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Kabelsalat: Wie ich einem kaputten Kabel folgte und das Innere des Internets entdeckte (German Edition)

Kabelsalat: Wie ich einem kaputten Kabel folgte und das Innere des Internets entdeckte (German Edition)

Titel: Kabelsalat: Wie ich einem kaputten Kabel folgte und das Innere des Internets entdeckte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Blum
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weitere Anweisungen.
    Bei meinem nächsten Besuch im Jahr darauf hatte sich vieles verändert. Das Embassy Suites Hotel war noch da, ebenso wie eine Kirche der Christian Fellowship Church, ein kastenförmiges Gebäude, das eher wie ein Baumarkt aussah. Doch die endlose grüne Wiese hinter dem kompakten Firmengelände von Equinix war nun mit zwei Gebäuden zugebaut, die an gestrandete Flugzeugträger erinnerten. Es handelte sich um riesige neue Rechenzentren, die ein Konkurrent, DuPont Fabros, in eindeutig parasitärer Absicht dort hatte errichten lassen – wie ein Burger King gegenüber eines McDonald’s. Es war der Beweis für die besondere Bedeutung dieses Ortes. Ashburn war das genaue Gegenteil dessen, was das Internet normalerweise zu sein behauptete, und zugleich die Weiterentwicklung von Adelsons anfänglicher Erkenntnis: Während wir uns in der Regel darauf verlassen, dass uns das Internet an jeden beliebigen Ort versetzen kann, war Ashburn zu einem absolut einmaligen Ort geworden – einem Ort, der eine Pilgerfahrt wert war.
    Als ich ankam, hatte ich Schwierigkeiten, den Eingang zu finden. Zum Zeitpunkt meines Besuchs belegte Equinix bereits sechs einstöckige Hallen. Bis Anfang 2012 würden vier weitere hinzukommen, so dass man über eine Gesamtfläche von 65 000 Quadratmeter verfügen würde, was ungefähr der Größe eines zwanzigstöckigen Bürogebäudes entspricht. Der kompakte Gebäudekomplex war rings um einen kleinen Parkplatz angeordnet. Ich konnte keinen vernünftigen Eingang und keinerlei Schilder entdecken, nichts als nackte Stahltüren, die wie Notausgänge wirkten. Doch der Parkplatz war voll. Ich folgte einfach irgendwem in den Empfangsbereich des nächstbesten Gebäudes, das sich jedoch schnell als das falsche herausstellte. Als ich dann endlich Dave Morgan gefunden hatte, der für den Komplex verantwortlich war, sah der überhaupt keinen Grund, sich zu entschuldigen. Ganz im Gegenteil, die Unübersichtlichkeit war Programm. Die Kunden fänden diese Anonymität sehr beruhigend, »außer vielleicht beim allerersten Besuch«. Dann gab er mir noch einen kleinen Tipp für den Fall, dass ich mich auf der Suche nach dem Internet mal wieder verlaufen sollte: Einfach nach der Tür mit dem Aschenbecher daneben Ausschau halten.
    Die Eingangshalle war mit Halogenspots effektvoll ausgeleuchtet. Es gab luxuriöse Wartesessel, ein uniformiertes Wachmannduo hinter Panzerglas und einen großen Fernsehbildschirm, auf dem CNN lief. Troyer erwartete mich bereits. Er war extra von Kalifornien hierher geflogen, um die Führung persönlich zu übernehmen. Zum ersten Mal hatte er als Netzwerktechniker von Cablevision hier zu tun gehabt, einem New Yorker Kabelnetzbetreiber (dem auch meine von Eichhörnchen angenagte Leitung gehörte). Cablevision hatte schon immer die Nase vorn gehabt, wenn es darum ging, den Kunden schnellere Verbindungen anzubieten, und hatte daher jede Menge Traffic zu bewältigen. Troyers Aufgabe war es, das besonders effizient und so kostengünstig wie möglich zu tun. Er erweiterte Cablevisions Backbone um eine Verbindung von New York hierher, um sich mit möglichst vielen Netzen direkt zu verbinden und so die Kosten für die Zwischenhändler zu sparen, die sogenannten Transitnetze. Für Cablevision war es wesentlich billiger, eine eigene Röhre bis ins entfernte Virginia zu mieten, als ausschließlich auf die lokalen Möglichkeiten (ausgerechnet) in New York angewiesen zu sein. Das Internet hat eben eine ganz eigene Geographie. (Nicht, dass man dafür irgendwelche Gräben ausheben musste; Cablevision mietete einfach Kapazitäten in einer bereits bestehenden Glasfaserleitung.) »So sehen es die meisten großen Netzbetreiber«, erklärte uns Troyer. »Wo kann ich die Daten meines Netzwerks physisch – geographisch – hinschicken, um mir die meisten Möglichkeiten zu eröffnen?« Oder um noch einmal den Röhrenvergleich zu bemühen: »Wohin kann ich meine Daten verschieben, um über die meisten Röhren zu verfügen, über die ich sie auf dem kürzesten Weg weiterschicken kann?« Vor eben diesem Problem standen die Netzbetreiber, die in der Tortilla Factory (gleich um die Ecke) beschlossen, in den MAE -East zu ziehen. Und Adelson in seiner Zeit bei Netcom genauso. Für uns alle, die wir vor unseren Computerbildschirmen sitzen, funktioniert das Internet nur, weil alle Netzwerke irgendwie miteinander verbunden sind. Aber wo werden diese Verbindungen konkret hergestellt? Und hier lautet die

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