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Juwel meines Herzens

Juwel meines Herzens

Titel: Juwel meines Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cheryl Howe
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sei eine Art Geschenk, die ihm zugefallen war. Doch dabei hatte er nie über das Leben nachgedacht, das sie währenddessen ohne ihn führte. War der Mann, der so wütend aus dem Gastraum gestürmt war, tatsächlich ein Verehrer oder vielleicht noch etwas Schlimmeres gewesen? Und auch der englische Offizier, der Jewel mit seinen Augen fast verschlungen hatte, würde mit Sicherheit zurückkehren. Der Mann hatte seine Entschlossenheit zwar in Höflichkeitsfloskeln verpackt, aber schon seit Jahren war es gang und gäbe, dass Wölfe in feinem, aristokratischem Schafspelz in den Kolonien wilderten. Das »Quail and Queen« zog ein weit besseres Klientel als diese Kaschemme hier an, aber Heiratsarrangements waren bei Frauen ohne Familie selbst in den besten Etablissements nichts Ungewöhnliches.
    Nolan gestand sich zu, dass Jewels missliche Lage nicht allein seine Schuld war. Ihr die Karte abzunehmen, wäre in jedem Fall besser für sie gewesen. Er hätte sie an einen sicheren Ort bringen und ihr helfen können, eine Stelle zu finden, die weniger kompromittierend für sie war … und weniger gefährlich. Wenn Wayland von ihrem Treffen wusste, stand es zu vermuten, dass er nicht der Einzige war.
    Waylands Reibeisenstimme riss Nolan aus seinen Gedanken. »Schau nicht so finster drein, mein Junge. Dafür bist du noch viel zu jung. Warst schon immer viel zu ernst.«
    Nolan sprach erneut dem Bier zu und sah Wayland über den Rand seines Glases hinweg an. Von jetzt an würde er so leben müssen, als hätte der Krieg, den er heraufziehen sah, schon begonnen. Nur dass seine Feinde sich auf wundersame Weise vermehrt hatten: Er hatte nicht mehr nur die Engländer zu bekämpfen.
    Wayland leerte seinen Krug und schickte dem Bier dann noch einen Schluck aus seinem Flachmann hinterher. »Warum hat sie dir die Karte nicht ausgehändigt?«, erkundigte er sich.
    Nolan zögerte. Er wollte nachdenken, bevor er antwortete. Durch die Zeit mit seiner Familie in Boston war er ruhiger und überlegter geworden, jetzt aber befand er sich wieder in einer Welt, in der man auf jede Bewegung und jedes Wort achtgeben musste. Er musste vermeiden, noch mehr zu verraten, was Jewel in Gefahr bringen konnte. »Warum seid Ihr Euch so sicher, dass sie es nicht getan hat?«
    Wayland lachte. »Weil du gerade ausgesehen hast, als hättest du einen Bugspriet im Arsch, als ich von ihr gesprochen habe. Hast du ihr gesagt, dass ihr Vater tot ist?«
    Nolan nickte, konnte aber nicht aufhören, auf den Tisch zu starren. Mein Gott, wie sehr würde sich Bellamy über ihn lustig machen, wüsste er, dass er nach all den Jahren seine Gefühle noch immer nicht verbergen konnte.
    Wayland zog die Braue seines gesunden Auges hoch. »Vielleicht hält sie ja deshalb die Karte zurück.«
    Nolan ließ sich gegen die Stuhllehne sinken, angestrengt darum bemüht, entspannt zu wirken. Dabei täte er im Augenblick nichts lieber, als Wayland an seinem zerlumpten Mantel zu packen und ihn über den Tisch zu ziehen. »Ich habe nicht gesagt, wie er gestorben ist.«
    »Hmm. Muss schwer für dich zu ertragen gewesen sein, sie zu sehen. Sie ist Bellamy sehr ähnlich, findest du nicht?«
    Nolan versuchte, das Bild, das vor seinem inneren Auge erstand, zu vertreiben. Besser, er behielt Jewel als kleines Mädchen in Erinnerung, als seine jugendliche Bewunderung nichts weiter als hitzige Träume vom Händchenhalten und die Sehnsucht nach langen, gestohlenen Blicken hervorrief. Jetzt war sie wahrscheinlich schon eine erfahrene Frau. Wenn ihn ihr koketter Umgang mit den britischen Offizieren nicht schon davon überzeugt hätte, dann doch mit Sicherheit die Art, wie sie Nolan herausgefordert und ihm dabei direkt in die Augen gesehen hatte. Ihr Verhalten schmälerte ihren Reiz jedoch in keinster Weise. Nach fünf Jahren in Gesellschaft von heiratswilligen Jungfrauen der besseren Gesellschaft war eine Frau, die wusste, was ein Mann wollte, durchaus ein erfrischender und sehr verlockender Anblick. »Meiner Meinung nach kommt sie eher nach ihrer Mutter.«
    Wayland kratzte sich am Kinn. »Aber ihre Augen. Sicher sind sie dir an ihm auch aufgefallen. Ein ganz besonderes Grün.«
    »Bellamy war ein Monster. Aus seinen Augen sprach einzig Gier und Tod.«
    Wayland bekreuzigte sich. Bei ihm erschien die Geste eher bigott als fromm. »Du solltest wissen, dass man nicht schlecht von den Toten spricht, Junge.« Abwehrend hob er die Hände. »Aber ich hege keinen Groll gegen dich. Wo gehobelt wird, da fallen auch

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