Justin Mallory 02 - Mallory und die Nacht der Toten
niemand geht hinaus.«
»Klar«, sagte der Drache und hielt seinen Speer bereit.
Mallory betrat das vordere Büro des Zentrums. Er tastete an der Wand entlang, bis er einen Lichtschalter fand, und drückte ihn.
»Jesus!«, sagte er leise, während er den Schauplatz betrachtete. Jemand hatte einen schweren Holzschreibtisch an eine Wand geschmettert und so ein großes Loch in die Vertäfelung gerissen. Er hatte einen Aktenschrank hochgehoben und durch ein Fenster geworfen.
Mallory ging zu dem auf der Seite liegenden Schreibtisch hinüber und versuchte ihn anzuheben. Das Ding rührte sich nicht.
»Bats«, sagte er, »pack mal das andere Ende, und dann versuchen wir es gemeinsam.«
McGuire trat ans andere Ende, pflanzte sich dort auf und hob an, als Mallory an seinem Ende das Gleiche tat. Sie bekamen den Tisch drei oder vier Zentimeter weit hoch, konnten ihn aber nicht länger als einige Sekunden in dieser Position halten.
»Was für eine Kreatur zum Teufel konnte dieses verdammte Ding hochheben und durch das halbe Zimmer an diese Wand schleudern?«, überlegte Mallory.
»Eine Kreatur, wie wir sie verfolgen«, sagte McGuire grimmig.
»Kommt«, sagte Mallory und ging auf eine Tür zu, die tiefer ins Gebäude führte. »Sehen wir mal, was er sonst noch angerichtet hat.«
Dafür brauchten sie nicht lange. Komplexe Dialysegeräte waren an Wände geschleudert, Krankenbetten umgekippt, ein weiterer Aktenschrank umgerissen worden.
»Was ist hier passiert?«, fragte McGuire, während Felina in gedrückterer Stimmung als sonst den Schaden beschnupperte und die Geruchsspuren zu ordnen versuchte.
»Du möchtest eine Hypothese hören?«, fragte Mallory. »Vlad kam hierher und suchte nach Blut, aber es ist keine Blutbank, sondern ein Dialysezentrum. Hier lagert man kein Blut. Man reinigt das Blut eines Patienten und leitet es in seine Adern zurück. Vlad machte also zwei Fehler: Erstens glaubte er, hier würde ein Vorrat an Blut gelagert, und das war nicht der Fall; zweitens hatte er keine Ahnung, dass das Zentrum mit der Formel des Schrägen Peter eingesprüht war, und so musste er sich auf einmal mit Juckreiz oder Verbrennungen herumschlagen oder was immer das Zeug mit ihm anstellte. Er bekam einen Wutanfall und nahm den Laden auseinander, ehe er loszog und sich die ganzen Zutaten für ein Gegenmittel besorgte.«
»Du irrst dich, John Justin«, sagte Felina.
»Oh ja?«
»Du hast gesagt, er hätte hier keinen Vorrat an Blut gefunden.«
»Das hat er auch nicht.«
Sie lächelte und deutete hinter ein umgedrehtes Bett.
Mallory ging hinüber und erblickte eine Gestalt auf dem Fußboden. Er kniete neben ihr nieder. Es war eine Frau mittleren Alters. Ihr Hals war teilweise aufgerissen, und das komplette Blut war ausgesaugt worden.
»Das ist keine Arbeitskleidung für eine medizinische Einrichtung«, stellte Mallory fest, während er die Leiche betrachtete. »Ich denke, sie hat für eine Reinigungsfirma gearbeitet, und es ergibt Sinn, dass sie in der Nacht hier war, außerhalb der Betriebszeit.« Er schüttelte den Kopf. »Zur falschen Zeit am falschen Ort. Er hat gar nicht nach ihr gesucht. Wäre sie fünfzehn Minuten früher oder später gekommen, lebte sie vermutlich noch.«
Mallory stand auf, durchsuchte das Zentrum, um sicherzugehen, dass keine weiteren Leichen herumlagen, dass sich niemand hier versteckte oder auf Hilfe wartete, und kehrte dann auf die Straße zurück, gefolgt von Felina und McGuire.
»Also war er nicht hier?«, fragte Nathan.
»Jetzt nicht mehr, aber er war hier. Er hat eine Reinigungskraft umgebracht. Die Polizei wird es morgen früh erfahren.«
»Du scheinst erschrocken«, bemerkte der Drache.
»Das bin ich.«
»In meinen Büchern machen Leichen dem Schnüffler nicht zu schaffen«, sagte Nathan. »Ich hätte erwartet, dass du schon eine Menge Tote gesehen hast.«
»Nichts an einer Leiche ist verlockend, aber das ist nicht der Punkt, der mir Sorgen bereitet«, entgegnete Mallory.
»Was ist es dann?«
»Ich bin schon die ganze Nacht lang auf der Jagd nach Vlad Dracule, ohne eine richtige Vorstellung davon, mit wem ich es hier zu tun habe. Nun, jetzt habe ich ein Beispiel gesehen, wozu er fähig ist.«
»Du hast nicht vor, die Flinte ins Korn zu werfen, oder?«, fragte Nathan.
»Natürlich hat er das nicht!«, erwiderte McGuire hitzig. »Das ist der Mann, der sich dem Grundy entgegengestellt hat, dem mächtigsten Dämon an der Ostküste!«
»Mallory?«, fragte Nathan. »Was hast du
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