Kabeljau und Kaviar
Hester Tolbathy den
Tafelaufsatz und den Eisschwan persönlich zur Verfügung gestellt hat.«
»Worauf du dich verlassen kannst. So
etwas gehört bei den Tolbathys einfach dazu. Hester hat diesen Tafelaufsatz von
ihrer Großtante geerbt und will ihn natürlich auch benutzen. Warum soll man
auch so ein Ding herumstehen haben und ein Vermögen an Silberputzmitteln dafür
ausgeben, wenn man nichts damit anfangen kann?«
»Sarah denkt, genau das sei auch der
Grund, warum einer deiner Clubbrüder die Große Kette stibitzt hat, statt sich
selbst eine zuzulegen.«
»Unsinn. Diese Kette hat sich doch
längst bezahlt gemacht. Immerhin trägt sie der Allerwerteste Fischkopf bei
jeder Zusammenkunft.«
»Mag sein, aber betrachte die Sache mal
von der anderen Seite. Sarah meint, daß dieser Bursche einfach keine Kette
kaufen wollte, die er danach nie mehr würde benutzen können. Irgendwie klingt
das logisch, finde ich. Wie oft verkleidet sich schon jemand als Sommelier, um
eine ganze Zugladung Menschen umzubringen, die sich als Diamond Jim Brady und
Lillian Russell verkleidet haben?«
»Von diesem Blickwinkel aus könnte sie
recht haben«, gab Jem zu. »Aber ich will hier mit allem Nachdruck erklären, daß
ich dieses Verhalten für unvereinbar mit dem wahren Geist von Geselligkeit und
unseren festgelegten Clubregeln halte. Außerdem werde ich bei unserem nächsten
Treffen ein unanfechtbares Mißtrauensvotum einbringen, verdammt noch mal.«
»Gegen wen?«
»Gegen den hundsgemeinen Schweinehund, der
meine geheiligten Amtsinsignien für einen derart unehrenhaften Zweck mißbraucht
hat, damit du es weißt. Und du sorgst schnellstens dafür, daß er die Sachen
wieder herausrückt, inklusive Kabeljau, weil ich zum Donnerwetter noch mal das
rosa Valentinsherz nicht aufspießen werde, wenn ich dabei meine Insignien nicht
trage. Darauf kannst du dich verlassen.«
»Dann machen wir am besten mit unserer
Arbeit weiter! Du behauptest also, daß wir Wouter Tolbathy abhaken können, weil
sich kein halbwegs vernünftiger Mensch Wouter als Komplizen für einen Mord
ausgesucht hätte, denn er hätte damit rechnen müssen, daß Wouter die Sache
irgendwie verpatzen würde. Richtig?«
Jem versuchte seine Stellung zu
verändern, verspürte jedoch einen heftigen Schmerz und begann zu fluchen. »Wenn
ich die Angelegenheit noch einmal ganz nüchtern betrachte, auch wenn ich das
Wort noch so hasse, könnte Wouter möglicherweise doch alles versaut haben.
Wouter litt nämlich gelegentlich an Gichtanfällen.«
»Gütiger Gott«, stöhnte Max. »Daran
habe ich noch gar nicht gedacht. Du willst also andeuten, daß Wouter es
geschafft haben könnte, entweder absichtlich oder zufällig seine Gichtmedizin
unter den Kaviar zu mischen, und daß derjenige, der ihn als Sommelier engagiert
hatte, ihm aus Wut darüber, daß er ihm den Spaß versaut hat, einen Schlag gegen
den Hals versetzte? Habe ich dich richtig verstanden?«
»Klingt doch einleuchtend, oder?«
»Für mich klingt das verflixt
unlogisch. Wenn Wouter tatsächlich die Gäste seines Bruders vergiftet haben
sollte, wäre die einzig angemessene Reaktion darauf gewesen, es den Gästen
mitzuteilen und Brechwurz an alle zu verteilen.«
»Mußt du wirklich so scheußliche Dinge
von dir geben? Bin ich nicht schon krank genug?«
»Du könntest noch verdammt viel kränker
sein«, erinnerte ihn Max mitleidlos. »Jem, hast du mal daran gedacht, daß
vielleicht jemand versucht hat, auch dich umzubringen?«
»Wovon sprichst du überhaupt?«
»Dein Sturz auf der Treppe war nämlich
gar kein Unfall. Egbert und ich haben den Beweis dafür gefunden. Du bist nur
ausgerutscht, weil jemand die Stufen eingewachst und den Strom abgeschaltet
hatte, damit du den Aufzug nicht benutzen konntest. Der angebliche Anruf von Fuzzleys’ war eine Falle, weil der
Anrufer wußte, daß du sofort losrennen würdest wie ein angeschossener
Wasserbüffel, und genau das hast du ja dann auch getan.«
»Aber warum sollte jemand versuchen,
mich umzubringen?«
»Offenbar, um dich von der
Tolbathy-Party fernzuhalten.«
Kapitel
12
»D a bin ich aber platt.«
Merkwürdigerweise schien Jeremy Kelling
an Max’ Mitteilung nicht nur interessiert, sondern fühlte sich sogar
geschmeichelt. »Natürlich. Was sollte man auch anderes erwarten?
Selbstverständlich würde nur ein absoluter Schwachkopf dumm genug sein, in
meiner Gegenwart ein krummes Ding zu drehen.«
»Das hat man mir auch schon
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