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Juwel meines Herzens

Juwel meines Herzens

Titel: Juwel meines Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cheryl Howe
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sie längst nicht alle Teile des Puzzles besaß, wie sie zu glauben schien. Dass ihr das Buch fehlte. Die Nachricht würde ihr selbstsicheres Grinsen mit einem Mal ersterben lassen. Doch dazu kam es nicht. Gesunder Menschenverstand und die Tatsache, dass er noch nicht wusste, wie das Buch seines Vaters über das Okkulte mit dem Schatz zusammenhing, hielten ihn zurück. Wäre sie ein Mann, er hätte schon bei manchen vergangenen Gelegenheiten Gewalt angewendet. »Ich bin mir sicher, dass es Euch ein Leichtes sein wird, einen Mann zu finden, der Euren Wünschen, und ganz nebenbei auch seinen, gerecht werden kann. Aber ist es wirklich das, was Ihr anstrebt?«
    Nicht einmal durch das Zucken ihrer Wimpern ließ sie ihn wissen, dass sie seine unterschwellige Beleidigung verstanden hatte. Tatsächlich schien sie sich besser im Griff zu haben als er selbst. »Nein, aber offenbar ist es das, was
Ihr
wollt«, entgegnete sie kühl.
    »Ich will die verdammte Karte, und was danach mit Euch geschieht, soll meine Sorge nicht sein. Und jetzt verlasst das Deck und geht in die Kajüte.« Nolan drehte sich um und schritt zur Reling, ehe er sich zu etwas hinreißen ließ, das er später bereuen würde. Er umfasste das weiche, polierte Holz mit so viel Kraft, dass seine Knöchel weiß wurden. Der starke Meerwind kühlte ihm die Wangen. Er nahm einige tiefe Atemzüge, und als er wieder das Grün des Wassers und das Blau des Himmels ohne den roten Schleier der Wut, der ihm den Blick getrübt hatte, erkennen konnte, sah er über die Schulter. Wie erstarrt stand Jewel dort, wo er sie verlassen hatte. Breitbeinig und die Hände in den Hüften hatte sie sich dagegen gewappnet, dass sie von ihm unter Deck gebracht wurde.
    Er atmete ein paarmal durch, dann ging er langsam zu ihr zurück. Wenn sie nicht verstehen wollte, dass er kurz davor war zu explodieren, dann konnte er nicht länger für seine Taten verantwortlich gemacht werden. »Miss Sanderson, ein letztes Mal: Bitte begebt Euch nach unten.«
    Sie machte einen Schritt zurück, hielt dann aber inne. Erst unter dem Druck seines langen, starren Blicks wurde sie schließlich schwach.
    »Unter diesen Umständen werde ich die Karte nicht hergeben.« Ihre Stimme war fast ein Flüstern. Dann drehte sie sich abrupt um und kletterte die Luke hinunter, ohne sich noch einmal umzusehen.
    Nolan blieb stocksteif auf Deck stehen. Verdammt! Er war noch keinen Monat wieder auf See, und schon jetzt zwang ihn Jewel tiefer hinab, als er jemals wieder hatte gehen wollen.
     
    Der Messingknauf ließ sich widerstandslos drehen. Leise stieß er einen Fluch aus. Er hatte ihr doch eingeschärft, die verdammte Tür abzusperren. Zur Hölle noch mal, seit ihm Jewel auf das Schiff hinterhergeschlichen war, fluchte er wieder wie ein Seemann und dachte wie ein Pirat. Äußerlich wirkte er zwar noch immer wie der beherrschte und überlegte Freibeuterkapitän, aber in seinem Inneren hatte er sich längst wieder zu seinen alten Gewohnheiten herabgelassen. Er musste Jewel von der
Integrity
schaffen, selbst wenn dazu der Pirat, der noch immer tief in seiner Seele lauerte, herhalten musste.
    Er steckte die Metallfeile, die er mitgenommen hatte, um möglichst unauffällig das Schloss zu öffnen, wieder in den Bund seiner Kniehosen zurück. In den wenigen Stunden der milden, südlichen Nächte zwischen Mitternacht und der Morgendämmerung gestattete selbst er sich, seine Jacke abzulegen und die Hemdsärmel aufzukrempeln. Das leise Quietschen der Takelage vermischte sich mit dem Geräusch von Wind und Wellen. Eine ruhige Nacht auf See konnte selbst einen erwachsenen Mann in den tiefen Schlaf eines Neugeborenen wiegen. Und sicherlich würde sie auch bald einen allzu selbstsicheren Unruhestifter einlullen.
    Nolan wartete im Schatten am Eingang der Kajüte, bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Wie Wasser, das aus einem Krug gegossen wird, schimmerte das Mondlicht durch die Bullaugen und durchflutete mit seinem blauschwarzen Lichtschleier Jewels Schlafkoje. Die Nacht war wirklich außergewöhnlich warm, so dass es ihn nicht überraschte, das Bettzeug zerwühlt zu ihren Füßen zu finden. Erleichtert stellte er fest, dass sie noch immer die gleichen Kleider trug, in denen er sie zuletzt gesehen hatte. Ihr heimlich die Karte zu stehlen, war schon schlimm genug, da wollte er nicht auch noch den Voyeur spielen und sich an ihrem nackten Körper ergötzen. Gleichwohl keimte bei ihrem Anblick ein kleiner, unwillkommener

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