Juwel meines Herzens
sie hatte angenommen, dass sie zu irgendeinem namenlosen Opfer Waylands gehörten. In ihrer Vorstellung hatte er den Ring bei einem Würfelspiel gewonnen, nichts weiter.
» WK «, sagte Bellamy, ohne einen Blick auf die Buchstaben zu werfen, die sie selbst nicht entziffern konnte. Als ihr Vater sie anstarrte, erkannte sie, dass die Initialen ihr etwas sagen sollten.
Nachdem sie einige Sekunden geschwiegen hatte, sagte er schließlich: »William Kent.«
»Dann hast du ihn Nolan also zuerst gestohlen?« Ihre Augen wurden zu Schlitzen, aber ihr Vater schmunzelte nur über ihre Wut.
»Ja, aber er hat mir etwas viel Wertvolleres entwendet, weißt du?«
Jewel wandte sich wieder ihrer Arbeit zu. Wahrscheinlich meinte er sie damit, aber sie hatte nicht die Absicht, weiter darüber zu sprechen. Die letzte Nacht mit Nolan hatte alles geklärt … so hoffte sie. Das Versprechen, ihren Vater in Ruhe zu lassen, hatte sie ihm zwar abringen müssen, trotzdem fühlte sie sich im Recht. Noch nicht einmal die Tatsache, dass Wayland ihr vorher genaue Anweisungen zu ihrem Verhalten gegeben hatte – unter beidseitigem heftigem Erröten –, ließen sie die extremen Maßnahmen bereuen, zu denen sie gegriffen hatte. Schließlich hatte sie ihre Ehe und auch das Leben ihres Vaters zu retten. Nicht dass Bellamy ihren Schutz verdient hatte, aber er blieb trotz allem ihr Vater. Sie konnte sich nicht von ihm abwenden, ganz egal, wie sehr es sie auch danach drängte.
Sie griff in den mit Teichschlamm gefüllten Korb und warf zwei volle Hände in ein kleineres Behältnis gleicher Art. Dann goss sie aus einem Eimer Wasser darüber, um den schlimmsten Dreck wegzuspülen, und begann, sich durch das durchzuwühlen, was noch übrig war.
Der Verführungsplan war aus der Verzweiflung geboren worden. Bellamy hatte einen Keil zwischen sie getrieben, und Jewel musste alles in Erwägung ziehen, um zwischen ihnen wieder die Harmonie herzustellen, die vor ihrer Ankunft auf der Insel geherrscht hatte. Vielleicht war die Art, mit der sie Nolan gezwungen hatte, mit ihrem Vater Frieden zu schließen, auch der völlig falsche Weg gewesen. Er hatte sich bisher immer leicht erweichen lassen, hatte leicht ihren Forderungen zugestimmt, wenn sie körperlich intim gewesen waren. Doch die letzte Nacht hatte all ihre Erwartungen übertroffen. Sie hatte die Macht gespürt, die sie über ihn hatte, und schwelgte noch immer in der Erinnerung daran. Seine Reaktion auf ihren kühnen Vorstoß hatte sie mehr erregt, als sie sich hätte vorstellen können. Einen kurzen Moment lang hatte sie ihre Beziehung kontrolliert, und der mächtige Captain Nolan Kenton hatte nur noch ihren Namen seufzen können und sie angefleht –
»Hat diese hübsche Röte auf deinen Wangen vielleicht irgendetwas damit zu tun, dass Nolan zugestimmt hat, mir einen Teil des Schatzes seines Großvaters zu überlassen?«
Jewel blickte auf. Sie hatte ihren Vater ganz vergessen, der noch immer am Baum gelehnt stand. Ihre Wangen glühten, und sie blickte zu Boden. »Willst du dich nicht lieber wieder an die Arbeit machen, Bellamy? Die anderen haben bereits doppelt so viele Ladungen nach oben befördert.«
»Bellamy also? Hast du etwa vergessen, dass ich dein Vater bin? Nolan tut das mit Sicherheit nicht, das kann ich dir sagen.«
Jewel funkelte ihn an. Sie spürte, wie eine Gefühlswelle in ihr aufstieg, aber dieses Mal war sie anders. Ihr Schmerz hatte sich in Wut verwandelt – in gerechte Wut gegen Bellamy, der sie zeit seines Lebens alleingelassen hatte. »Du warst mir nie ein Vater, warum sollte ich dir dann mehr Ehre erweisen als dir gebührt? Ich habe Nolan gebeten, dass er dich in Ruhe lassen soll, aber das ist alles, was ich dir schulde, und mehr, als du je für mich getan hast.«
Bellamy grinste höhnisch. »Aye, Mädchen. Und ihr zwei werdet den Rest eures Lebens in vollkommenem Eheglück verbringen, ohne deinen alten Erzeuger in eurer Nähe, der euch alles verdirbt. Recht so?«
Sein sarkastischer Ton führte ihr noch einmal vor Augen, wie froh sie war, mit Nolan alles geklärt zu haben, aber davon würde sie Bellamy nichts verraten. Das Einzige, was sie über ihren Vater gelernt hatte, war, dass er bei einem Menschen die kleinste verletzliche Stelle finden konnte und genau dort sein Schwert hineinstieß. »Nolan hat dir gegeben, was du wolltest. Du hast also keinen Grund, uns noch länger zu quälen.«
Bellamy verschränkte die Arme vor der Brust. Entweder heuchelte er seine
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