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Kabelsalat: Wie ich einem kaputten Kabel folgte und das Innere des Internets entdeckte (German Edition)

Kabelsalat: Wie ich einem kaputten Kabel folgte und das Innere des Internets entdeckte (German Edition)

Titel: Kabelsalat: Wie ich einem kaputten Kabel folgte und das Innere des Internets entdeckte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Blum
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annähert, hat der DE - CIX dortige Internetanbieter aggressiv umworben und ihnen Verbindungen zu Netzwerken von überall auf der Welt angeboten – günstiger als London oder Ashburn, und mit einem breiteren Spektrum an globalen Netzbetreibern obendrein, vor allem aus Asien und dem Nahen Osten. Nicht, dass diese Staaten so wahnsinnig großen Kommunikationsbedarf mit Frankfurt hätten – aber Frankfurt ist nun einmal der Ort, an dem sie, nicht zuletzt aufgrund des DE - CIX , am einfachsten etwas vom Rest der Welt mitbekommen. Hier findet sich die Infrastruktur für die Kommunikation über große Entfernungen hinweg. Am Main laufen die wichtigsten europäischen Glasfaserleitungen zusammen, und so profitiert Frankfurt einmal mehr von seiner zentralen geographischen Lage, die auch den Frankfurter Flughafen zu einem der größten Drehkreuze Europas gemacht hat. Vor allem aber folgen die Internetbetreiber der wirtschaftlichen Logik, nach der es immer günstiger und verlässlicher ist, an einen großen Knotenpunkt »anzuknüpfen«, als auf jemanden angewiesen zu sein, der einem alles frei Haus liefert. Und diese Logik entwickelt rasch eine Eigendynamik.
    Die im winzigen Emirat Katar am Persischen Golf beheimatete Qatar Telecom zum Beispiel hat Brückenköpfe in einer Reihe von uns bestens vertrauten Orten auf der ganzen Welt eingerichtet: Ashburn, Palo Alto, Singapur, London, Frankfurt und Amsterdam. Qatar Telecom bietet Unternehmen die Übertragung von Telefongesprächen und privaten Daten an, aber in puncto öffentlicher Internettraffic wäre es zweifellos das Einfachste gewesen, für den Transit bis vor die eigene Haustür einen der großen internationalen Netzbetreiber zu bezahlen – vielleicht den indischen Konzern Tata, der über stabile Leitungen zum Persischen Golf verfügt. Auf diese Weise hätte man das Geschäft mit der Internetanbindung Katars jedoch anderen überlassen. Daher hat die Qatar Telecom an den großen Internetknoten lieber ihre eigenen Router installiert und eigene Glasfaserleitungen bis an den Golf gemietet. Kein Wunder, dass die Konkurrenz zwischen den Internetknoten groß ist. Alle bemühen sich um mehr Peering-Traffic – und hier in Frankfurt war man dabei ziemlich erfolgreich.
    Nach dem Mittagessen war es an der Zeit, die Technik in Augenschein zu nehmen. Nipper fuhr mit mir in seinem kleinen Kombi am Fluss entlang nach Osten, zu einer schmalen Straße in einem mit alten, gedrungenen Lagerhäusern dicht bebauten Viertel. Das Herzstück des DE - CIX , der zentrale Switch, befindet sich in einem Rechenzentrum des Unternehmens Interxion, einem europäischen Konkurrenten von Equinix. Als Interxion 1998 gegründet wurde, war DE - CIX eine der ersten Firmen, die hier Technik installiert hat (und es ist bis heute der einzige Internetknoten unter den Mietern). Im Vergleich zur vorstädtischen Großzügigkeit in Virginia war der Parkplatz klein und gepflegt, mit Kopfsteinpflaster und fein säuberlich geschnittenen Büschen. Begrenzt wurde er von niedrigen, weißen Gebäuden voller Überwachungskameras. Nipper quetschte sein Auto in eine Parklücke neben einen metallic-grauen Lieferwagen mit der Aufschrift »Fibernetworks«. Die Hecktüren standen offen und gaben den Blick auf ein Regal voller Werkzeuge frei. Ein Stück weiter jagte ein Arbeiter mit rotem Schutzhelm einen Presslufthammer in den Boden, während zwei Techniker damit beschäftigt waren, einen automatischen Türöffner auseinanderzubauen.
    »Wie Sie sehen, gehen die Geschäfte gut«, sagte Nipper und wies mit dem Kopf auf die Baustelle. Ich fragte ihn, ob er ein großer Kunde sei. »Wir sind ein wichtiger Kunde«, korrigierte er mich kühl. Internetknoten dienen als Lockvögel und werden deshalb gut behandelt; oft zahlen sie in Rechenzentren nicht einmal Miete. Wir mussten auf jemanden warten, der uns ins Gebäude eskortiert, und Nipper bemerkte, dieses Sicherheitsgetue sei völlig übertrieben. »Es ist schließlich nur ein Netzwerkknoten«, sagte er. »Wissen Sie, die Daten sind hier nur auf der Durchreise. Wir reden ja nicht vom Backup-Server einer Bank, auf dem Daten gespeichert sind – so etwas muss wirklich gut gesichert sein. Wenn der Switch hier komplett ausfällt, bleibt das zwar nicht ohne Folgen für das Internet, aber wahrscheinlich geht keine einzige E-Mail verloren. Ihr Browser hängt vielleicht ein, zwei Sekunden, dann wird alles umgeleitet.« Der zentrale Switch von DE - CIX ist so konstruiert, dass im Falle eines Falles

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