Justin Mallory 01 - Jäger des verlorenen Einhorns
auf und marschierte forsch durch den Raum.
»Ich habe hier jemanden, der Sie zu sehen wünscht, Oberst«, sagte der Alte.
Sie starrte Mallory an. »Kenne ich Sie?«
»Noch nicht«, antwortete Mallory und streckte die Hand aus. »Ich heiße John Justin Mallory.«
Sie schlug ein und schüttelte ihm energisch die Hand. »Freut mich, Sie kennenzulernen, Mallory. Sie dürfen mich Winnifred nennen.« Sie blickte Eohippus an, den Mallory nach wie vor unterm Arm trug. »Was haben wir denn da?«
»Ein Pferd«, sagte Mallory.
»Ein sehr kleines allerdings«, sagte sie ohne eine Spur von Überraschung. »Hat es einen Namen?«
»Eohippus«, antwortete das Pferdchen.
»Nun, freut mich, dich kennenzulernen, Eohippus«, sagte sie, streckte eine Hand aus und zauste ihm sachte die Stirnlocke und die Mähne, während er sich genießerisch wand. »Du hast eine sehr mannhafte kleine Stimme.«
»Danke«, sagte Eohippus.
Sie wandte sich erneut an Mallory. »Kann ich Ihnen Tee anbieten oder vielleicht ein Stück Teegebäck mit Clotted Cream?« Sie unterbrach sich. »Um ganz ehrlich zu sein, es schmeckt hier gar nicht sonderlich gut, aber man tut, was man kann.«
»Nein, danke«, lehnte Mallory ab. »Was ich wirklich brauche, sind Informationen und vielleicht sogar Hilfe.«
Sie lachte in sich hinein. »Ich habe heutzutage schon genug Probleme damit, mir selbst zu helfen. Das kommt davon, wenn man seine ganze Zeit damit verbracht hat, die wilden Tiere des Dschungels zu studieren und nicht die wilden Tiere der Wall Street.« Sie zuckte die Achseln. »Aber das ist nebensächlich. Was für Informationen brauchen Sie?«
»Ich habe gehört, dass Sie das eine oder andere über Einhörner wissen«, begann Mallory.
»Falsch, ich weiß alles über Einhörner. Ich studiere sie seit über vierzig Jahren.« Sie musterte ihn scharf. »Welches Interesse haben Sie an ihnen?«
»Ich fahnde nach einem.«
»Ausgezeichnet!«, sagte sie glücklich. »Ich unterhalte mich immer gern mit einem Sportkameraden, Mallory. Nichts ist so stimulierend, wie in die blutunterlaufenen kleinen Augen eines Einhornbullen zu blicken, während er sich zum Sturmangriff anschickt!«
»Ich glaube, dass dieses spezielle Einhorn domestiziert ist«, wandte Mallory ein.
»Was für eine Schande!«, fand Winnifred. »In freier Wildbahn sind sie eine so edle Jagdbeute! Ah, das ist Leben, Mallory - die Sonne am Himmel, der Wind im Gesicht, umgeben von treuen Trollen, dicht auf den Fersen eines Einhorns mit einem Rekordhorn! Und ah, der Duft von Einhornsteak über offenem Feuer! Mein Herz klopft schneller, wenn ich nur daran denke! Dort sollten Sie sein, Mallory - draußen in der Wildnis, nicht auf der Suche nach einem armen Vieh, das man vermutlich gebrochen hat, bis es Zaumzeug und Sattel akzeptierte.« Sie zögerte. »Wissen Sie, wäre es jetzt nur zehn Jahre früher und besäße ich nach wie vor mein zuverlässiges. 550er-Gewehr für Korditpatronen, dann würde ich Sie einladen, mich auf eine echte Einhornjagd zu begleiten.«
»Ich wäre geehrt, wenn Sie mich auf dieser begleiten«, sagte Mallory.
Sie lächelte wehmütig und seufzte schwer. »Ich wäre Ihnen nur im Weg - eine fette alte Frau, die kurzatmig ist und die meiste Zeit der Vergangenheit nachhängt. Sie brauchen mich nicht, Mallory.«
»Sie sind genau die, die ich wirklich brauche«, entgegnete Mallory. »Ich bin kein Jäger; ich bin Detektiv.«
»Ein Detektiv?«
Er nickte. »Das Einhorn, das ich suche, wurde heute Nachmittag gestohlen. Ich habe bis Tagesanbruch Zeit, um es zu finden.«
»Sie meinen, man findet es genau hier, auf den Straßen von Manhattan?«
»Nun, ich bezweifle, dass es nach wie vor auf der Straße unterwegs ist«, wandte Mallory ein, »aber es ist irgendwo in der Stadt. Und«, setzte er hinzu, »ich weiß nicht mal in Ansätzen, wie ich bei der Suche nach ihm vorgehen soll.«
»Das klingt schwierig«, überlegte sie und versuchte erfolglos, ihr Interesse zu verhehlen. »Ihr Auftraggeber möchte es bis Tagesanbruch zurück, sagen Sie?«
»So lautet die Bedingung.«
»Hmmm. Das lässt uns - verzeihen Sie, Ihnen - nicht viel Zeit.« Sie blickte ihn an. »Wer, denken Sie, hat es gestohlen?«
»Ich weiß, wer es war: der Grundy und ein Leprechaun namens Fliegenfänger Gillespie.«
Winnifred runzelte die Stirn. »Warum sollte der Grundy ein Einhorn stehlen?«
»Es war Rittersporn«, sagte Eohippus.
»Rittersporn?«, rief sie. »Das wirft ein ganz neues Licht auf die Sache!
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