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Kabelsalat: Wie ich einem kaputten Kabel folgte und das Innere des Internets entdeckte (German Edition)

Kabelsalat: Wie ich einem kaputten Kabel folgte und das Innere des Internets entdeckte (German Edition)

Titel: Kabelsalat: Wie ich einem kaputten Kabel folgte und das Innere des Internets entdeckte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Blum
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Aufmerksamkeit anderer Netzwerktechniker zu erregen. Meistens ist es allerdings ein virtuelles Schild: eine Liste auf der Website Peering DB .com, oder einfach eine eigene Informationsseite, wie Facebook sie hat.
    Die Seite Facebook.com/peering ist weder passwortgeschützt noch ist sie in einer firmeneigenen Datenbank versteckt. Jeder kann sie aufrufen – genau wie die Urlaubsfotos der Cousine. Ganz oben steht eine kurze Beschreibung von Facebook (vermutlich für den Fall, dass ein Peering-Koordinator vom Mars vorbeischaut): »2004 gegründet, ist Facebook ein soziales Netzwerk, über das Menschen die Kommunikation mit ihren Freunden, Verwandten und Kollegen effizienter gestalten können.« Dann folgen Informationen zur »Peering Policy«: »Im Interesse unserer Millionen Kunden auf der ganzen Welt verfolgen wir eine offene Peering-Strategie und freuen uns über jede Gelegenheit zum Datenaustausch mit vertrauenswürdigen BGP -Speakern.« Ein »vertrauenswürdiger Border-Gateway-Protokoll-Speaker« weiß, wie man einen großen Internetrouter konfiguriert, und kann die Sache schnell wieder in Ordnung bringen, wenn er mal Mist gebaut hat. Durch diese »offene Peering-Strategie« ist Facebook eine klassische Peering-Schlampe, die für jeden zu haben ist. Darunter findet sich eine Tabelle, aus der man entnehmen kann, wo man sich mit Facebook vernetzen kann: eine Liste mit 16 Städten auf der ganzen Welt, dem jeweiligen Internetknoten, seiner IP -Adresse (sozusagen die Postanschrift im Internet) und seiner Kapazität.
    Als ich – in einer Kaffeepause auf dem NANOG -Treffen – die Liste von Facebook zum ersten Mal sah, bekam ich ziemlich große Augen. Seit Monaten redete ich nun mit Netzwerktechnikern und Netzbetreibern, befragte sie zu den wichtigsten Orten des Internets, versuchte mir ein Bild davon zu machen, wo genau ich nach dem Internet suchen sollte. Und jetzt stellte sich heraus, dass das für jeden zugänglich im Internet stand – zumindest aus der Sicht von Facebook (der Website, die nach Google weltweit am zweithäufigsten aufgerufen wird).
    Dabei ist es nicht Facebook selbst, das seine Seiten in die Wohnungen, Büros und auf die Smartphones der Menschen überträgt; das lässt Facebook von anderen Netzwerken erledigen. Auf dieser Seite hier stand: Wenn Sie ein solches Netzwerk betreiben und »vertrauenswürdig« sind, vernetzt sich Facebook mit Ihnen, entweder direkt (über ein Kabel von Router zu Router wie beim PA IX oder in Ashburn) oder über einen zentralen Switch (wie sie in den großen Internetknoten zu finden sind). Je mehr Verbindungen, umso besser für Facebook, und deshalb sind diese Informationen für jeden zugänglich, genau wie eine Fluggesellschaft wie American Airlines bereitwillig darüber Auskunft gibt, welche Flughäfen sie anfliegt. Nehmen wir also an, Sie sind ein kleiner Internetanbieter aus Harrisburg in Pennsylvania, stellen fest, dass ein erheblicher Teil Ihres Traffics von Facebook stammt, und verfügen ohnehin über Datenleitungen nach Ashburn – dann sollten Sie sich unbedingt überlegen, ob Sie nicht mal wegen einer direkten Verbindung anfragen sollen. Der Peering-Koordinator von Facebook hat höchstwahrscheinlich nichts dagegen. Und Ihre Kunden werden sich bald wundern, warum es kaum Seiten gibt, die sich schneller aufbauen als die von Facebook.
    Das Aufschlussreichste an der Peering-Liste von Facebook ist jedoch, wie kurz sie ist. Die großen Weltstädte, wie New York, Los Angeles, Amsterdam (mit dem AMS - IX ), Frankfurt (mit dem DE - CIX ), London (mit dem LINX ), Hongkong und Singapur, hätte man erwartet, und auch die großen Städte in den USA – Chicago, Dallas, Miami und San José – sind bei einem amerikanischen Unternehmen keine Überraschung. Aber die kleinen amerikanischen Städte machen die einzigartige Geographie des Internets besonders deutlich. Wann wird Ashburn in Virginia schon mal in einem Atemzug mit London oder Hongkong genannt? Oder Palo Alto? Bis vor kurzem hatte das Städtchen Vienna in Virginia, ein Nachbarort von Tysons Corner, noch genügend Gewicht, um Kunden anzuziehen – inzwischen ist es von der Liste verschwunden. Zum Teil orientiert sich die geographische Verteilung dieser Gebäude natürlich an globalen Trends: Das Internet folgt seinen Nutzern, sprich uns allen, dorthin, wo wir wohnen. Aber wenn man in diese Landkarte hineinzoomt, dann treten an die Stelle dieser allgemeinen Entwicklungen die spontanen Entscheidungen einer kleinen Gruppe

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