Kabal: Gesamtausgabe der Order of Burning Blood Trilogie Band I bis III (German Edition)
geruht hatten, erwachten in dieser Sekunde zum Leben.
Er hielt inne.
Vor ihm schlängelte sich ein gutes Dutzend der gigantischen Maschinen. Sie warfen den Blick ihrer kalten Augen auf ihn und hinter ihm dröhnte die Rampe vom Lärm der heraneilenden Metallschlangen.
Mikar schluckte.
Der Speer hatte ihn zwar vor dem Angriff des Metall-Sidajis bewahrt, doch mehr Kraft schien für den Augenblick nicht in ihm zu wohnen. Er war auf sich gestellt. Ohne den Speer hatte er nicht den Hauch einer Chance gegen die geballte Macht der monströsen Metallschlangen, die ihn jetzt einkreisten. Er stellte den Speer mit dem Kopf des Metall-Sidajis darauf auf und lachte vergnügt über seinen Hochmut. Diese Siegestrophäe mochte sehr wohl seinen Untergang besiegeln. Wäre Thanasis hier, würden sie gemeinsam darüber lachen können - und seine Überlebenschancen stünden deutlich besser.
Da ist es nun, mein Ende. Aber ich werde nicht kampflos gehen.
Er bewegte sich langsam im Kreis und nahm die schier unglaubliche Überzahl wahr, in der sein Gegner sich ihm gegenüber postierte.
Schade, dass keiner diesen gloriosen Kampf sehen wird, um ein Lied oder ein Gedicht darüber zu schreiben. Na ja, womöglich ist es schneller mit mir aus, als ich fluchen kann. Vielleicht ist es besser, wenn das niemand sieht.
Unvermittelt vernahm er ein Wispern in seinem Kopf. Die Maschinen, die ihn eingekreist hatten und von denen immer mehr herangedrängt waren, hielten plötzlich inne, den Blick starr auf ihn gerichtet. Gespenstische Stille erfüllte nach all dem Lärm jäh die ganze Halle. Das Einzige, was er nun hören konnte, war das Flüstern von tausend Stimmen in seinem Kopf. Er versuchte zunächst vergeblich, einen Sinn darin zu erkennen, aber allmählich verschmolzen diese Stimmen zu einer, die jetzt das Wort an ihn richtete.
»Wie lautet Euer Befehl, Herr?«
12 - Die Unterwelt
Thanasis hörte der Priesterin aufmerksam zu.
»Dieser Mehmood kam hereingestürzt, in großer Eile und sehr aufgebracht, wie es schien. Die Äbtissin nahm sich der Sache persönlich an. Serals Gesandter sprach von einer Gruft und einer ... Krone«, sagte sie überlegend.
Kassandra nickte. »Die Gruft der Sidaji-Herrscher. Ich war bereits einmal dort. Ich denke, ich kann es finden!«
Sie eilte aus dem Raum und Thanasis folgte ihr augenblicklich. Irian, der erste Mond Kabals, ging jetzt langsam unter und sein Licht wurde schwächer. Die Morgendämmerung war nur eine blasse Ahnung am fernsten Horizont, doch Kassandra sah im Dunkeln ebenso gut wie er. Sie hetzten durch die Schatten der Wandelgänge und an den flachen Bauten der Sidaji vorbei, deren Fenster und Eingänge in der Finsternis verborgen lagen. Als Thanasis eine Bewegung und ein Geräusch aus einem Torbogen vernahm, hielt er inne.
»Pst!«, raunte er Kassandra zu, die sofort innehielt.
Er trat in den Hauseingang und fand eine gefesselte Wache aus Jenaras persönlicher Garde. Der Mann hatte eine blutende Wunde am Hinterkopf und wirkte benommen.
»Lass ihn liegen! Die Gruft ist gleich hier vorn«, sagte Kassandra und sie näherten sich dem Gebäude leise und mit großer Vorsicht.
Er ließ sich unsichtbar werden, Kassandra wartete am Eingang. Er schlich die Treppe hinunter, betrat eine ausgedehnte, unterirdische Begräbniskammer, die aus verborgenen Lichtquellen mit eigenartiger Farbe beleuchtet wurde, und sah am Ende eine zerstörte Tür, deren Trümmer den Boden vor einer Gruft bedeckten. Dorthin eilte er geschwind und achtete auf einen möglichen Hinterhalt, doch außer ihm war niemand zugegen. Aus einiger Entfernung lugte er achtsam in die Totenkammer und sah das Bein eines Mannes in schwarzer Kleidung neben einer Lache Blut, in der ein Gegenstand lag.
Es war eine Krone.
Er trat vorsichtig ein und sah, dass keine Feinde anwesend waren. Nur Mehmood lag vor ihm, eine Wunde im Unterleib, die heftig blutete. Er überprüfte mit wenig Hoffnung den Puls des Gestaltwandlers.
Der Junge lebt noch!
»Kassandra! Schnell!«, rief er nach draußen.
Er riss Mehmoods weite Kleidung in Fetzen und improvisierte einen Druckverband daraus. Kassandra eilte in die Gruft und kniete sich sofort neben den Verletzten. Sie legte eine Hand auf seine Stirn und schloss die Augen einen Moment.
»Er schwindet. Lass mich das machen!«, sagte sie und zerriss den Stoff über der Wunde.
Der Einstich war an den Rändern geradezu brutal zerfetzt. Der Angreifer hatte den Stahl grausam in der Wunde gedreht, um den Schaden
Weitere Kostenlose Bücher