Kabine 14: Ein Kitzbühel-Thriller (German Edition)
„Wäre es zum Beispiel möglich, eine Liste mit Unterkünften hier in der Umgebung zu erhalten?“
„Natürlich. Das ist kein Problem.“
„Wir werden in den Herbergen Erkundigungen einziehen. Könntet ihr inzwischen die Überwachung des Fahrzeugs weiterführen?
„Natürlich. Nur eine kurze Verständnisfrage: Das Innere des Fahrzeugs ist für die Ermittlungen nicht relevant?“
„Nein.“ Bernhard schüttelte den Kopf. Freilich entsprach das nicht den Tatsachen, aber die lokalen Behörden mussten nicht erfahren, dass sie es mit einem raffinierten Serientäter zu tun hatten. Falls dieser vorbeikam, während sie den Wagen inspizierten, gab er sich garantiert nicht als Besitzer zu erkennen. Das Gleiche konnte geschehen, wenn der Mörder registrierte, dass die Autotüren geöffnet worden waren; unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich, insbesondere wenn man seine bislang sehr umsichtige Vorgehensweise bedachte.
„Ich denke, dass wir drei, vier Stunden benötigen werden“, fuhr Bernhard fort. „Danach lösen wir euch ab. Wäre das in Ordnung?“
„Freili’“, sagte Eduard. „Na kann mi mei Gsellin amol nit in die Kirchn schleppn.“
Man muss nicht alles verstehen
, dachte Bernhard.
Seilbahn GmbH Kitzbühel, Besprechungsraum
Samstag, 6. Januar, 17:30 Uhr
„Hat jemand Benjamin gesehen?“, erkundigte sich Franz.
Ein paar der Anwesenden schüttelten den Kopf. Andreas Stamberger, der Meteorologe mit dem gepflegten Vollbart und der markanten Hakennase, meldete sich zu Wort. „Ich glaube, er hat gemeint, er will irgendwo hinfahren.“
„Ja“, stimmte Georg zu, und auf seinem Gesicht zeigte sich der Anflug eines schlechten Gewissens. „Ins Krankenhaus nach Kufstein. Zu Natascha.“
Franz erwartete, wie ein brodelnder Vulkan zu explodieren, doch das Gegenteil war der Fall. Die Nachricht ließ ihn völlig kalt. Möglicherweise war sein Unterbewusstsein längst von dieser Alternative ausgegangen. Jedenfalls bedeutete Benjamins Abwesenheit, dass er den Sicherheitschef nicht in die Pflicht nehmen und ihn um Unterstützung bitten konnte.
Dann musst du gehen. Auf der Stelle
. Volkers Worte klangen noch allzu deutlich in Franz’ Ohren. Aber auch diese unverhohlene Drohung bekümmerte ihn nicht. Es schien, als wäre er an einem Punkt angelangt, an dem ihn nichts mehr erschüttern konnte. Vielleicht bedeutete es aber auch, dass er sich kurz vor einem Zusammenbruch befand. Er brauchte dringend Ruhe, Erholung von den Strapazen der vergangenen Stunden. Franz entschied, dass es Zeit war, nach Hause zu gehen und sich ins Bett zu legen. Ein paar Stunden Schlaf konnten Wunder wirken.
„Wir machen Schluss für heute“, sagte er. „Unsere Möglichkeiten haben wir ausgeschöpft. Die Überwachung der Kabine wird im Schichtdienst fortgeführt. Auch das Kriseninterventionsteam bleibt weiter im Einsatz. Sollte es wichtige Neuigkeiten geben, bin ich über Funk erreichbar. Ich würde alle Anwesenden ersuchen, sich morgen spätestens um sieben Uhr wieder hier einzufinden. Haben Sie einen angenehmen Abend.“
Schiregion Kitzbühel, 3S-Bahn, Kabine 14
Samstag, 6. Januar, 17:30 Uhr
Nach anfänglichem Zögern war der Schnee rasch in den durstigen Rachen der Frauen verschwunden. Selbst Doris hatte sich eine Handvoll genommen, obgleich in ihrer Flasche noch einige Schluck Wasser verblieben waren. Sie wollte den Schnee kosten. Seit Jahren hatte sie keinen mehr probiert. Er war gar nicht so schlecht, schmeckte nur etwas metallen, wie sie fand.
Samantha hatte ordentlich zugelangt, obgleich ihr Doris davon abgeraten hatte. Es wäre auch verwunderlich gewesen, wenn ihre Tochter – trotz ihrer Magenschmerzen – auf sie gehört hätte.
Etwa ein Drittel des Schnees beließen sie in Sebastians Schihelm. Ein wenig Reserve war nicht schlecht, so die einhellige Meinung. Doris überlegte, ob sie ihren Apfel essen sollte, entschied sich aber dagegen. Besser sie tat dies später, wenn nicht mehr so viele Lichter brannten. Musste ja nicht jeder wissen, dass sich in ihrem Rucksack eine solche Köstlichkeit verbarg. Unwillkürlich lief ihr das Wasser im Mund zusammen.
„Was ist los?“, fragte Martin und kniff die Augenbrauen zusammen. Sebastian hatte einen Punkt an dem Kragen von Martins grünem Schioverall fixiert.
„Du hast da so ein komisches Fussel“, meinte Sebastian. „Könnte eine Schneeflocke sein.“
Irritiert blickte Martin an sich herab und langte nach dem Fleck auf seiner Jacke. Ein helles Pünktchen blitzte zwischen
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