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Kabelsalat: Wie ich einem kaputten Kabel folgte und das Innere des Internets entdeckte (German Edition)

Kabelsalat: Wie ich einem kaputten Kabel folgte und das Innere des Internets entdeckte (German Edition)

Titel: Kabelsalat: Wie ich einem kaputten Kabel folgte und das Innere des Internets entdeckte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Blum
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herumliegendes gelbes Glasfaserkabel und steckte es am »Monitor«-Ausgang eines Gerätes ein. Dann schloss er das andere Kabelende an ein Spektrometer an, ein Gerät, das an einen Videorekorder erinnerte, mit einem Bildschirm, auf dem man den Schwingungsverlauf des einkommenden Lichts ablesen konnte wie bei einem EKG , ohne das Signal zu verändern. »Ich stelle mir das Ganze gern als einen großen Wackelpudding vor«, kommentierte er den Bildschirminhalt. »Wenn man die hier runterdrückt« – er deutete auf eine der Wellen –, »gehen alle anderen nach oben. Letztlich geht es darum, mit diesem Wackelpudding so lange herumzuprobieren, bis alle Wellen einen möglichst guten Wert erreichen.« Die Technologie wird als »Wellenlängenmultiplexverfahren« bezeichnet. Sie ermöglicht es, mehrere Wellenlängen, sprich Farben, gleichzeitig durch eine einzige Glasfaser zu schicken. Jede Glasfaser kann mit Dutzenden solcher Wellen »befüllt« werden – von denen jede zehn, zwanzig oder sogar vierzig Gigabit Daten überträgt. Zu den Aufgaben Palings gehörte es, die Laser so einzustellen, dass mehr Wellenlängen in ein Kabel passten. Man kann sich das vorstellen wie die Feinabstimmung bei einem Akkord, in dem die Töne perfekt miteinander harmonieren.
    Theoretisch kann man das von überall aus erledigen, aber Paling saß gern direkt neben der Maschine, so dass er das Licht auf dem Spektrometer sehen konnte. Mitunter wurde die Aufgabe dadurch erschwert, dass jede Bewegung des Kabels auf dem Meeresgrund den Strom des Lichtes beeinflussen und unter Umständen völlig durcheinanderwirbeln kann, wie atmosphärische Störungen einen alten Fernseher. Wenn Paling alles justiert hatte, führte er einen »Zuverlässigkeitstest« des Kabels durch, indem er künstlichen Traffic generierte und diesen »dreißig Mal oder so zwischen hier und Amerika hin und her« schickte. Die technische Entwicklung schritt rasend schnell voran. Am Tag meines Besuchs war eines der Glasfaserpaare »stillgelegt« und wurde auf das nächste Upgrade vorbereitet. Neues Equipment sollte die Kapazität des Kabels erhöhen, so dass mehr 20-Gigabit-Wellenlängen darin untergebracht werden konnten.
    »Im Augenblick ist das also ›Dark Fiber‹? Die Glasfasern sind völlig dunkel?«, fragte ich.
    »Nein, nicht dunkel«, sagte Paling. »Wir nennen es ›dim‹, ›halbdunkel‹. Die Verstärker stehen unter Strom, also kommt es zu ASE « – verstärkter spontaner Emission. »Eine Art Rauschen. Würde man ein Spektrometer anschließen, so könnte man Lichtwellen sehen. Aber das ist nur das Hintergrundrauschen.« Ein Flackern.
    Während Paling mir all das erklärte, öffnete er geistesabwesend eine Schutzklappe aus Plastik und tippte mit dem Finger eine der »erleuchteten« Glasfasern an. Europa, ja der gesamte Osten, war von Millionen und Abermillionen Glasfasern durchzogen. Sie liefen an unterschiedlichen Punkten zusammen und wurden immer stärker gebündelt, bis sie sich schließlich im Telehouse vereinten und in einem dicken Bündel hierher führten. Der letzte Schritt in der Vereinigung war an den gelben Kabeln abzulesen, die an dieser Maschine angeschlossen waren: Viele Glasfasern führten auf der einen Seite hinein, aber auf der anderen Seite kamen nur vier heraus. Diese vier traten die Reise unter den Ozean hindurch an. Am Ende eines Kapillarsystems von kontinentalen Ausmaßen waren das hier die dicksten Adern – nicht im wörtlichen Sinne, ganz im Gegenteil, aber bezüglich dessen, was sie enthielten. Es war kurz vor zwölf. In Europa waren die Börsen geöffnet, New York wachte gerade auf. Palings Lippen bewegten sich, aber ich konnte nichts anderes wahrnehmen als seinen Finger, der die Glasfaser antippte. So nahe würde ich einer physischen Verbindung über den Atlantik nie wieder kommen – es sei denn, ich würde ein U-Boot mieten.
    Unser letzter Halt führte uns zum anderen Ende des Flurs. Wir hatten gesehen, wo das Kabel aus der Erde kam und mit den Maschinen verbunden war, die für die Übertragung sorgten. Jetzt warfen wir noch einen Blick auf den sogenannten Backhaul, die Verbindungen zwischen dieser Station und dem Rest von England. Ein Serverschrank trug das Etikett »Slough«, ein langweiliger Londoner Vorort unweit von Heathrow, in dem Equinix sein größtes britisches Rechenzentrum betreibt (und wo die Sitcom The Office spielt, das Vorbild für die deutsche Serie Stromberg ). Der Schrank daneben hatte die Aufschrift »Docklands«. So groß

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