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Kabelsalat: Wie ich einem kaputten Kabel folgte und das Innere des Internets entdeckte (German Edition)

Kabelsalat: Wie ich einem kaputten Kabel folgte und das Innere des Internets entdeckte (German Edition)

Titel: Kabelsalat: Wie ich einem kaputten Kabel folgte und das Innere des Internets entdeckte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Blum
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hatte versucht, mich für diesen Moment zu wappnen – für den möglicherweise banalen Anblick eines völlig unscheinbaren schwarzen Kastens. Mir war zumute wie bei einem Besuch in Gettysburg: Man sieht nichts als ein paar Felder. Der Gegenstand vor meinen Augen war real, greifbar und doch vollkommen abstrakt, war gegenständlich und unergründlich zugleich. Diese Maschine, das hatte ich in Austin gelernt, war eine der wichtigsten des Internets, das Herzstück eines der größten Internetknoten, aber man merkte ihr diese Wichtigkeit nicht an. Ihre Bedeutung musste aus mir heraus kommen.
    Ich musste an eine eindrückliche Szene in der seltsamen, in der dritten Person verfassten Autobiographie Die Erziehung des Henry Adams denken, in der sein Besuch auf der Weltausstellung in Paris im Jahr 1900 beschrieben wird. Adams begegnete dort eine erstaunliche Erfindung: die »Dynamomaschine«, der elektrische Generator. Die Konfrontation mit dieser Technik raubt ihm den Atem. Für andere, schreibt Adams, mochte »die Dynamomaschine selbst nur ein sinnreicher Apparat [sein], der die in ein paar Tonnen Kohle gebundene Wärme aus einem schmutzigen, dem Blick sorgfältig verhüllten Maschinenhaus irgendwohin leitete; aber für Adams wurde sie zu einem Gleichnis der Unendlichkeit .« Adams empfand die Maschine »als eine moralische Kraft […], ähnlich wie die frühen Christen das Kreuz empfanden.« Er fährt fort: »Die Erde selbst schien ihm in ihrer altmodischen, bedächtigen jährlichen oder täglichen Umdrehung weniger eindrucksvoll als dieses ungeheure Rad, das sich in Armesentfernung mit schwindelerregender Geschwindigkeit drehte, fast lautlos, nur eine kaum hörbare Warnung summend, daß man aus Achtung vor seiner Kraft einen Schritt zurücktrete«. Was Adams den größten Schrecken einjagte, war jedoch nicht das Geheimnisvolle oder die Kraft dieser Maschine, sondern dass sie so eindeutig einen »unergründlichen Bruch« markierte, wie er es ausdrückt. Der Generator war das Symbol dafür, dass er sein Leben in zwei verschiedenen Zeitaltern gelebt hatte, dem vormodernen und dem modernen. Er markierte den Beginn einer neuen Welt. 31
    Genauso ging es mir mit dieser Maschine im Zentrum des Internets. Ich bin überzeugt davon, dass das Netz die Welt verändert. Aber mir haben schon immer die greifbaren Symbole für diesen Wandel gefehlt. Das Internet ist arm an Denkmälern. Der Bildschirm ist ein leeres Gefäß, eine Hülle, die hinter dem Inhalt völlig zurücktritt. Aus Sicht des Nutzers ist das Gerät, das ihm Zugang zum Internet verschafft – sei es ein iPhone, ein Blackberry, ein Laptop oder ein Fernseher – völlig austauschbar. Doch der DE - CIX war meine Dynamomaschine – ein Symbol der Unendlichkeit, durch das pro Sekunde achthundert Milliarden Bit an Daten pulsieren. ( Achthundert Milliarden! ) Sie war lauter und kleiner als die von Adams, und sie war nicht in einer prachtvollen Halle ausgestellt, sondern hinter einem halben Dutzend abgeschlossener Türen versteckt. Und doch war sie ein Symbol für das neue Jahrtausend, machte die Veränderungen in unserer Gesellschaft greifbar. Seit meiner Begegnung mit dem Eichhörnchen in meinem Hinterhof hatte ich einen weiten Weg hinter mir – nicht nur gemessen an den vielen Meilen, die ich auf dem Weg von der Peripherie ins Zentrum des Netzes zurückgelegt hatte, sondern auch was meine Vorstellung von der virtuellen Welt betraf.
    Die Wachfrau trat ungeduldig von einem Bein auf das andere. Nipper und ich gingen um die Maschine herum zur Rückseite, wo leistungsstarke Lüfter die Hitze wegpusteten, die von der Anstrengung herrührte, die vielen Bits, die vielen kleinen Bruchstücke von uns allen, in Richtung ihres Bestimmungsorts weiterzuleiten. Der heiße Luftstrom blies mir ins Gesicht, und meine Augen begannen zu tränen. Dann schloss Nipper den Serverkäfig ab, und wir eilten zur Tür hinaus.
    Auf der Rückfahrt zum Büro von DE - CIX fragte mich Nipper, ob ich zufrieden sei. Hatte die Führung meinen Erwartungen entsprochen? Ich war auf der Suche nach dem Echten inmitten des Virtuellen – nach etwas Echterem als Bits und Pixeln –, und das hatte ich gefunden. Doch nagte der Gedanke an mir, dass diese eine Maschine sich kaum von so vielen anderen unterschied. Dass sie trotz ihrer Einzigartigkeit im Grunde belanglos war. Ich war überzeugt, dass dieser eine Kasten wichtiger war als andere, aber ich wurde das Gefühl nicht los, dass ich damit ziemlich allein auf weiter

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