen auf ihren Wangen.
In Scars schwarzen Augen standen Angst und Ekel. Sie riss das Messer durch den Strick, er riss, und sie wickelte und rupfte die Reste ab. Plötzlich bekam Nova wieder Luft. Ihr war nicht klar gewesen, wie eng Scar die Stricke geschnürt hatte. Die Hyäne nahm ihr die Weste ab, riss ungeduldig die kleinen Bündel Sprengstoff von der Innenseite und schleuderte die Weste auf den Boden. Dann marschierte sie zur Tür.
Nova lehnte an der Wand und atmete. Atmete. Abgestandene Luft füllte ihre schmerzenden Lungen. Sie wünschte, sie hätte nicht so entsetzlich viel Angst.
Hinter der Tür lag ein Gang, dahinter noch eine Tür. Scar fluchte, ließ Nova stehen und machte sich an der Tür zu schaffen. Es dauerte nicht lange, da stieß sie einen Triumphschrei aus. Aus Station I drang muffige Luft, abgestandener als im Tunnel, obwohl Nova im Tunnel nirgends Lüftungsvorrichtungen gesehen hatte.
»Ich werde es schaffen«, flüsterte Scar neben ihr fiebrig, während sie sie mit sich zog. »Ich werde es schaffen. Ich komme hier weg, hörst du? Ich bin keine von euch.«
Die schimmernde weiße Tür war in einen Rahmen eingepasst, und als Scar sie hindurchzerrte, schrammte Tinas Steuereinheit kräftig dagegen. Scar blieb stehen, sog prüfend die Luft ein wie ein Hund und ließ den Lichtstrahl ihrer Lampe einen weiteren schlichten, nüchternen Gang hinunterwandern.
Tinas Steuereinheit – die hatte sie ganz vergessen. Sie klammerte sich an den Gedanken, dass Argon und Toro sie hier rausholten, dass sie es irgendwie von hier fortschaffen würden und sie sich Tinas Reparatur widmen konnte und der Suche nach einem neuen Körper. So schön wie der alte würde er wohl nicht sein, armer Toro. Aber trotzdem, es wäre Tina, für sie wäre es nach wie vor Tina, und
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