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Kabelsalat: Wie ich einem kaputten Kabel folgte und das Innere des Internets entdeckte (German Edition)

Kabelsalat: Wie ich einem kaputten Kabel folgte und das Innere des Internets entdeckte (German Edition)

Titel: Kabelsalat: Wie ich einem kaputten Kabel folgte und das Innere des Internets entdeckte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Blum
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baugleiche Schwesteranlage – 80 Kilometer von einem weiteren gigantischen Google-Rechenzentrum entfernt, das in Lenoir steht.
    Vor meinem Besuch hatte ich mir diese großen Rechenzentren als Fabriken übelster Sorte vorgestellt – als hässliche Flecken auf der jungfräulichen Landkarte. Doch als ich nach Prineville kam, sah ich, wie stark der Ort ohnehin industriell geprägt war, von den gigantischen Wasserkraftwerken der Region bis hin zu den verbleibenden, in der ganzen Stadt verstreuten Gebäuden der Holzindustrie. Der Gedanke, dieses Rechenzentrum verschandle die Landschaft, war absurd. Prineville war seit langem eine Industriestadt – und was es in der derzeitigen Lage dringender brauchte als alles andere, war mehr Industrie. Das Faszinierende war für mich, dass das Rechenzentrum überhaupt hier gelandet war. Dieses gigantische Gebäude, das sich hier im Wüstensalbei niedergelassen hatte, war ein erstaunliches Denkmal dafür, wie vernetzt die Welt heutzutage ist. Dass man dasselbe wie hier in Virginia und im Silicon Valley fand – das war keine Überraschung. Aber die Logik des Netzes hatte dafür gesorgt, dass dieses gewaltige Datenlager, diese riesige Festplatte, ausgerechnet in diesem Städtchen hier in Oregon stand.
    Ken Patchett fand ich an seinem Schreibtisch, in einem offenen, sonnendurchfluteten Büro. Er saß zurückgelehnt in einem Bürostuhl, an dem noch die Etiketten baumelten, hatte die weißen Kopfhörer seines iPhones im Ohr und beendete gerade eine Telefonkonferenz. Bevor er nach Prineville gekommen war, um dieses Rechenzentrum zu leiten, hatte er denselben Job in The Dalles erledigt, aber es fiel mir schwer, ihn mir bei Google vorzustellen. »Dort kam mein Hund leichter an mich ran als meine Familie!«, sagte er. So schweigsam die ganzen Google-Roboter gewesen waren, so ungezwungen war Patchett. Er war extrem extrovertiert, mit einem augenzwinkernden Humor. Als er mit seinen ein Meter dreiundneunzig einen Schutzhelm aufsetzte und mir eine Führung durch die noch nicht fertiggestellten Teile des Gebäudes gab, sah er aus wie einer der Stahlbauarbeiter, die dort zugange waren. Das passte: Seine Aufgabe bei Facebook war nicht, Informationen in eine speicherbare Form zu bringen (zumindest nicht nur), sondern diese gigantische Maschine am Laufen zu halten.
    Patchett wuchs als Kind eines Soldaten auf und lebte zeitweise bei seinen Großeltern, die eine Farm in New Mexico besaßen. Bevor er morgens in die Schule ging, half er, die Kühe zu melken. Vom College ging er ab, als er kein Football mehr spielen konnte. Im Rahmen eines Jobs, bei dem er Maschinen in Sägewerken wartete, kam er im ganzen Land herum. »Wenn Sie über Hackschnitzel reden wollen, dann bin ich genau Ihr Mann«, sagte er. »Und wenn Ihre Hackschnitzel nichts taugen, kann ich Ihnen ein paar Tipps geben, wie sich das ändern lässt.« Der Job führte ihn sogar einmal nach Prineville, wo er als Vierundzwanzigjähriger in der Fabrik des derzeitigen Stadtdirektors eine Hackschnitzelmaschine installierte. Er hatte vier Kinder und war in die Computerbranche eingestiegen, um mehr Geld zu verdienen. Auf einer Jobmesse in Seattle hörte er 1998 von einer Stelle in einem Rechenzentrum von Microsoft, bei der man 16 Dollar die Stunde verdienen konnte. Als er vor Ort eintraf, stellte er fest, dass er dabei helfen sollte, das Rechenzentrum zu bauen – ein Sommer als Stahlbauarbeiter. »Ich bin da reingegangen und dachte mir so: Hey, mit so was kenn ich mich aus! Dann kam so ein Kerl vorbeigestapft, den ich für den Hausmeister oder so hielt, und im nächsten Moment stellte sich heraus, dass ich bei ihm mein Vorstellungsgespräch haben sollte.« Er hatte ein paar technische Kurse absolviert, und der Personaler schaute sich seine Unterlagen an und fragte: »Was soll das bedeuten? Warum sollte ich Sie einstellen?« Das war ihm eine Lehre: »Ich weiß nichts. Ich weiß genug, um mich irgendwie zurechtzufinden, aber was ich aus diesen ganzen Kursen gelernt habe, ist, dass ich nicht genug weiß.«
    Einen Monat später wurde er bei Microsoft Leiter eines Rechenzentrums. »Wie es sich für einen guten Manager gehört, bin ich angekommen und hab erst mal die Wände gestrichen und Plastikblumen aufgestellt.« Danach versetzte Microsoft ihn in das »Global Networking Team«. Die Jahrtausendwende feierte er im obersten Stock des AT & T -Gebäudes in Seattle, mit einem Satellitentelefon in der Hand, für den Fall, dass die Welt unterging. Ein paar

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