Juwel meines Herzens
geschwächter Ausgestoßener vergaß.
Nolan rieb sich das Kinn. »Das war ein ganz schöner Schlag.«
Bellamy zuckte desinteressiert mit den Schultern. »Während du den Schuljungen gespielt hast, habe ich eben …«, er blickte zu Jewel, dann wieder zu Nolan und räusperte sich, »… habe ich mich von dem ernährt, was das Land zu bieten hat. Wie ein richtiger Mann. Habe überlebt, damit ich mein Mädchen noch einmal sehen kann.«
Jewels Arm drückte sich fester an Nolan. »Was hat dich zuvor eigentlich davon abgehalten, mich zu besuchen? Du hast dir nie die Zeit genommen, nach mir zu sehen. Warum also hast du deine Meinung so plötzlich geändert?«
»Ich hatte keine Chance. Das schwöre ich. Ich wollte immer zu dir zurückkommen«, brach es aus ihrem Vater hervor.
Jewel starrte ihn an, alles an ihr war angespannt. Sie schien an seinen Worten zu zweifeln.
Bellamy nickte, als stimme er ihrem Unglauben zu. »Ich weiß, ich kann dir nichts vorwerfen, wenn du mir nicht glaubst.« Er seufzte theatralisch. »Aber die Wahrheit ist, dass ich viel nachgedacht habe, seit ich alleine auf dieser Insel bin. Ich wusste nie, ob der nächste Tag mein letzter sein würde, und das hat mir all die Dinge vor Augen geführt, die ich vermisse. Und du hast mir am meisten gefehlt, Jewel. Ich konnte nicht mitverfolgen, wie aus meinem kleinen Mädchen eine Frau wurde.«
»Hurensohn«, stieß Nolan zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
Jewel ließ von ihm ab und stürzte sich in die Arme ihres Vaters, der sie auffing und festhielt. Nolan ballte seine Hände zu Fäusten. Am liebsten hätte er sie mit Gewalt voneinander getrennt. Nie hatte er sich so ausgeschlossen gefühlt.
Schließlich war es Jewel, die die Umarmung löste. »So viel ist in der Zwischenzeit geschehen. Ich weiß nicht, ob ich dir vergeben kann, dass du mich verlassen hast, und ich weiß, dass du nie derjenige warst, für den ich dich gehalten habe. Ich kenne dich ja kaum.«
»Aber jetzt bin ich hier, Jewel. Jetzt kannst du mich kennenlernen.« Bellamy strich ihr sanft eine lose Haarsträhne aus den Augen, wie es ein richtiger Vater vielleicht ebenfalls getan hätte.
Er klang so aufrichtig, dass Nolan aufhorchte. Jewel rückte wieder von ihm ab. »Ich benötige etwas Zeit zum Nachdenken.« Als sie zu Nolan blickte, wusste er, dass sie sich von ihm genauso betrogen und in die Irre geführt fühlte wie von ihrem Vater.
Jetzt war es an ihm, etwas zu sagen und wieder die Kontrolle zu übernehmen. »Nichts hat sich verändert, Jewel. Ich habe Bellamy damals ausgesetzt, weil das die übliche Strafe für ein Mannschaftsmitglied ist, das sich nicht an die allgemeinen Regeln hält.«
Plötzlich trat Wayland vor. Wohl oder übel musste ihn Nolan fast für seine Kaltschnäuzigkeit bewundern, denn er begrüßte Bellamy nicht, sondern verhielt sich so, als sähe er seinen lang verlorengeglaubten Freund zum ersten Mal seit Jahren wieder. Zweifellos hatten die beiden den Kontakt gehalten und dieses Szenario hier geplant, aber Wayland war mit der übrigen Crew zurückgeblieben, um sich das Drama aus der Ferne anzusehen. »Nolan hat recht, Jewel. Bellamy selbst hat die Strafe für alle Crewmitglieder angeordnet, die ihm nicht gehorchten.«
Bellamy funkelte Wayland an, als könne er nicht glauben, was er da hörte. »Aber ich war der Captain!«
»Das stimmt. Der Captain einer Piratenmannschaft. Und genau das machte es noch wichtiger, dass man sich an die Regeln hielt, auf die jeder Mann an Bord einen Schwur ablegen musste«, wandte Wayland ein. Er blieb an Jewels Seite stehen und drückte beruhigend ihre Schulter. Nolan überraschte es, dass sie sich nicht abwandte, sondern sich sogar leicht an den alten Hund lehnte. »Ich weiß, dir mag dieses Prozedere vielleicht nicht richtig erscheinen, Mädchen, aber so ist es gang und gäbe.«
Bellamy betrachtete die beiden, dann stolzierte er vor, als habe er nichts zu verlieren und alles zu gewinnen. »Nun, nichts ist passiert, und ihr seid zurückgekommen, um mich zu holen. Nicht wahr, Nolan?«
Nolan verschränkte die Arme vor der Brust. »Nein.«
»Er ist wegen des Schatzes gekommen«, mischte sich Jewel ein. In ihrer Stimme schwang ein Vorwurf mit, der Nolan nicht gefiel.
Bellamy sah ihn mit einem überraschten Gesichtsausdruck an, der alles andere als glaubwürdig war. »Der Schatz? Doch nicht etwa Captain Kents Schatz?«
Niemand antwortete ihm. Bellamys Spielchen zerrten an aller Nerven, aber vor allem an denen seiner
Weitere Kostenlose Bücher