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Kabine 14: Ein Kitzbühel-Thriller (German Edition)

Kabine 14: Ein Kitzbühel-Thriller (German Edition)

Titel: Kabine 14: Ein Kitzbühel-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mortimer M. Müller
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Uhr
    Einhundertsiebenundzwanzig Stundenkilometer. Nun war es so weit. Natascha betrachtete wie hypnotisiert die Anzeige des Windmessgeräts. Sie musste sich entscheiden. Jetzt! Sofort! Augenblicklich! Ihr Finger schwebte über dem Notausknopf der Anlage. Einhundertdreiundvierzig Stundenkilometer. Natascha schluckte. Durfte sie überhaupt noch zögern? War es nicht sonnenklar, was getan werden musste? Wollte sie riskieren, dass Menschen in den Kabinen zu Schaden kamen? Nur weil sie sich weigerte, den Antrieb abzustellen?
    Einhundertneunundsiebzig.
    Ein Klirren ließ sie herumfahren. In der Stationshalle war eine Scheibe zersprungen, Schreie hallten zu ihr empor. Natascha ließ den Arm sinken. Vor dem Fenster toste eine graubraune Woge aus Nebelfetzen und Trümmerstücken. Natascha meinte Gesichter zu erkennen. Monströse Gestalten huschten vorbei, schnitten unartige Grimassen und drohten ihr mit Fingern und Fangarmen. Ein übermächtiges Brausen drang auf sie ein, ungezähmt und gnadenlos. Das gesamte Gebäude erzitterte unter dem Ansturm der Elemente, krallte sich furchtsam an den Fels, wie eine einsame Auster in der Brandung. Natascha wandte sich den Monitoren zu.
    Die Anzeige des Windmessgerätes war tot.

Schiregion Kitzbühel, 3S-Bahn, Kabine 14
Samstag, 6. Januar, 09:36 Uhr
    Mittlerweile waren die Blicke einiger Fahrgäste Samanthas Wink gefolgt. Die Wolkenformation sah tatsächlich wie ein Drache aus. Kühn und majestätisch erhob er sich über dem Berggipfel. Eine feurige Flamme umspielte seine Nüstern. Er grinste ihnen verschmitzt zu, breitete seine imposanten Flügel aus – und löste sich so rasch auf, als hätte es ihn nie gegeben.
    Wunderschön
, dachte Doris und vergaß für einen Moment all ihre Sorgen und Probleme.
    Hinter den schwindenden Nebelfetzen kam eine dunkle Wolkenwand zum Vorschein. Sie bewegte sich rasch, steuerte in ihre Richtung. Rotierende Rauchschwaden wälzten sich den Hang hinab. Die Bäume, welche sie berührten, wurden durchgeschüttelt wie bei der Apfelernte.
    Nicht so schön
, stellte Doris fest. Eigentlich sah es sogar bedrohlich aus.
    Eine heftige Sturmböe erfasste die Gondel und ließ sie erzittern. Große, schwere Tropfen klatschten auf die Oberseite der Kabine. Sekunden später folgte Hagelschlag, klein, aber dicht, der auf den Scheiben ein Geräusch wie Popcorn erzeugte.
    Doris war nicht die Einzige, die wachsende Unruhe erfasste. Selbst Samantha stieg von ihrem Sitz und presste sich an ihre Mutter.
    „Hab keine Angst“, sagte Doris und drückte ihrer Tochter einen Kuss auf die Stirn. „Wir sind gleich oben.“
    Dann schlug der Blitz ein.

München, Autovermietung Sunny Cars
Samstag, 6. Januar, 09:37 Uhr
    „Ja, selbstverständlich kann ich mich noch erinnern“, sagte der Verkäufer und begann eifrig in sein Notebook zu tippen. „Moment … Also, der Wagen wurde telefonisch reserviert und abgeholt am Mittwoch, dritter Januar, elf Uhr fünfunddreißig. Zurückgegeben am Donnerstag, vierter Januar, zehn Uhr fünfzehn. Der Mieter war ein Herr … Lukas Waldenstein, wohnhaft in zwanzigvierzehnnullacht, Hamburg.“
    Polizeikommissar Bernhard Lichtenberger nickte seiner Assistentin Anna zu, die ihr Mobiltelefon zückte und nach draußen ging.
    „Können Sie mir sein Alter und Aussehen beschreiben?“, fragte Bernhard.
    „Ich würde sagen, etwa fünfzig Jahre alt, knapp eins achtzig groß, sportliche Figur, kurze, dunkle Haare … Schnurrbart … Brille mit dicken Gläsern – und der Mann dürfte Priester gewesen sein.“
    Bernhard blickte von seinem Notizblock auf. „Priester?“
    „Genau.“ Der Verkäufer überlegte einen Moment. „Er hatte so einen schwarzen Anzug mit weißem Kragen. Eine … wie heißt das doch gleich?“
    „Soutane.“
    „Genau.“ Der Verkäufer strahlte über das ganze Gesicht. „Er war jedenfalls sehr zuvorkommend und ungewöhnlich spendabel. Zehn Euro Trinkgeld sind in meinem Beruf wirklich die Ausnahme.“
    „Gab es sonst irgendwelche Auffälligkeiten?“
    „Der Mann hatte einen ausgefallenen Dialekt. Klang wie ein Schweizer.“
    „Gut.“ Bernhard ließ seinen Blick durch den Raum schweifen. „Dürfen wir uns besagten Wagen aus der Nähe ansehen?“
    „Freilich“, erwiderte der Verkäufer geflissentlich. Er trat hinter dem Tresen hervor, wobei er einen beeindruckenden Bauchumfang erkennen ließ. „Ich hoffe nur, dass ihn kein fallender Baumstamm zerquetscht hat.“

Schiregion Kitzbühel, 3S-Bahn, Kabine 13
Samstag, 6. Januar,

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