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Justifiers - Sabotage - Koch, B: Justifiers - Sabotage

Justifiers - Sabotage - Koch, B: Justifiers - Sabotage

Titel: Justifiers - Sabotage - Koch, B: Justifiers - Sabotage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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gehabt, nie war sie allein und verlassen gewesen wie jetzt.
    Keine Kameraden.
    Keine Familie.
    Kein Aleksej.
    Keine Kollegen, die sich um sie sorgten.
    Nur der Gedanke an Sörensen hatte sie vom letzten Schritt abgehalten.
    Weil sie ihm dem Triumph nicht gönnte, die Story, die er mit ihrem Suizid bekommen hätte: Druck für engagierte Reporterin zu groß! Rissen Morddrohungen sie in die Tiefe? Ist mit ihr auch die Wahrheit gestorben? Auf keinen Fall wollte sie seiner Lüge in die Hände spielen.
    Aber heute war ihr selbst das egal. Die Leere in ihrem Innern schien alles zu verschlingen, jede Wut, jede Hoffnung, jeden Wunsch, jeden schönen Gedanken. Ein nagender Schmerz füllte ihren Brustkasten aus, ein Schmerz, der sich nicht ruhigstellen ließ wie der der körperlichen Verletzungen.
    Es gab nur einen Weg, dem zu entrinnen.
    Mühsam richtete sie sich im Bett auf und löste ihren Arm von dem Schlauch, der sie an den Beutel mit Schmerzmitteln band. Langsam klemmte sie die Zufuhr ab, ließ den verschlossenen Schlauch auf die Matratze sinken und erhob sich. Im Zimmer war es längst dämmrig geworden, doch sie schaltete kein Licht ein, sie brauchte keines.
    Kraftlos schlurfte sie zum Fenster hinüber. Wie gestern war die Sonne bereits hinter den Häusern verschwunden und nur noch ein roter Schleier über den Dächern zu sehen. Ihr altes Ich hätte das pathetisch und erbärmlich gefunden und über einen solchen Tod gelacht. Wie eine Theaterinszenierung. Doch sie konnte nicht mehr lachen. Das Nichts fraß sie von innen auf.
    Sie legte die flachen Hände auf die Scheibe und starrte in die Dämmerung. Das Starluck befand sich in ihrem Rücken, das Letzte, was sie vom Universum sehen würde, waren die Straßen und Gassen der grauen Stadt. Wenig glamourös, aber genau das Richtige. Mit zitternden Fingern tastete sie nach dem Fenstergriff. Dann packte sie ihn entschlossen und drehte ihn. Das Fenster ließ sich nicht öffnen. Natürlich, es war ein Krankenhaus, der Mechanismus war durch einen Code geschützt. Weder kannte sie ihn, noch wusste sie ihn zu knacken.
    »Nein.« Schluchzend schlug sie mit der flachen Hand gegen die Scheibe, wieder und wieder. Sie vibrierte dumpf, doch die Schläge waren viel zu kraftlos, um das Kunstglas zu brechen.
    Lydia sank auf die Knie, die Hände in das Fell auf dem Kopf vergraben, und kauerte sich weinend vor der Wand unter dem Fenster zusammen. Draußen wurde es dunkel, und die Nacht drang ins Zimmer.
    Irgendwann fand sie ein Pfleger, der mit einem fröhlichen »Hallo« ins Zimmer trat und das Licht anschaltete. Als er sie entdeckte, eilte er herüber, hob sie hoch und trug sie zurück ins Bett.
    »Was machen Sie denn da?«, fragte er mit leisem Tadel in der Stimme.
    »Springen«, sagte sie.
    Forschend blickte er ihr ins Gesicht, als erwarte er ein Grinsen, das alles als Scherz entblößte. Er fand es nicht. »Warum?«
    »Weil es so dunkel ist in mir.«
    Zärtlich deckte er sie zu. »Es wird wieder heller, glauben Sie mir. Das Schlimmste haben Sie doch überstanden. Die Wunden heilen ausgezeichnet.«
    Schwach schüttelte sie den Kopf.
    Er steckte ihr den Schlauch wieder in die Vene, öffnete den Verschluss und klopfte mit dem Zeigefinger gegen den Plastikbeutel mit dem Schmerzmittel. Dann stutzte er und besah sich den Beutel genauer.
    »Heiliger Hundehaufen!« Hastig unterbrach er den Schmerzmittelzufluss wieder.
    »Was ist?«, fragte sie.
    »Das ist GmHD , ein Mittel, das wir häufig verwenden, jedoch nur bei Menschen. Bei Betamenschen kann es zu hässlichen Nebenwirkungen kommen. Üblich sind Depressionen, die in heftigen Schüben auftreten.« Entsetzt biss er sich auf die Lippe. »Was für ein schreckliches Versehen.«
    »Versehen?« Sie gab ein Geräusch von sich, halb Husten, halb Bellen, obwohl es ein verzweifeltes Lachen sein sollte. »Ich habe schon zwei Briefbomben bekommen.«
    »Aber das kann nicht … Nein, das muss ein Versehen sein.«
    »Bitte.« Sie umklammerte sein Handgelenk, ein Hauch von Lebenswillen war zurückgekehrt. Sie begriff, dass die gefräßige Dunkelheit in ihr nicht echt war. »Holen Sie mich hier heraus.«
    »Ich kann nicht. Nicht ohne Einwilligung der Krankenhausleitung.«
    »Dann bin ich tot.«
    »Ich glaub nicht, dass die Leitung …«
    »Ich weiß nicht, wer.« Ihre Finger krallten sich fest in seinen Arm. »Aber sobald etwas offiziell ist, gibt es Spuren und Mitwisser. Dann finden sie mich.«
    »Wer?«
    »Ich weiß nicht, wer es ist. Sonst könnte ich mich

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