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Kabine 14: Ein Kitzbühel-Thriller (German Edition)

Kabine 14: Ein Kitzbühel-Thriller (German Edition)

Titel: Kabine 14: Ein Kitzbühel-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mortimer M. Müller
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klebten zwei Objekte am Himmel, wie Fliegen auf einer Mauer. Die Gondel glich einem dunklen Farbklecks, der darüber schwebende Helikopter war nicht mehr als ein formloser Schatten. Das Geräusch der schlagenden Rotorblätter drang erst jetzt in Franz’ Bewusstsein.
    Schemen in einem Ozean aus Nichts
, dachte er und zog fröstelnd die Schultern hoch.
    Hinter sich vernahm Franz die Stimmen von Andreas und Stefanie. Sie sprachen miteinander. Die Worte ihrer Unterhaltung blieben ihm verborgen, nicht aber der Tonfall. Es klang wie ein Schäkern.
    Das Gefühl von Freiheit verflog. Schlagartig fühlte sich Franz von gähnender Leere erfüllt.
    „Fahren wir!“, rief er ungehalten und ließ den Motor seines Schneemobils aufheulen.

Schiregion Kitzbühel, 3S-Bahn, Kabine 14
Sonntag, 7. Januar, 09:23 Uhr
    Die Kabinentüren schwangen lautlos auf. Eine stürmische Böe fauchte herein, glitzernde Schneekristalle tanzten durch den Raum. Mehrere der nummerierten Zettel wurden aufgewirbelt und verschwanden nach draußen. Der Wind erfasste auch die beiden Leichen. Unvermittelt sah es so aus, als würden sie zu neuem Leben erwachen: Die Kleider flatterten, eine Hand rutschte zur Seite. Doris’ leblose Gesichtszüge wandten sich Emma zu. Ein stiller Vorwurf lag darin. Für eine Sekunde war es, als würde sich Doris’ Abbild auflösen und verwandeln; als sehe Emma ein anderes Gesicht. Ihr eigenes.
    Emma kniff hastig die Augen zusammen.
    Ganz ruhig
, dachte sie und umfasste ihren Oberschenkel.
Das sind nur die Nerven
.
    Wie alle anderen war sie an die Gondelrückseite zurückgewichen. Sie hatte die Fünf gezogen. Die
Goldene Mitte
, hätte man sagen können. Oder aber: Eine Zahl, die viel zu weit von der Eins entfernt lag. Wenn ihre Einschätzung stimmte, würde sie sich wenigstens zwei Stunden gedulden müssen, bis sie an die Reihe kam. Eine verdammt lange Zeit.
    Die Gestalt eines Mannes schob sich von oben vor die Türöffnung, hantelte sich den Türstock entlang und zog sich mit einer schwungvollen Bewegung in das Innere der Gondel. Das musste Benjamin sein. Der Mann besaß auffällig breite Schultern und war mit einem dunklen Anorak bekleidet. Das Seil war mit einem Karabiner an seinem Rettungsgurt befestigt. Ein zweiter Gurt baumelte daneben.
    Benjamin verschwendete keine Zeit und Energie auf Begrüßungsfloskeln. Er wedelte mit seiner Hand und brüllte: „Der Erste zu mir!“
    „Na dann“, sagte Martin gelassen und warf den übrigen Fahrgästen einen aufmunternden Blick zu. „Bis später.“
    *
    Außen war er ganz ruhig, innerlich aber grinste er wie ein Honigkuchenpferd.
    Also doch
.
    Sein Gespür hatte ihn nicht getrogen. Der Mann war ein Lügner, ein Verräter, ein Jäger. Er jagte ihn. Aber nicht mehr lange. Für eine solche Eventualität war er immer vorbereitet. Er hatte stets Dinge bei sich, die ihn von unliebsamen Mitwissenden befreien konnten. Besonders stolz war er auf seine Erfindung mit der Nadel. Eine gewöhnliche Stecknadel mit großem Kopf und langer Spitze. Getunkt in seine Spezialmischung. Geschützt von einer winzigen Kunststoffröhre. Verborgen an der Innenseite seines Overalls. Mit einem raschen Griff erreichbar. Eine kurze Handbewegung, ein winziger Stich, der kaum auffiel. Ein paar Minuten später war man tot. Einfach so. Und niemand konnte sagen, warum.
    Er lächelte zufrieden; zumindest in Gedanken.

Seilbahn GmbH Kitzbühel, Eingangshalle
Sonntag, 7. Januar, 09:24 Uhr
    Seit ihrem letzten Gespräch war Anna noch schweigsamer als sonst. Kein gutes Zeichen. Bernhard seufzte tief. Er hätte gern mit ihr gesprochen, ihr seine Meinung dargelegt, aber auch Verständnis gezeigt. Dagegen sprachen die momentane Situation und sein mangelhaftes Einfühlungsvermögen, das in vielen Fällen zu einer weiteren Eskalation geführt hatte; und das nicht erst seit dem Konflikt mit seiner Tochter.
    Anna marschierte zielstrebig in Richtung Ausgang. Sie hatten mit den Zuständigen gesprochen und sich einen Platz im ersten Krankenwagen gesichert. Zwar war es unwahrscheinlich, dass der Priester als Erster aus dem Helikopter stieg, aber sie mussten auf alles vorbereitet sein.
    Bernhard durchsuchte seine Taschen, aber er konnte sein Mobiltelefon nicht finden.
    „Anna!“, rief er über die zahlreichen Menschen hinweg.
    Seine Partnerin, die bereits an der Tür angelangt war, hielt inne und wandte den Kopf. Ihre dunklen Augen suchten seinen Blick. Das hieß: Er wusste, dass ihre Augen dunkel waren. Von einem satten

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