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Kabelsalat: Wie ich einem kaputten Kabel folgte und das Innere des Internets entdeckte (German Edition)

Kabelsalat: Wie ich einem kaputten Kabel folgte und das Innere des Internets entdeckte (German Edition)

Titel: Kabelsalat: Wie ich einem kaputten Kabel folgte und das Innere des Internets entdeckte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Blum
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Antwort in erster Linie: in Ashburn.
    Bei Equinix ist Troyer ein »Netzwerker« auf der sozialen Ebene. Er baut Kontakte zu Leuten auf, zu denen er früher selbst gehört hat: Netzwerktechniker, die für große Internet-Netzwerke zuständig und stets auf der Suche nach Orten sind, die es ihnen ermöglichen zu expandieren, ohne auf neue Zwischenhändler angewiesen zu sein. Das liegt ihm, einem eher extrovertierten Typ unter lauter Introvertierten. Er wäre bestimmt auch als Verkäufer von Sendezeit oder Investmentfonds in seinem Element, Hauptsache, es ginge um etwas ähnlich Abstraktes und Kostspieliges. Doch gelegentlich schaltet er vom jovialen Geschäftsmann auf Internetfreak um und verfällt, mit vom Bemühen um Präzision sichtlich angespanntem Kiefer, in einen Monolog über technische Protokolle und Spezifikationen. Selbst die umgänglichsten Netzwerker wittern den Freak, der in ihm steckt. In der Equinix-Zentrale im Silicon Valley, wohin er von seinem Wohnort San Francisco aus pendelt, ist Troyer sicher nicht der Einzige von der Sorte. Nachdem Adelson das Unternehmen verlassen hatte, war er eine Zeit lang von New York aus zu seinem Arbeitsplatz bei Digg gependelt und hatte im Mission District von San Francisco mit Troyer in einer Zweck- WG gewohnt. Das Internet ist eine kleine Welt.
    Und – so zumindest schien es an jenem Vormittag in Ashburn – eine sichere. Um in das Gebäude hineinzugelangen, musste man eine ausgefeilte Identifizierungsprozedur durchlaufen. Morgan hatte im Computersystem schon im Vorfeld eine »Eintrittskarte« für mich hinterlegt, die die beiden Wachleute hinter ihrer Panzerglasscheibe sorgfältig mit meinem Führerschein verglichen. Dann tippte Morgan einen Code in ein Tastenfeld neben einer Metalltür und legte die Hand auf einen biometrischen Scanner, der wie der Händetrockner in einer Flughafentoilette aussah. Nachdem der Scanner bestätigt hatte, dass die Hand auch wirklich zu ihm gehörte, schnappte das Elektronikschloss auf. Wir drei schoben uns in einen Raum von der Größe einer Aufzugkabine, eine sogenannte Personenschleuse, und die Tür schloss sich hinter uns. Diese »Menschenfalle« war eine von Adelsons Lieblingsspielereien und ging auf seine anfängliche Vision für Equinix zurück. »Wenn ich das Geschäft mit einer japanischen Telekomgesellschaft unter Dach und Fach bringen will, dann muss ich, um genug Eindruck zu schinden, mindestens zwanzig Leute durch dieses Gebäude führen können«, war seine Erklärung dazu. Und da sollte alles möglichst »cybermäßig« wirken, wie Adelson gern sagte. Mithilfe einer solchen Personenschleuse ließ sich nicht nur kontrollieren, wer im Gebäude aus- und einging, sondern sie sollte wohl auch für einen Hauch von Nervenkitzel sorgen. Ein paar langsam verstreichende Sekunden lang blickten wir drei in die Überwachungskamera, die oben aus einer Ecke hervorlugte, und lächelten den unsichtbaren Sicherheitsleuten schmallippig zu. Ich nutzte die Gelegenheit, um die Wände zu bewundern, die ein australischer Künstler mit von hinten beleuchtetem, blauem, gewelltem Glas verkleidet hatte. Man findet es in allen frühen Equinix-Rechenzentren. Dann öffneten sich nach einer langen, dramatischen Pause mit einem ordentlichen Zischen die Luftschleusentüren, und wir wurden in den inneren Eingangsbereich entlassen.
    Auch hier sah es ziemlich cybermäßig aus. Die hohe Decke war wie in einem Theater schwarz gestrichen und verschwand in der Dunkelheit. Punktstrahler hinterließen kleine Lichtpfützen auf dem Fußboden. »Ein bisschen wie Vegas«, meinte Troyer. »Weder Tag noch Nacht.« Es gab eine Küche, Snackautomaten, eine Reihe von Spielautomaten sowie eine lange Theke wie im Business Center eines Flughafens, mit Strom- und Ethernetanschlüssen, an der sich Techniker für eine Weile häuslich niederlassen konnten. Fast alle Plätze waren belegt. Viele Kunden schicken ihr Equipment voraus und zahlen für den »Smart Hands«-Service von Equinix, damit bei ihrem Eintreffen bereits alles »vorverdrahtet« ist. Doch es gibt auch Techniker, die hier als «Serverfreaks« bezeichnet werden, weil sie freiwillig oder notgedrungen fast ständig da sind und ganze Tage hier verbringen. »Das sind die Stammkunden, die sich hier auf ihren Hocker schwingen wie Norm in der Fernsehserie Cheers «, erzählte Troyer und deutete mit dem Kopf auf einen korpulenten Typen in Jeans und schwarzem T-Shirt, der ganz in seinen Laptop versunken war. »Das heißt aber

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