Justifiers - Sabotage - Koch, B: Justifiers - Sabotage
Brieftasche nicht«, entgegnete Aleksej grob.
Sie zog einen perfekt einstudierten Schmollmund, der ihn wahnsinnig machte. Fünfeinhalb Monate Abstinenz, und dann musste er hier Nein sagen! Nur weil vier Buben zu wenig gewesen waren.
»Mädel, ich bin pleite! Ich kann uns beiden ein kleines Leitungswasser mit zwei Strohhalmen bestellen, wenn du magst, aber das zweite Glas muss ich dann anschreiben lassen.«
Sie lachte und zwinkerte ihm zu. »Schade. Finde ich wirklich schade.«
»Frag mich mal …«
Dann drehte sie sich mit stolz aufgestellten Ohren um und schritt mit wippenden Hüften davon. Und was für Hüften! Hätte er doch nur ein wenig vorsichtiger gespielt. Er war stinksauer auf sich selbst. Warum hatte er sich so sehr auf den widerlichen Alten konzentriert und dabei nicht mehr auf den Schnauzbärtigen geachtet? Dann hätte er vielleicht Triumph oder Siegesgewissheit in seinen Augen lesen und rechtzeitig aussteigen können. Sodass ihm wenigstens noch das Geld geblieben wäre, das Bunny einzuladen oder sich alternativ den ganzen Abend sinnlos zu besaufen. Alles besser, als hier herumzustehen und Schuhe sammelnden Bodyguards und namenlosen Bunnys hinterherzustarren.
Kurz sah er sich um, ob irgendwer gerade nicht auf seine Chips achtete oder ob er einer gebrechlichen alten Dame nicht eine Handtasche entreißen konnte, doch im Starluck gab es keine gebrechlichen Gäste. Und wahrscheinlich würde er es ohnehin nicht übers Herz bringen.
Wahrscheinlich, aber nicht sicher , dachte er, während er noch einen letzten Blick auf den Hintern der entschwindenden Bunny erhaschte. So musste sich ein Durstender in der Wüste fühlen, wenn sich die angebliche Oase als Fata Morgana entpuppte.
Als seine Fata Morgana hinter einem hauseigenen Stierbeta im stilvollen Anzug mit Würfelstreifen verschwunden war, der eben einer aufgetakelten Dame am Roulettetisch seinen Arm anbot, wurde Aleksej schon wieder angesprochen.
»Nach einem solchen Spiel solltest du hier nicht durstig und nüchtern rausgehen müssen«, sagte die Katzenbeta vom Pokertisch, die plötzlich neben ihm aufgetaucht war. Er hatte sie nicht kommen hören, selbst mit Absätzen bewegte sie sich wie auf den sprichwörtlichen Samtpfoten.
»Ja, aber ich …« Er war noch ganz in seiner Fata-Morgana-Metapher versunken, das konnte sie mit durstig doch nicht gemeint haben?
»Ich hab’s gehört. Und miterlebt.« Sie lächelte. »Kann ich dich einladen?«
»Gern«, sagte Aleksej. Sie war schön, und anders als beim Bunny war es nicht einmal ihr Job, ihn anzusprechen. Vielleicht würde der Tag doch noch halbwegs versöhnlich enden, sofern sie ebenso durstig war wie er selbst. »Ich bin Aleksej.«
»Lydia«, sagte sie und gab ihm die Hand.
Auch wenn sie sich vorstellten wie zwei Fremde, wurde er das Gefühl nicht los, sie schon einmal getroffen zu haben. Doch in ihren Augen zeigte sich kein Erkennen. Gemeinsam schlenderten sie zu einem freien Bartisch hinüber.
2
7. November 3041 (Erdzeit)
Ort: Starluck
Eine knappe Stunde lang plauderten Aleksej und Lydia über belangloses Zeug. Ab und zu warf jemand einen Blick zu ihnen herüber, ein schneidiger junger Mann grinste dabei, während sein Begleiter ihm gegen die Schulter boxte und bedauernd den Kopf schüttelte. Doch die meisten Gäste im Starluck ignorierten sie und spielten, flirteten, brüsteten sich, schwitzten oder fluchten, tranken, feuerten jemanden an oder schätzten andere ab.
Das Starluck war ein gigantischer Gebäudekomplex, dessen wild pulsierendes Herz die dreizehn Spielhallen waren, um die sich zahlreiche weitere Säle und Räume gruppierten: Restaurants unterschiedlicher Kategorien, Clubs, in denen man selbst Tag und Nacht ausgelassen tanzen konnte, und solche, in denen freizügige Tänzerinnen und Tänzer um Stangen kreisten und die Hüften in Richtung der geschwenkten Scheine schoben.
Über den Hallen erhoben sich sieben riesige Türme aus titaniumverstärktem Glasbeton, in welchen sich Tausende Zimmer und Suiten für Übernachtungsgäste befanden, ferner Wellness-Bereiche mit allen Formen von Massage, abgeschirmte Konferenzräume, Säle für Virtu-Theater und 3D-Rundumfilme, Schwimmbäder und schwarze Kammern, in welchen sich die Tore zu zahllosen virtuellen Welten befanden. Hier konnte der Bürohengst Ahumane niedermähen oder besteigen, und die Finanzcontrollerin auf fremden Planeten die Kontrolle verlieren. Hier war man Gangster, Soldat oder Justifier, Ork, Zwerg oder Drache, Julius
Weitere Kostenlose Bücher