Kabine 14: Ein Kitzbühel-Thriller (German Edition)
Funkeln nicht, das hinter Annas Pupillen lauerte. Er musste achtgeben. Seine Partnerin besaß eine gewisse Neigung zu spontaner Überreaktion; eine gefährliche Eigenschaft bei Ermittlungen.
„Es kann eine Menge Gründe geben, weshalb er einen falschen Namen angegeben hat“, wandte Bernhard ein.
Anna verzog die Mundwinkel. „Das meinst du nicht ernst, oder? Hast nicht du behauptet, Zufälle gibt es keine? Erst recht nicht bei Ermittlungen zu einem Mordfall?“
Erwischt
, dachte Bernhard und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Anna besaß ein hervorragendes Gedächtnis. „Stimmt“, gab Bernhard zu. „Ich spreche nur sämtliche Möglichkeiten an. Natürlich bin ich deiner Meinung, aber wir dürfen nichts überstürzen.“
„Nichts überstürzen?!“, fuhr Anna auf. „Das Schwein hat unzählige Frauen auf dem Gewissen!“
„Beruhige dich. Ich gebe dir ja recht. Aber mit Mutmaßungen wurde noch kein Täter hinter Gitter gebracht. Momentan beruht unser Verdacht allein auf den Beobachtungen einer alten Dame. Du weißt, wie unzuverlässig Zeugen sein können. Wir brauchen Fakten. Beweise. Solange wir die nicht haben, gilt, wie du weißt, die Unschuldsvermutung.“
Anna knirschte mit den Zähnen. Bernhard empfand Mitgefühl. Er wusste, dass bei seiner Partnerin persönliche Gefühle mitschwangen; wahrscheinlich, weil sich der Mörder ausschließlich an Frauen vergriff und ihnen jene unvorstellbaren Verstümmelungen zufügte. Wäre er selbst eine Frau, würde er vielleicht ähnlich reagieren.
Bernhard erhob sich von seinem Stuhl. Er brauchte Bewegung, das regte seine Gehirnzellen an. Erneut hatte er die Empfindung, etwas zu übersehen. Das Gefühl war stärker als letztes Mal. Und wieder konnte er nicht sagen, was es war.
Verdammte Intuition
, dachte er.
Seilbahn GmbH Kitzbühel, vor dem Besprechungsraum
Sonntag, 7. Januar, 08:33 Uhr
„Ich habe mit Herbert telefoniert“, sagte Georg.
„Und?“
„Wir haben doppeltes Glück. Wegen der drohenden Lawinengefahr wurde seine Staffel schon gestern nach Salzburg verlegt. Und momentan ist er nicht im Einsatz. Das heißt, er könnte die Bergung übernehmen, sofern er die entsprechende Weisung erhält.“
„Mit was für einem Helikopter will er fliegen?“, erkundigte sich Benjamin. „Ich bezweifle stark, dass die Maschine bei den Böen stabil bleibt.“
„Herbert hat gemeint, eine Augusta Bell. Das ist ein flexibler Mehrzweck-Hubschrauber, der mit einer Zwei-Mann-Besatzung auskommt. Außerdem einer der robustesten Helikopter überhaupt.“
„Wie lange würde er nach Kitzbühel brauchen?“
„Zwanzig Minuten, maximal. Der Hubschrauber steht in Bereitschaft, theoretisch könnten sie in zehn Minuten starten.“
Franz verschränkte die Arme. „Das bedeutet, wir müssten das Bundesministerium um eine Genehmigung bitten beziehungsweise in der Landeswarnzentrale einen Helikopter anfordern. Nur ich fürchte, die werden uns bei dem Wetter eine Absage erteilen.“
Georg nickte geflissentlich. „Gut möglich. Deshalb würde ich die Bürgermeisterin mit einbeziehen. Sie soll den Landeshauptmann einschalten. Der kann intervenieren. Auch sollten wir auf Herbert, seine Erfahrung und Einsatzbereitschaft verweisen.“
„Hm.“ Franz schloss die Augen und rieb sich das Nasenbein. „Könnte klappen. Versuchen wir es.“
Seilbahn GmbH Kitzbühel, Eingangshalle
Samstag, 6. Januar, 08:35 Uhr
„Wie bitte?!“ Stefanie wollte ihren Ohren nicht trauen.
„Doch, es stimmt.“ Ernst nickte eifrig. „Auch der stellvertretende Betriebschef hat es bestätigt.“
„Wann?“
„Während du auf der Toilette warst, um dich schön zu machen, Süße.“
Stefanie verdrehte die Augen. Wie üblich hatte sie das Wichtigste verpasst. Die Bergung der Passagiere war abgebrochen worden. „Was haben die Verantwortlichen jetzt vor?“
„Wissen sie selbst noch nicht. Dieser glatzköpfige Riese hat gemeint, wir werden informiert, sobald es Neuigkeiten gibt.“
„Pah!“, meinte Stefanie verächtlich. „Die geben uns höchstens Bescheid, wenn alles vorüber ist. Nein, so läuft das nicht.“
„Okay.“ Ernst verzog spöttisch die Lippen. „Und was willst du tun? Aus deiner heißen Spitzenunterwäsche ein Seil für die Eingeschlossenen flechten?“
Stefanie ballte ihre Hände zu Fäusten. „Nein“, fauchte sie. „Ich lasse mich nicht so leicht abspeisen. Schon gar nicht, wenn dieser Feigling seinen Stellvertreter schickt.“
„Wenn du meinst.“ Ernst wirkte
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